Rein mit dem Wundermittel in den Peter: Beim Jaunerstadl wurden allerlei Experimente fabriziert. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Jaunerstadl mit furioser Premiere / Schauspieler glänzen mit ihren Darbietungen / Hormonbehandlung zeigt enorme Nebenwirkungen

Von Peter Morlok

Eutingen-Weitingen. Bei der Premiere des neu inszenierten Theaterstücks "Der verrückte Professor" verwandelte sich die Halle von Weitingen am Wochenende gleich an drei Tagen in das größte Wartezimmer der Welt.

Die Mitglieder des "Jaunerstadl", dem Fördervereins des TSV Weitingen, durften zu dieser praktischen Fortbildung in der schwäbischen Sprache am Freitag neben vielen gut gelaunten Besucher auch die Freunde aus den Theatergruppen Ergenzingen, Baisingen, Wurmlingen, Trillfingen, Vollmaringen, Bad Niedernau und Eutingen begrüßen.

Die Halle war an diesem Premierenabend nahezu ausverkauft und wer sich etwas später zum Kartenkauf entschloss, hatte mit leichten Platzproblemen zu kämpfen. Es wurde aber alles zur Zufriedenheit der Besucher geregelt und Laura Brezing (im Stück Charlotte Müller) und Tobias Wellhäußer, der später als zahnwehgeplagter und schwer verliebter Olaf Mittag den Part des Abends ablieferte, schlüpften kurz in die Zusatzrolle der Moderatoren und begrüßten die Gäste.

Laborratte geht bei der Behandlung drauf

Dann hieß es schon "Vorhang auf" und die Zuschauer blickten in das komplett eingerichtete Arzt-Sprechzimmer von Ott-Heinrich Schnirch, einem Apotheker mit Hang zu Höherem. Der Nobelpreis sollte es mindestens sein, was sich Dieter Speiser alias Professor Doktor Schnirch für das von ihm erfundene Wundermittel erhoffte. "Ich werd‘ reich", glaubte er. "Oder du kommst ins Gefängnis", befürchtete seine Frau (Melanie Katz), die als Arzthelferin das Spiel um die Hormone, die das A und O des Schnirchschen Wundermittels sind, mitmachen musste.

Laborratte Kunibert zumindest hatte die Hormonbehandlung, die Körpergerüche beseitigen sollte, nicht überstanden. Er landete im Papierkorb. Für weitere Tests mussten deshalb ein paar menschliche Probanden her, die sich für diese Versuchsreihe gegen Bezahlung zur Verfügung stellten. Da war zum einen die Familie Sägemehl. Vater Freddy (Karl Fidaschek) litt derart an Fußgeruch, dass es schon eine echte Plage war und Töchterchen Tiffy, die eigentlich Angelika hieß und ständig Essiggurken vesperte, stank schon immer wie ein faules Ei. Jaqueline Speiser spielte an diesem Abend nicht Tiffy – sie war Tiffy. Und da war noch die resolute Mama Hermine Sägemehl, die von Konni Lohmiller verkörpert wurde. Sie machte aus Solidarität zur Familie mit und bei Peter Renner (Fabian Axt) ging es weniger um den Schweißgeruch, er kam nur wegen des Geldes.

Dass der Weg bis zum Nobelpreis lang ist und Versuchsreihen nicht immer hundertprozentig klappen müssen – zumal dann, wenn beim Anrühren der Wunder-Mixtur die weiblichen und männlichen Hormone im falschen Behälter landen – das war dem hochverehrten Publikum im großen "Wartesaal Zwei" relativ schnell klar, denn die Nebenwirkungen waren verheerend. Aus Peter wurde die komische Peterina (oder so) die/der plötzlich in kniehohen, rosa Stiefeln auftrat. Charlotte Müller sah nach mehrmaliger Einnahme des Zaubertranks wie Conchita Wurst aus und Freddy Sägemehl trug BH und gab sich mehr als feminin. Seine Frau saß dagegen breitbeinig auf dem Stuhl, kratzte sich überall ungeniert, pinkelte im Stehen und rauchte Zigarren.

Nur Tiffy und Olaf, die das Zeug auch getrunken hatten, machte der ganze Hormonzinnober anscheinend gar nichts aus. Sie stopfte weiterhin Essiggurken in sich hinein, der verliebte Olaf trank die Essigbrühe aus ihrem Glas und zuletzt stellte es sich heraus, dass Essig die Wirkung des Wunder-Teufel-Zeugs neutralisierte.

Mit einer grünen Gurke konnte die taffe Tiffy auch den nach einem Selbstversuch völlig durchgeknallten Professor, der im Stil der Rocky-Horror-Picture-Show in schwarzer Unterwäsche auf die Bühne stürmte und Olaf vernaschen wollte, ruhig stellen.

Es war wieder ein wunderbares Spiel, das die Leute vom Jaunerstadl auf die Bühne brachten und ein besonderes Lob und ganz viel Applaus gab es zum Schluss der Vorstellung, als Dieter Speiser – inzwischen wieder völlig normal – neben den Schauspielern auch die Damen und Herren, die im Hintergrund für das Gelingen des Stückes verantwortlich waren, ins Scheinwerferlicht holte.