Tierärztin Janine Kast (links) und ihre Kollegin Susanne Stelzer zeigen, wie man an einer Pfote einen Verband anlegt. Foto: Geideck Foto: Schwarzwälder-Bote

Medizin: Erste-Hilfe-Kurs für Hunde und Katzen: Empfinger Tierärztin Janine Kast zeigt, was im Notfall zu tun ist

Beinbruch, Kreislaufkollaps oder sogar Herzstillstand: Nicht nur Menschen, sondern auch Tiere brauchen manchmal Erste Hilfe. Wie man eine Katze in eine stabile Seitenlage bringt oder eine Herzmassage beim Hund durchführt, erklärt die Empfinger Tierpraxis Jaenich.

Empfingen. Gerade in der Adventszeit ist die Gefahr am größten: Der Hund schnappt sich den Schokonikolaus vom Küchentisch, die Katze knabbert an Weihnachtskeksen mit Rosinen, die auf den Boden gefallen sind. Beides ist pures Gift für Haustiere – und dann oft ein Fall für den Tierarzt. Doch was kann man tun, bis der vierbeinige Liebling endlich in ärztlicher Behandlung ist? "Kohletabletten verabreichen", rät Janine Kast, die in der Empfinger Tierpraxis Jaenich für die Kleintiere zuständig ist und dort nun wieder einen Erste-Hilfe-Kurs für Hunde und Katzen anbietet. Mit Erfolg: Kein einziger Stuhl im Warteraum der Empfinger Praxis bleibt leer.

Erst ein bisschen Theorie, dann darf beim Verbinden einer Pfote selbst Hand angelegt werden: Grundsätzlich unterscheidet sich ein Erste-Hilfe-Kurs für Hunde und Katzen nicht von der menschlichen Variante, mit der man es etwa im Vorfeld einer Führerscheinprüfung zu tun bekommt. Denn auch beim Unfall eines Haustieres gilt: Ruhe bewahren, überlegt handeln, sich selbst nicht in Gefahr bringen. Hund und Katze müssen ebenso in eine stabile Seitenlage gebracht werden – und ist kein Puls mehr fühlbar, brauchen auch Bello und Felix eine Herzmassage.

Doch wo misst man bei Haustieren den Puls? Wie beatmet man sie? Und welcher Rhythmus ist bei einer Herzmassage der richtige? "Wichtig ist, dass man überhaupt etwas macht", betont Kast, "und wenn man einfach mit einem bestimmten Rhythmus an die Sache geht, hilft das auch schon weiter."

Möglichst schon vor einem Notfall sollte man hingegen die Pulsmessung trainieren, denn sie findet an der Beinschlagader an der Innenseite des Oberschenkels statt. Um sie zu ertasten, braucht man unter Umständen mehrere Versuche. Wer sich das nicht zutraut, könne auch mit einem Spiegel, den man vor die Schnauze des Tieres hält, oder durch Beobachten des Rumpfes die Herzfrequenz abschätzen.

Mehr Mut verlangt es, dem Tier bei Atemstillstand mit einer Nadel in die Nase zu stechen. "Das darf ruhig ein bisschen fester sein", rät Kast – und schaut dabei im Wartezimmer der Praxis in die verdutzten Gesichter von Tierbesitzern, die in dem Moment selbst die Nase rümpfen. Anschließend müsse man das Maul mit den Händen umschließen und in die Nase blasen sowie auf den Brustkorb drücken.

Klar müsse laut Kast jedem sein: Der eigene Vierbeiner kann bei einem Notfall anders reagieren als sonst. Umso wichtiger sei es, sich selbst zu schützen: "Ein Tier, das einen Unfall hatte, beißt vielleicht auch mal zu." Vorsichtshalber solle man daher mit einer Jacke oder Decke den Arm schützen oder dem Hund einen Schal um die Schnauze binden. Wichtig auch: Das Tier im Auto sicher fixieren und gesittet zum Tierarzt fahren. "Ruhe bewahren und Verkehrsregeln beachten. Fünf Minuten sind selten entscheidend", betont Kast.

So oder so: "Ich hoffe, dass Sie das nie anwenden müssen", gibt Kast den Kursteilnehmern mit auf den Weg. Schon jetzt steht fest: Im Frühjahr wird es wieder einen Erste-Hilfe-Kurs für Hunde und Katzen geben. Denn der erfreut sich nicht nur großer Beliebtheit bei den Menschen, sondern hat bereits Tieren das Leben gerettet. Kast: "Wir merken, dass die Erste-Hilfe-Kurse etwas bringen. Allein schon deshalb, weil uns die Leute schon vor dem Eintreffen in der Praxis am Telefon besser erklären können, um welches Problem es sich handelt. Das hilft uns sehr weiter."

  Schokolade: Wenn das Haustier Schokolade gefressen hat, sollten Kohletabletten verabreicht werden. Faustformel: ein Gramm Kohle pro Kilogramm Körpergewicht. Wichtig ist auch, die Verpackung der Schokolade dem Tierarzt zu zeigen. Denn: Giftig ist für den Hund das im Kakao enthaltene Theobromin, dessen Anteil der Arzt unbedingt wissen muss. Je dunkler die Schokolade, desto höher der Theobromin-Gehalt. Tierärztin Janine Kast: "Weiße Schokolade wäre gar nicht so schlimm."

  Rattengift: Die Hauptwirkung von Rattengift liegt in der Störung der Blutgerinnung, so dass das Haustier innerlich verblutet. Die Wirkung kann erst Stunden, manchmal sogar Tage später eintreten. Wichtig ist laut Kast daher, das Tier genau zu beobachten. Mögliche Symptome: starker Speichelfluss, Zittern, heftiges Erbrechen, Atemnot, geweitete Pupillen. Erste-Hilfe-Maßnahme: Kohletabletten.

  Schneckenkorn: Schneckengift schmeckt für Hunde süßlich und ist daher nicht abschreckend. Erste Symptome treten bereits nach 30 bis 60 Minuten auf. Es besteht für den Hund akute Lebensgefahr. Auch hier sollten Kohletabletten verabreicht werden, die das Gift aufsaugen. Anschließend schnell zum Tierarzt.   Insektenstich: Der Stachel sollte laut Kast mit einer Pinzette entfernt werden und die Schwellung anschließend intensiv gekühlt werden. Dies könne auch beispielsweise mit einer Packung Tiefkühlerbsen getan werden. Wenn möglich sollten auch ein bis zwei Ampullen "Frubiase Calcium" eingegeben werden.   Hitzschlag: Grundsätzlich gilt, kein Tier ab 22 Grad Außentemperatur im Auto zu lassen. Zudem sollten bei warmem Wetter keine ausgedehnten Spaziergänge unternommen werden, Gassi-Runden in die frühen Morgen- oder die späten Abendstunden verlegt werden. Tiere sollten immer freien Zugang zu Trinkwasser haben. Bei einem Hitzschlag muss eine kontrollierte Abkühlung stattfinden – Hund und Katze in eine kühle Umgebung bringen, sie aber nicht eiskalt baden, denn durch die Verengung der Blutgefäße kann der Körper des Tieres weniger Wärme abgeben. "Die Körpertemperatur alle paar Minuten kontrollieren", rät Kast.