Der 78-Jährige wurde am Ende zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. (Symbolfoto) Foto: dpa

78-jähriger Unternehmer vom Horber Amtsgericht verurteilt. Tochter ebenfalls schuldig gesprochen.

Horb/Empfingen - Achtzehn dicke Stehordner und ein ordentlicher Stapel Ermittlungsakten zierten am Montagmorgen den Richtertisch von Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick. Gemeinsam mit zwei Schöffen musste er einen Fall von vorsätzlicher Insolvenz- und Bankrottverschleppung, die schon Jahre zurückliegt, auseinanderdröseln.

Im Kern der Anklage geht es um die Geschäftspraktiken eines heute 78-jährigen Speditionskaufmannes, der aus kleinsten Verhältnissen eine der größten Speditionen des Landes aufgebaut hatte. Der 78-Jährige wurde am Ende zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Seine Tochter, die ebenfalls in den Fall verstrickt war, erhielt eine Bewährungsstrafe von acht Monaten.

Zur Vorgeschichte des Falls: 1968 hat sich der Hauptangeklagte mit einem gebrauchten 7,5-Tonner für 15.000 DM nebenberuflich ein Standbein im Speditionsgewerbe aufgebaut. Zu Spitzenzeiten seiner Firma beschäftigte er bis zu 120 Fahrer am Firmenstandort Empfingen und versteuerte 17 Millionen Euro Umsatz. Er bediente von 1972 an für lange Jahre als einziger das Geschäft mit der Nord-Afrika-Route. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten und die Konkurrenz in dem hart umkämpften Speditionsmarkt schläft nicht. So wendete sich nach und nach das Blatt zu Ungunsten des Geschäftsmannes, der sich inzwischen ein recht verschachteltes Firmenimperium mit mehreren Tochterfirmen aufgebaut hatte.

Hauptfirma war jedoch nach wie vor die GmbH & Co. KG mit Firmensitz in Empfingen. Ab 2010 war die Firma überschuldet. Dies wusste der Inhaber, denn bereits im Oktober 2010 wandelte er das notleidende Unternehmen in eine AG um, übergab seine bisherige Einzelvertretungsberechtigung an seine ebenfalls im Unternehmen tätige Tochter, die fortan als Prokuristin bis zur Auflösung des Unternehmens für die Geschäfte, die jedoch nach außen vom Vater weitergeführt wurden, formell verantwortlich war.

Ende Dezember soll sich der Schuldenstand auf etwa 720.000 Euro, später sogar auf über 1,1 Millionen summiert haben. Trotzdem wurde kein Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Im Dezember 2011 wurde die GmbH & Co. KG aufgelöst. Sie war überschuldet, hatte keine Rückstellungen und stille Reserven mehr zur Verfügung.

Um sein Lebenswerk zu retten, kam der Senior auf die Idee, sein Unternehmen mit der Spedition eines ebenfalls mitangeklagten 77-jährigen Literaturwissenschaftlers, Ex-Korvetten-Kapitäns und Berufskraftfahrers zu verschmelzen. Dessen Geschäfte waren gerade zufällig in die Pluszahlen gerutscht. Ein Schachzug, der misslang.

Ende 2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet

Auch eine Umfirmierung Ende 2010 nutzte trotz Forderungsverzicht einiger Gläubiger nichts. Eine insolvenzreife Firma mit zum damaligen Zeitpunkt 200.000 Euro Schulden ans Laufen zu bekommen, funktionierte einfach nicht mehr.

Am 27. Dezember 2012 wurde dann das Insolvenzverfahren eröffnet. Als Insolvenzverwalter wurde der Oberndorfer Rechtsanwalt Klaus Heischer bestellt, der im Zeugenstand erklärte, dass er ein Unternehmen vorfand, das auf Schrumpfen und Restrukturierung nicht eingestellt war. "Ich sah mich mit massiver Behinderung konfrontiert, aber auch mit dem Eindruck, dass dem Angeklagten Detailkenntnisse und der gute Wille fehlen", schilderte der Insolvenzverwalter seine damalige Situation.

Frank Grundke, erster Staatsanwalt, warf dem Hauptangeklagten vor, dass er unter anderem Bilanzen nicht rechtzeitig vorgelegt und die Jahresabschlüsse nicht pünktlich erstellt hatte. Das Gericht wertete dies in seinem Urteil als dreimalige vorsätzliche Insolvenz- und sechsmalige Bankrottverschleppung. Weiterhin warf man dem Hauptbeschuldigten vor, Kundenbeziehungen an eine Osnabrücker Spedition vermittelt zu haben und die daraus resultierenden Provisionserlöse in Höhe von 58.000 Euro auf ein anderes Konto als das der Empfinger Speditionen umgeleitet zu haben.

Weitere Vorwürfe kamen hinzu: falsche Angaben bei zwei eidesstattlichen Versicherungen zu den Vermögensverhältnissen, mehrere Delikte des vorsätzlichen Bankrotts und der Beiseiteschaffung von Geldern – unter anderem hatte er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einmal einen Betrag in Höhe von 17.000 Euro an sich selbst und 6000 Euro an seine Empfinger Firma überwiesen. Seine Tochter war der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung, des vorsätzlichen Bankrotts, der Überschuldung und der Bilanzverschleppung angeklagt und außerdem habe sie in drei Fällen vorsätzlich versäumt, Eröffnungsanträge auf das Insolvenzverfahren zu stellen.

Verfahren gegen den dritten Angeklagten abgetrennt

Der dritte im Bunde soll bei der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung Beihilfe geleistet und bei zwei Angaben zur eidesstattlichen Versicherung unwahre Angaben gemacht haben.

Es war nicht wirklich der spannende Wirtschaftskrimi, der da verhandelt wurde. Die Anklagepunkte lagen lange zurück, der Literaturwissenschaftler und die Tochter, die sich gegen den dominanten Vater nicht durchsetzen konnte, waren nur Randfiguren in einem vom Hauptangeklagten dominierten Strafverfahren. Richter Trick schlug deshalb ein Rechtsgespräch vor, in dem man sich schließlich darauf einigte, dass der Hauptangeklagte eine Maximalstrafe von zwei Jahren auf Bewährung, seine Tochter mit maximal neun Monaten und der Mitläufer aus Brandenburg mit einer Geldstrafe davon kommt. Dies unter der Prämisse, dass sie sich vollumfänglich zu den Anklagepunkten bekennen. Und so geschah es. Das Verfahren gegen den 77-Jährigen wurde abgetrennt. Er wurde verwarnt und unter Vorbehalt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Die Bewährungsfrist beläuft sich auf ein Jahr, dann ist für ihn die Geschichte vom Tisch.

Die Tochter wurde zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt und ihr Vater zum vereinbarten Höchstmaß von zwei Jahren, die man dem Senior aufgrund seines hohen Alters, dem angegriffenen Gesundheitszustand sowie seines Geständnisses unter allergrößten Bedenken zu Bewährung gewährte. Die Bewährungszeit für beide beläuft sich auf zwei Jahre.

Richter Trick sagte in seiner Urteilsbegründung noch, dass der Senior zwar vorbestraft sei, dass er seine Firma jedoch nicht auf Lug und Trug aufgebaut habe, sondern durch gestiegene Benzin- und Dieselpreise und die Billig-Konkurrenz sozusagen unter die Räder gekommen sei.