Pat Cortina freut sich auf die Zeit in Schwenningen. Foto: Sigwart

"Dieser Eishockey-Standort ist eigentlich ein Traum": Wie der Coach der Wild Wings seinen neuen Job sieht.

Heißer Kaffee – süße Nusshörnchen. Pat Cortina lässt es sich im Büro von Manager Jürgen Rumrich am Donnerstagnachmittag schmecken. Heißhunger hat der neue Trainer aber vor allem auf die Wild Wings. Seine Augen glänzen, wenn er über seinen zukünftigen Job – offizieller Arbeitsbeginn ist der 1. Juli – als Schwenninger Headcoach spricht. Identifikation mit den Wild Wings, Leidenschaft, Feuer auf dem Eis, Spaß und Ehrgeiz – all dies erwartet der 51-Jährige nicht nur von seinen Schützlingen, sondern dies will Cortina auch selbst vorleben. "Ich bin sehr stolz, Trainer in so einer Eishockey-Stadt zu sein. Dies muss auch für unsere Spieler gelten", betont der Kanadier.

Herr Cortina, bald beginnt die Eishockey-WM in Russland. Wie sehen Sie als Ex-Bundestrainer die Chancen, dass die Schwenninger Benedikt Brückner und Simon Danner im endgültigen Kader stehen werden?

Also, die Nationalmannschaft ist für mich persönlich immer noch ein emotionales Thema. Die Nominierung für die Weltmeisterschaft ist natürlich die Sache meines Nachfolgers Marco Sturm. Aber ich würde mich sehr darüber freuen, wenn Simon und Benedikt dabei sind. Simon hat eine überragende DEL-Saison gespielt, Benedikt bei den Wild Wings viel Eiszeit bekommen. Dies war wichtig für seine Entwicklung. Simon und Benedikt füllten in den vergangenen Wochen sehr gut die für sie zugedachten Rollen aus. Dies ist ein großes Plus.

Und dann ärgert Wild Wing Damien Fleury im WM-Eröffnungsspiel mit Frankreich das deutsche Team?

(lacht). Damien darf schon drei Tore für die Franzosen schießen, wenn Deutschland mindestens vier erzielt. Im Ernst: Es ist für diese Spieler, dazu kommt ja noch Alex Trivellato, der gerade bei der B-WM für Italien im Einsatz ist, sehr gut, dass sie noch auf dem Eis stehen – und dies auf dem höchsten Niveau. Außerdem ist es ja immer eine große Ehre, für sein Land zu spielen.

Und für die Wild Wings.

So ist es! Unsere Spieler sollen sich auf und neben dem Eis voll mit den Wild Wings identifizieren, stolz darauf sein, hier zu spielen.

Werden Sie eventuell sogar einige WM-Spiele noch live in Russland anschauen?

Nein, ich möchte die kommenden Pfingstferien dazu nutzen, noch ein paar Urlaubstage zu genießen. Mit meiner Familie will ich meine Eltern in Montreal besuchen, danach wird dafür keine Zeit mehr sein.

Nach Ihrer Vorstellung in Schwenningen vor vier Wochen hatten Sie erklärt, dass Sie zunächst das Umfeld bei den Wild Wings schnell kennenlernen wollen.

Ja, dies ist passiert und ich bin sehr positiv angetan. Mir wurde schon vorher sehr viel Gutes über die Wild Wings erzählt. Es ist alles so eingetroffen. Jeder bringt sich dafür ein, die Dinge zu verbessern – die Strukturen sind sehr gut. Dieser Eishockey-Standort ist eigentlich ein Traum. Das Eishockey, das hier so viel Tradition hat, wird von den Menschen hundertprozentig gelebt. Dies spürt man hier sofort. Ich bin mir auch sicher, dass ich mich als Trainer der Wild Wings auch selbst in diesem Umfeld weiterentwickeln kann.

Haben Sie schon etwas von der Gegend gesehen?

Noch nicht so viel, aber ich werde die Region in den kommenden Wochen sicher noch besser kennenlernen.

Wie sieht Ihr aktueller Wochenarbeitsplan aus? Sie sind ja bereits oft in Schwenningen.

Dies stimmt. Es macht mir viel Freude, die Saison mit unserem Manager Jürgen Rumrich und auch mit meinem Co-Trainer Petteri Väkiparta vorzubereiten.

Stichwort Co-Trainer. Normalerweise bringt ein neuer Coach auch seinen eigenen Co-Trainer mit. Wie haben Sie nun die Situation in Schwenningen erlebt?

Also, so ungewöhnlich war es für mich nicht, dass mein neuer Co-Trainer bereits hier gearbeitet hat. Solche Situationen habe ich in meiner Laufbahn schon öfters erlebt. Ich schätze Petteri Väkiparta sehr. Er ist ein akribischer Arbeiter und wir haben die gleichen Vorstellungen. Es ist natürlich auch sehr wertvoll, dass Petteri hier schon ein Jahr gearbeitet hat. Dazu habe ich sehr viel Positives über unseren Torhüter-Trainer Ilpo Kauhanen gehört. Ich bin überzeugt davon, dass unser Trainerteam gut zusammenpasst.

Ihr Vorgänger Helmut de Raaf hatte den Vorbereitungsplan fast schon komplett ausgearbeitet. Neu waren zum Beispiel in seinen Planungen verschiedene Sommercamps im schweizerischen Romanshorn. Die Spieler sollten sich eben zeitweise bis Mitte Juli zum Gruppentraining treffen. Bleibt es dabei – oder werden Sie gewisse Dinge verändern?

Es bleibt dabei.

Überwiegend sollte es in den Testspielen – wie im Vorjahr – gegen starke Erstligisten aus der Schweiz gehen. Wird es dabei auch bleiben?

Je nach Möglichkeit ja, aber es können aber auch andere Testgegner sein. Fix ist auf jeden Fall wieder ein Spiel in der Vorbereitung gegen Freiburg.

Wie weit sind eigentlich momentan die Gespräche mit den Verantwortlichen des EHC Freiburg über die Fortsetzung der Kooperation? Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Elemente in so einer Zusammenarbeit?

Der Förderlizenzspieler selbst sollte für seine Entwicklung daraus am meisten profitieren können. Die Gespräche mit dem EHC Freiburg laufen. Die Zusammenarbeit soll im Vergleich zum Vorjahr noch intensiver sein. Es ist möglich, dass wir mehr Förderlizenzspieler haben werden.

Eine spannende Frage ist auch, wie weit Sie und Jürgen Rumrich schon auf dem Weg gekommen sind, den Kader zu komplettieren?

Wir brauchen noch einen dritten Torhüter, zwei ausländische und einen deutschen Verteidiger sowie einen ausländischen Angreifer. Wir sind hier noch in der Sichtungsphase und werden zeitnah mit den betreffenden Agenten die Gespräche aufnehmen.

Was ist für Sie ein Hauptkriterium bei der Auswahl der noch fehlenden Spieler?

Ganz wichtig ist es für uns, ob sich der Spieler mit den Schwenninger Wild Wings hundertprozentig identifizieren kann. Es muss für ihn eine große Ehre sein, bei uns zu spielen. Eine sehr große Rolle spielt natürlich auch unsere Einschätzung, in welchem Stadium seiner Karriere sich unser Spielerkandidat befindet. Kann seine Entwicklung noch weiter nach oben gehen? Ist er nun auf dem Höhepunkt seines Leistungsvermögens? Oder neigt sich seine Kurve nach unten? Er muss charakterlich in unser Team passen und es muss finanziell natürlich machbar sein.

Was für eine Art von Eishockey möchten Sie von Ihrem Team sehen?

Es ist natürlich zu früh, um hier in spieltaktische Details einzugehen, aber die Basis für eine erfolgreiche Arbeit sind für mich Spieler, die viel Freude an ihrem Spiel haben und dies auch den Fans vermitteln. Wie gesagt, sie sollen sich hundertprozentig mit den Wild Wings identifizieren und in den Spielen die Trainingsinhalte effektiv umsetzen können.

Die Wild Wings haben ihren vor einem Jahr eingeschlagenen Weg vor allem über junge deutsche Spieler definiert. Was erwarten Sie von den Talenten?

Sie sollen hungrig und gewillt sein, sich immer weiter zu verbessern.

In zwei Jahren soll es zwischen der DEL und der DEL2 wieder zu einer Auf-und Abstiegsregelung kommen. Ein Klub wie die Wild Wings könnte davon schon betroffen sein. Ist dies tatsächlich eine gute Idee?

Es ist schwer zu beurteilen. Momentan kann man gerade jungen Spielern Zeit geben, sich zu entwickeln, da man nicht absteigen kann. Die Frage ist: Werden diese Spieler auch dann noch die Zeit und Möglichkeiten bekommen, wenn die Klubs um den Klassenerhalt spielen müssen.

Wie schalten Sie am besten mal vom Eishockey ab?

(lacht). Also während meiner zurückliegenden Pause musste ich dies natürlich nicht. In meiner Freizeit unternehme ich natürlich sehr gerne etwas mit meiner Familie. Dies bedeutet für mich viel Erholung.  

Zur Person: Pat Cortina

Der neue Coach der Schwenninger Wild Wings wurde am 4. September 1964 in Montreal (Kanada) geboren. Cortina, der italienische Wurzeln hat, trainierte die italienische Nationalmannschaft sowie die italienischen Erstliga-Vereine HC Varese und AS Asiago Hockey. Von 2003 bis 2006 coachte Pat Cortina den ungarischen Klub Alba Volan Szekesfehervar, mit dem er drei Mal ungarischer Meister wurde.

Die ungarische Nationalmannschaft betreute er von 2003 bis 2009. Diese schaffte im Jahr 2008 unter ihm nach 70 Jahren wieder den Aufstieg in die WM-A-Gruppe. In diesem Zeitraum (2006) übernahm er auch zunächst für eine Runde den EHC München (2. Bundesliga), um dann für eine Saison zum HC Innsbruck zu wechseln. 2008 kehrte Pat Cortina zum EHC München zurück. Auf Anhieb gelang ihm mit der Mannschaft die Vizemeisterschaft. 2010 besiegten die Münchner im Finale der 2. Liga die Wild Wings und stiegen in die DEL auf. Parallel dazu holten die Bayern mit Cortina noch den DEB-Pokal.

Mit dem EHC München spielte er von 2010 bis 2013 eine gute Rolle in der DEL. 2012 erhielt er dazu noch einen Dreijahresvertrag als Bundestrainer. In der Saison 2012/13 coachte der Kanadier auch weiterhin noch die Münchner in der DEL. Bei drei Weltmeisterschaften verpasste er mit dem deutschen Team jeweils das Viertelfinale. 2013 war für ihn als Nationaltrainer ein besonders bitteres Jahr, weil die Nationalmannschaft die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Sotschi nicht schaffte.

Im Jahr 2015 wurde sein Vertrag als Bundestrainer nicht verlängert. Bei den Wild Wings war er in diesem Frühjahr einer der Wunschkandidaten für die Nachfolge von Helmut de Raaf. Pat Cortina und seine Frau Marie-Theresa haben die Töchter Alessia, Andrea und Emma und leben in München.

Info: Der Kader

Das bisherige Team für die Saison 2016/17:

Tor: Dustin Strahlmeier (neu aus Straubing), Joey MacDonald.

Verteidiger: Alex Trivellato, Benedikt Brückner, Sascha Goc, Tim Bender, Jiri Hunkes.

Stürmer: Damien Fleury, Marcel Kurth, Andreé Hult, Simon Danner, Will Acton, Philipp Schlager, Markus Poukkula, Daniel Schmölz, Marc El-Sayed (Nürnberg), Kai Herpich (München), Lennart Palausch (Kassel), Ulrich Maurer (München).

Abgänge : Dimitri Pätzold (Straubing), Ashton Rome (Iserlohn), Rob Brown, Toni Ritter, Yan Stastny (alle Ziel unbekannt), Matt Pelech (Hamburg). Trainer: Pat Cortina (neu/Kanada). Co-Trainer: Petteri Väkiparta (Finnland).