Im Bürokratie-Dschungel: Medo Soskic würde seiner Familie in der Eutinger "Linde" gerne helfen, doch ihm fehlt die Arbeitsberechtigung

Von Alexandra Feinler

Eutingen. Sie bangen dem 13 Uhr Termin entgegen – Alan und seine Frau Edita Medjedovic, die seit Januar die Eutinger "Linde" betreiben, sind voller Hoffnungen. An diesem Tag können sie für einen ihrer beiden Unterstützer aus Montenegro eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.

Bereits vor vier Jahren hatten sich Alan und seine Frau Edita Medjedovic überlegt, die Eutinger "Linde" zu kaufen. "Damals habe ich jedoch einen Rückzieher gemacht", druckst Alan Medjedovic herum.

"Der Tourismus lässt dort immer stärker nach"

Sein Schwiegervater Medo Soskic hat ihn vor einem Jahr zum Kauf geraten, im Hinterkopf die Überlegungen, von Montenegro nach Deutschland zu ziehen und seine Tochter Edita Medjedovic beim Betreiben der "Linde" zu unterstützen. "Für mich ging mit dem Kauf ein Traum in Erfüllung", sagt Edita Medjedovic und ihre Augen haben ein gewisses Leuchten. Bereits von klein an hat sie ihrem Vater in der Küche geholfen. Dieser hatte vor über 50 Jahren im ehemaligen Jugoslawien eine Lehre in der Gastronomie gemacht. Von 1972 bis 1988 war er im Hotel Metohija im damals jugoslawischen Kosovo tätig. "Wir hatten viele Lehrlinge, 72 Zimmer, vier große Säale und hochrangige Gäste", erinnert sich Medo Soskic, der etwas deutsch spricht. "Sieben Mal habe ich den damaligen Präsidenten von Jugoslawien, Josip Broz Tito, bedienen dürfen."

Nach dieser Zeit betrieb Soskic zusammen mit seiner Familie das Restaurant Mali Raj, auf Deutsch "kleiner Himmel". Dort konnte seine Tochter Edita viele Erfahrungen sammeln. "Mein Vater ist oft in die Küche und hat noch ein paar Zutaten in das Essen gestreut, sozusagen der Feinschliff", erinnert sich die 42-Jährige.

Sie zog 1992 mit ihrem Mann Alan vom ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland. Ihr Vater Medo und ihr Bruder Alan betreiben seit 1999 Apartments in Montenegro, die jedoch nur während der Urlaubszeit belegt sind. "Der Tourismus lässt dort immer stärker nach", weiß Alan Medjedovic. "Hier hätten wir genug Arbeit für meinen Schwiegervater und meinen Schwager. Wir brauchen dringend ihre Hilfe." Deshalb haben sie sich vor dem Kauf der Linde erkundigt, welche Rechte Medo Soskic hätte, wenn er die Gaststätte kaufen würde. "Er hätte sie auch als Ausländer kaufen dürfen, aber nicht betreiben können", erklärt sein 42-jähriger Schwiegersohn.

Deshalb hat Familie Medjedovic Grund und Boden an der Eutinger Hauptstraße gekauft und die nötigen Verfahren für Adrian und Medo Soskic eingeleitet. "Anfangs waren wir guter Hoffnung, weil wir für die beiden Arbeit haben und sie den Staat nichts kosten", schildert Alan Medjedovic.

Immer wieder haben sie bei der zuständigen Ausländerbehörde in Horb angefragt, Unterlagen eingereicht und schließlich die deutsche Botschaft in Montenegro kontaktiert. "Sogar die Gemeinde Eutingen hat einen Brief aufgesetzt, dass wir die beiden zum Betreiben der Linde brauchen", lobt der neue Lindenwirt. An diesem Tag, so hieß es, solle er um 13 Uhr die Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Montenegro telefonisch kontaktieren.

"Ich bin einfach nur enttäuscht", sagt er nach dem Gespräch, "die haben alle Unterlagen, sind aber nicht zuständig. Ich soll mich an die zuständige Behörde hier in Deutschland wenden." Das nimmt nun die Schwarzwälder-Bote-Redaktion in die Hand und fragt zuerst beim Landratsamt in Freudenstadt nach, die auf das zuständige Ausländeramt in Horb verweisen. Telefonisch ist dort ein Ansprechpartner schwer zu erreichen, da die Öffnungszeiten auf drei Mal die Woche begrenzt sind. Schriftlich erhalten wir von Wolfgang Kronenbitter, Fachbereichsleiter Recht und Ordnung, eine E-Mail. In dieser wird die Aufenthaltsgenehmigung eines "montenegrinischen Staatsangehörigen" erklärt. Medo Soskic erfüllt diese Vorgaben, er ist insgesamt drei Monate bei seiner Familie in Eutingen zu Besuch. Obwohl er Gastronom ist und es in der Eutinger Linde" viel zu tun gibt, darf er nur zuschauen. Ansonsten gilt: "Sowohl ein Ausländer als auch der Arbeitgeber würden sich strafbar machen würden, wenn der Ausländer beschäftigt würde, ohne dass er zuvor mit dem nationalen Visum zum Zwecke der Erwerbstätigkeit einreist. Darüber hinaus würde ein Ausweisungsgrund entstehen." Er muss also nach Montenegro zurück und auf sein Visum warten. Die Unterlagen seines Sohnes Adrian Soskic sind beim Ausländeramt in Horb noch nicht eingegangen. Vier Monate warten die Medjedovics nach eigenen Angaben auf eine Antwort. Nach Aussagen von Kronenbitter habe die zentrale Visastelle mitgeteilt, dass der Antrag bei der Botschaft in Podgorica erst am 7. April gestellt wurde. Das stimmt nicht, meint Alan Medjedovic, der bereits seit Monaten mit der Deutschen Botschaft in Kontakt stehe. Auch bei seinem Anruf am 8. April wurde er vertröstet. "Wenn das so weitergeht, kann ich die Linde wieder zumachen", erklärt Alan Medjedovic, der von der Agentur für Arbeit immer wieder Köche geschickt bekommt. "Die kennen aber die Balkan-Küche nicht und können uns daher auch nicht helfen", ergänzt seine Frau Edita. Deprimierend muss das sein, denn nur einen Raum weiter sitzt Medo Soskic. Er muss Daumen drehen und auf seine Aufenthaltsgenehmigung warten.