Geschenk mit Folgen: Cannabispflanze für Özdemir Foto: dpa

Die Justiz prüft, ob Grünenchef Cem Özdemir mit dem Besitz von Hanfpflanzen gegen Gesetz verstößt. Özdemir will keinen Fehler eingestehen - ganz im Gegenteil.

Berlin - Nein, er will durchaus nicht zurückziehen. Keinen Fehler eingestehen – oder gar eine Dummheit. Ganz im Gegenteil. Dass im Hintergrund seines sommerlichen Videos, als die Stimmung in Deutschland noch unbeschwert und fußballtrunken war, eine Cannabis-Pflanze zu sehen war, sei durchaus kein Versehen gewesen, sagt Özdemir.

Das Argument läge nahe, schließlich ging es beim Dreh auf seinem privaten Balkon um etwas ganz anderes: Es war die Zeit, da sich Deutschlands Halb- und Viertelprominente reihenweise Kübel mit Eiswasser über den Kopf schütteten, um auf eine heimtückische Krankheit aufmerksam zu machen.

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Özdemir wegen Verdachts des Anbaus von Betäubungsmitteln. Özdemirs Immunität als Bundestagsabgeordneter wurde im Dezember aufgehoben. Ermittelt wird auch wegen einer Hanfpflanze, die er beim Landesparteitag der Grünen in Berlin anstelle von Blumen erhalten hatte.

Er habe mit der absichtlich „platzierten“ Hanfpflanze auf etwas anderes aufmerksam machen wollen, sagt der Mann mit Stuttgarter Wahlkreis. Eine politische Aktion sozusagen. Die Aufregung und Ermittlungen zeigten, „wie widersinnig die deutsche Drogenpolitik ist“, die eine Droge wie Alkohol akzeptiere, „eine andere wie Cannabis jedoch mit allen gesellschaftlichen Folgen verteufelt“, sagt der Grünen-Chef. Vielleicht zieht er mit dieser Verteidigungslinie eine Lehre aus 2002, als er wegen eines Privatkredits des PR-Beraters Moritz Hunzinger und der privaten Nutzung dienstlich erworbener Bonusmeilen sein Amt als innenpolitischer Sprecher der Fraktion aufgeben musste und nicht mehr für den Bundestag kandidierte.

Die Schlagzeilen treffen die Grünen zu ungünstiger Zeit. Ukraine-Krise, Griechenland-Krise, Terrorangst: Da kann es wie ein Verkennen des Ernstes der Lage aussehen, wenn dem Bundesvorsitzenden das Thema Drogenpolitik auf den Nägel zu brennen scheint. Als kleine Oppositionspartei haben die Grünen ohnehin Mühe, ihren Platz in den öffentlichen Debatten zu behaupten. Fraktionsführer Anton Hofreiter ist vieles, auch tüchtig und faktenkundig – aber eben kein Oppositionsführer. Bleibt nur Özdemir. Er ist in den letzten Monaten zur eigentlichen Stimme der Grünen aufgestiegen. Das liegt nicht nur daran, dass die zweite Bundesvorsitzende, Simone Peters, den Sprung in die Bundesliga der Politik noch immer nicht geschafft hat. Vor allem hat es damit zu tun, dass mit dem Aufkommen der Pegida-Bewegung das Thema Migration und Umgang mit den Muslimen in Deutschland eine Aufwertung erfahren hat. Und da gibt es kaum einen Politiker, der geeigneter wäre, zu diesen Themen Stellung zu nehmen als Özdemir.