Auch hier war die Gäu-Brigade mitten drin: Beim Platzsturm nach dem letzten Saisonspiel. Foto: Calagan Foto: Schwarzwälder-Bote

Fußball: Mit der Gäu-Brigade gibt es nun auch in Eutingen eine offizielle Vereinigung von Fans des VfB Stuttgart

Viele VfB-Fans gibt es in Eutingen, doch lange Zeit existierte kein Fanclub. Das hat sich nun mit der Gründung der Gäu-Brigade geändert. Umso schöner lässt sich der Bundesliga-Aufstieg feiern – auch wenn der nicht nur positiv sei.

Eutingen. Nach dem Schlusspfiff gibt es im Stadion kein Halten mehr: Mit einem 4:1-Sieg über die Würzburger Kickers kehrt der VfB Stuttgart zurück in die Bundesliga. Viele der 60 000 Zuschauer rennen jubelnd über den Rasen, feiern ausgelassen mit der Mannschaft, sichern sich mit einem Stück Rasen oder Tornetz ein Andenken an den historischen Tag.

Mittendrin: die Gäu-Brigade aus Eutingen. "Als wir da auf dem Platz standen, haben wir zum ersten Mal begriffen, dass wir aufgestiegen sind", grinst Philipp Dettling (22), der keinen Hehl daraus macht, dass manch ein Stadion-Souvenir auch ins Gäu gewandert ist: "Natürlich haben wir heiligen Rasen geerntet." 

Dettling bildet mit Jörg Pusch (24) und Daniel Müller (23) den Vorstand der Gäu-Brigade. Einen solchen braucht der Eutinger VfB-Fanclub, denn er ist offiziell eingetragen. Überhaupt war es ein großer bürokratischer Aufwand, als die elf Gründungsmitglieder die Gäu-Brigade im Dezember 2015 aus der Taufe hoben. "Man braucht von jedem eine Unterschrift, Gewaltverzichtserklärung, persönliche Daten", erklärt Dettling. Auch musste eine eigene Satzung verfasst werden. Und so verstrich noch einmal mehr als ein halbes Jahr, ehe am 5. Juli 2016 Post aus Stuttgart in Eutingen einflatterte. Seither ist die Gäu-Brigade offizieller VfB-Fanclub. 

Warum gründet man eigentlich einen Fanclub? "VfB-Fans gibt’s ja viele in Eutingen, aber bis dahin gab es noch keinen Fanclub", erklärt Daniel Müller. Auch die Gründungsmitglieder der Gäu-Brigade sind schon seit Jahren eine Clique, die regelmäßig gemeinsam ins Stadion geht. Das Problem: Anders als Fanclubs haben Einzelpersonen kaum Möglichkeiten, größere Kartenkontingente zu kaufen und so im Stadion nebeneinander zu sitzen. "Wir waren immer verstreut und haben gesagt: Probieren wir es doch einfach mal und gründen einen Fanclub", sagt Dettling.

Er betont allerdings: Nur wegen den Kartenkontingenten habe man die Gäu-Brigade nicht gegründet. Vielmehr sei es eine logische Konsequenz, dass es einen Fanclub gibt, wo es viele Fans gibt. Denn: "Als Fanclub macht es einfach mehr Spaß." 

In Eutingen machte die Nachricht von der Gründung der Gäu-Brigade schnell die Runde. Entsprechend rasant ist der Fanclub gewachsen: Inzwischen gibt es 28 Mitglieder, darunter auch eine Frau. Die Zusammensetzung ist bunt gemischt, verschiedene Altersklassen sind vertreten. So hat die Gäu-Brigade auch Mitglieder in ihren Reihen, die 1977 dabei waren – als der VfB zuletzt einen Bundesliga-Aufstieg feierte. Auf Wachstum ist der Fanclub allerdings nicht fokussiert. Dettling: "Wir nehmen zwar schon noch Mitglieder auf, aber es sollte ein gewisser Bezug zu uns da sein. Das Gemeinschaftsgefühl ist uns sehr wichtig." 

Auch deshalb, weil man mit dem VfB sportlich nicht nur rosige Zeiten erlebt. Für ihre Gründung hat sich die Gäu-Brigade ohnehin einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht, denn schon Wochen vor der Ernennung zum offiziellen Fanclub erlebte sie den dritten Abstieg in der Vereinsgeschichte des VfB. 

Die Gäu-Brigade musste also erst einmal zweitklassig in ihre Fanclub-Geschichte starten, ließ sich davon aber nicht beirren. Im Gegenteil: Gleich beim erstem Spiel der neuen Saison – DFB-Pokal in Homburg – traten die Eutinger ihre erste gemeinsame Auswärtsfahrt an. Mit zwei Kleinbussen ging es ins Saarland. "Das war schon genial, wie wir da alle gemeinsam aufmarschiert sind", strahlt Dettling noch heute. Sogar in der Heimat bekam man etwas davon mit, denn das Fanclub-Banner, das in Homburg zum ersten Mal am Stadionzaun befestigt wurde, war kurz im Fernsehen zu sehen. 

Heiße Diskussionen um die bevorstehende Ausgliederung der Profiabteilung

Dass die Gegner in der kommenden Saison wieder Bayern, Dortmund und Schalke heißen, stimmt die Gäu-Brigade gerade mit Blick auf Stadien wie in Homburg nicht nur glücklich. "Wir haben uns zwar nicht über den Abstieg gefreut, aber schon irgendwo über eine Saison in der zweiten Liga mit den kleineren, kultigeren Stadien", meint Dettling und fügt hinzu: "Schade ist auch, dass es in der neuen Saison nicht mehr das Baden-Württemberg-Derby gegen Karlsruhe gibt." 

Natürlich ist die Freude über den Bundesliga-Aufstieg in Eutingen dennoch groß. "Jetzt können sie zeigen, dass sie gelernt haben, was sie falsch gemacht haben", sagt Daniel Müller. Und davon will sich die Gäu-Brigade auch wieder möglichst oft live überzeugen. Bei etwa einem Dutzend der Spiele war der Fanclub in der abgelaufenen Saison im Stadion, ansonsten versammelt man sich in der Regel im Sportheim des SV Eutingen vor dem Fernseher.

Ohnehin ist die Gäu-Brigade eng mit ihrem Heimatverein verbunden und hat beispielsweise Geld für den neuen Eutinger Kunstrasenplatz gespendet. Im Gegenzug kann sie sich darauf verlassen, dass das Sportheim auch am Montagabend öffnet und den Fernseher einschaltet, wenn der VfB spielt. "Das wird ja in der neuen Saison leider wieder auf uns zukommen", bedauert Dettling. Denn während Montagsspiele bislang ein reines Zweitliga-Phänomen waren, werden sie zur kommenden Saison erstmals in der Bundesliga eingeführt. 

Ohnehin ist Sportpolitik etwas, womit sich nun auch die Gäu-Brigade als offizieller Fanclub auseinandersetzen muss. Und da kommt etwas Großes auf den VfB zu, denn am Donnerstag stimmen die Mitglieder darüber ab, ob die Profifußballabteilung in eine Aktiengesellschaft ausgegliedert wird. Eine Entscheidung, die in Stuttgart genau wie in Eutingen für Gesprächsstoff sorgt. Dettling gesteht: "Da gehen auch bei uns die Meinungen auseinander. Wir haben schon heiße Diskussionen geführt."