Kultur: Die Märchenerzählerin spricht über Fiktion und Realität, die Moral von Geschichten und ein Monster

Empfingen. Es sind keine "alten Geschichten", die Märchenerzählerin Xenia Busam erzählt. Für die Ludwigsburgerin hat die Welt in den Märchen viel mit heutiger Realität zu tun. Achim Hirt, Betreiber des Empfinger Restaurants Seeblick, hat angekündigt, dass die Märchenerzählerin im nächsten Jahr zu Gast sein wird. "Auge in Auge mit der Bestie" nennt sie ihr abendfüllendes Programm in Empfingen. Mit unserer Zeitung hat sie über ihre Leidenschaft für Märchen gesprochen.

Frau Busam, was fasziniert Sie an Märchen?

E rst einmal gefällt mir, dass sie gut ausgehen. Vor allem fasziniert mich die Bildsprache. Ein Beispiel ist die Beschreibung einer Königstochter im Märchen vom Froschkönig: "Sie war so schön, dass selbst die Sonne, die doch schon so vieles gesehen hat, sich jedes mal wunderte, wenn sie dem Mädchen ins Gesicht schien." Kann man eine Frau schöner beschreiben? Die Sprache ist einfach, gut verständlich und eingängig. Außerdem haben Märchen eine tiefere Bedeutung.

H aben Märchen dann tatsächlich eine Bedeutung für unser heutiges Leben?

Natürlich, warum sollte ich alte Geschichten erzählen? Märchen behandeln Themen, die auch heute noch aktuell sind. Seien es Themen wie Neid, das Böse oder ein verantwortungsbewusster Umgang mit der Schöpfung. Der Mensch hat es bis heute nicht geschafft, die Welt besser zu machen.

Man kann also etwas daraus lernen?

Märchen haben eine Moral, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Sie überzeugen dadurch, dass sie Menschen berühren.

Ist das ein Grund, warum Märchen auch für Erwachsenen interessant sind?

Märchen sind früher hauptsächlich unter Erwachsenen erzählt worden. Man erzählt sie sich während der Arbeit oder auf Handelsreisen. Natürlich haben auch Kinder zugehört. Aber erst durch die Gebrüder Grimm sind Märchen für Kinder richtig interessant geworden.

Ihr Programm für Empfingen heißt "Auge in Auge mit der Bestie". Soll sich das auf eine Bestie im Tälesee beziehen?

Gibt es in dem See ein Ungeheuer?

Mir ist noch keines begegnet.

Das Programm wird gemischt sein. Ich erzähle auf einem Spaziergang an den Tälesee ein erstes Gruselmärchen. Bei meinem zweiten Märchen erzähle ich dann die Geschichte einer Bestie, die in einer Höhle wohnt, von der noch niemand etwas gehört hat. Das wird sehr unheimlich.

Das hört sich in der Tat spannend an. Seit wann sind Sie eigentlich Märchenerzählerin?

Ich habe 1998 meine Ausbildung zur Märchenerzählerin abgeschlossen. Ursprünglich bin ich Grund- und Hauptschulpädagogin. Später habe ich mich zur Erwachsenenpädagogin weitergebildet.  Die Fragen stellte Daniel Begemann.