Instandsetzung: Nach einem Jahr sind die Arbeiten im Inneren des Eutinger Kirchturms abgeschlossen / Kosten: rund 240 000 Euro

Rund ein Jahr dauerten die Arbeiten im Eutinger Kirchturm. Nun erstrahlt dieser in neuem und doch historischem Glanz. Diverse Instandsetzungsmaßnahmen wurden ergriffen und dabei auch auf die künftige Sicherheit geachtet.

Eutingen. Die Pfarrkirche St. Stephanus liegt im Zentrum des historischen Ortskerns in Eutingen. Wegen ihrer Wertigkeit, handelt es sich um ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung nach Paragraf zwölf des Denkmalschutzgesetzes – das einzige in Eutingen.

In ihrer heutigen Form wurde sie in den Jahren 1494 bis 1498 an Stelle eines Vorgängerbaus errichtet. Nach der letzten Sanierung der Kirche in den Jahren 2010/2011, wurden bei der bauhistorischen Untersuchung durch das Karlsruher Architekturbüro Crowell im Jahr 2013, die das Landesamt für Denkmalpflege veranlasste, diverse Schäden festgestellt, so dass eine sicherheitstechnische Instandsetzung des hölzernen Innenausbaus des Kirchturms veranlasst wurde. Bei dendrochronologischen Untersuchungen, bei denen anhand der Baumringe von Holzelementen das Alter sowie das Fäll-Datum festgestellt werden kann, wurden die ältesten gefundenen Hölzer auf die Zeit um 1260 bis 1270 zurückdatiert, viele stammen aus den Jahren 1450/51.

Historische Erkenntnisse

Die Untersuchungen brachten auch weitere historische Erkenntnisse. Ein Zugang rund sechs Meter über dem Fußboden, ein sogenannter Hocheingang, ist beispielsweise ein Zeichen dafür, dass es sich bei dem Eutinger Kirchturm um einen verteidigungsfähigen Turm handelt. "Vermutlich konnten sich die Leute über eine Leiter in Sicherheit bringen", erklärt Architekt Timo Raible. Zuvor war an dem Hocheingang irrtümlich ein Fenster eingesetzt worden. Nun zeugt die Holztür von der ursprünglichen Funktion. Eine Wendebohlentüre, die eine sehr frühe Türbauweise darstellt, kommt ohne Metallbeschläge aus und ist im Eutinger Kirchturm ebenfalls zu finden.

Es gibt verschiedene Generationen von Treppen im Turm von St. Stephanus, die Keilstufentreppen sind vermutlich noch aus dem 15. Jahrhundert, wie Raible erklärt. Doch die historischen Geländer der Treppen waren zu niedrig, weshalb sie den Sicherheitsvorschriften angepasst wurden: Mittels stehender Blattverbindungen wurden die Pfosten auf die entsprechende Höhe gebracht. Die Geländer und weitere Elemente wurden im alten Stil gehalten, "damit der Gesamteindruck stimmt", berichtet der Architekt.

Zahlreiche Balken und vor allem die Mauerlatten, auf denen die Balken aufliegen, waren zu ersetzen. Dort, wo es möglich war, wurden nur die schadhaften Teile abgenommen und neue Teile angepasst. Unter der Prämisse, dass möglichst viel von der historischen Bausubstanz erhalten bleibt und die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt werden, waren hier viele Einzellösungen notwendig. Die Böden der verschiedenen Ebenen, die oftmals morsch waren, wurden mit neuen Dielen verschiedener Hölzer ausgelegt, um so die Tragfähigkeit wieder herzustellen.

Neue, fein gerahmte Drahtgitter verschließen nun alle nicht verglasten Öffnungen im Turm und verhindern künftig das Eindringen und Nisten von Tauben. Als weitere natürliche Vergrämungsmaßnahme wurde in einer Fensteröffnung auf der Ostseite ein Nistkasten für Turmfalken eingebaut.

Im Kirchturm gibt es fünf Glocken, die älteste und gleichzeitig größte noch vorhandene stammt aus dem Jahr 1478, daneben gibt es eine aus dem Jahr 1512. 1952 hat man die restlichen drei Glocken gießen lassen, da die vorigen nach dem Krieg nicht zurückgebracht werden konnten. Raible erläutert: "Der Original-Glockenstuhl aus Holz ist leider nicht erhalten, der aktuelle stammt aus den 1960er-Jahren und ist eisern." Im Glockengeschoss wurden zudem besonders starke Bodendielen verarbeitet, die auch einen möglichen Absturz eines Glockenklöppels verkraften. Die Glockenseilköcher wurden in einem Stock erhalten.

Etwas weiter oben, im Hauptgeschoss, war vermutlich eine Wohnung eingerichtet, zumindest aber eine Wachstube. "Es gibt eindeutige Spuren, die zeigen, dass es eine lehmgedämmte Decke und einen lehmgedämmten Boden gab", berichtet Raible. Dazuhin gibt es ,ittelalterliche Putzbefunde. Durch die Fensteröffnungen in diesem Geschoss trat Regen in den Kirchturm ein, was die Schäden verursachte. Nun gibt es eine Brüstungsabdeckung aus Walzblei, um das Wasser nach außen abfließen zu lassen. Außerdem wurden einfache, handwerklich gefertigte Fenster, mit vollständig verdeckt liegenden schlanken Rahmen aus Eichenholz sowie entspiegeltem Glas eingesetzt.

Durch die Feuchtigkeit entstanden auch Risse in den Mauern und Steinausbrüche in den Auflagern der Mauerlatten. Dies machte umfangreiche Maurer- und Fugarbeiten erforderlich. Mit restauratorischen Arbeiten zur Sicherung und Konservierung wurden mehrere gefährdete Inschriften aus verschiedenen Jahrhunderten und die noch vorhandenen Putzreste in der ehemaligen Wachstube vor einem weiteren Zerfall bewahrt.

Im gesamten Kirchturm findet man nun Porzellansockelleuchten, auch Lindnerleuchten genannt: "Wir haben auf eine passende Beleuchtung geachtet, teilweise war diese noch vorhanden", sagt Raible. Die Beleuchtung ist nun nicht nur optisch passend, sondern gewährleistet jetzt auch Arbeitssicherheit, vor allem für Kirchenbeschäftigte, auf den Wegen im Turm. "Eigenleistungen waren bei den Instandsetzungsmaßnahmen aus sicherheitstechnischen Gründen kaum möglich", erzählt der Architekt.

Die vier Turmuhren erhielten neue Motorzeigertreibwerke als Einzelantriebe anstelle des bisherigen störungsanfälligen Zentralantriebs. Außerdem wurde ein Ziffernblatt ersetzt. Der erste Nachweis der Kirchturmuhr stammt übrigens aus dem Jahr 1587. Dort wurde in einer Aussage aus einem Hexenprozess das Schlagen der Kirchturmuhr dokumentiert.

  Dauer und Kosten

Die Instandsetzung hat insgesamt knapp ein Jahr in Anspruch genommen. Die Kosten belaufen sich auf rund 240 000 Euro, von denen die Gemeinde etwa 85 000 Euro übernimmt. 105 000 Euro steuert die Diözese bei, den Rest trägt die Kirchengemeinde und finanziert dies auch durch Spenden.

  Führungen

Am Sonntag, 26. Mai, wird es einen öffentlichen Abschluss der Kirchturmsanierung geben. Um 13.30 Uhr, 14 Uhr sowie 15.30 Uhr gibt es Führungen in der Kirche. Im Pfarrgarten gibt es am Nachmittag Kaffee und Kuchen.