Mohar Raghbir Singh fährt seit Oktober 2019 Taxi bei Bösinger, den Turban trägt er als gläubiger Sikh immer. Foto: Hella Schimkat

Mohar Raghbir Sing arbeitet seit 2019 bei der Firma Bösinger. Für ihn ist es selbstverständlich, seinen Kunden behilflich zu sein und beispielsweise die Koffer ins Haus zu tragen. Als Sikh beherrscht er die Kunst, das lange Tuch in fünf Minuten um den Kopf zu binden.

Mohar Raghbir Sing fährt seit Oktober 2019 Taxi bei Bösinger, zusätzlich fährt er mit seinem eigenen Bus an Wochenenden zu Märkten und verkauft Kleidung.

Seit Ende 1995 lebt er in Deutschland und wundert sich etwas, dass er von unserer Redaktion um ein Interview gebeten wurde, gleichzeitig freut er sich. Singh ist Sikh und trägt einen Turban (Dastaar). „So lange lebe ich schon in Deutschland, habe immer meinen Turban getragen, und es hat mich noch nie jemand um ein Interview gebeten, vielen Dank“, betont er.

Wegen der Liebe in Deutschland geblieben

Singh ist ein Mann der schnellen Entscheidungen. Bei einer Reise mit dem Bus durch Deutschland habe er Ende 1995 seine Frau Yvonne in Sachsen kennengelernt und sei gleich in Deutschland geblieben. „Wenn man seine Liebe findet, muss man sofort die richtige Entscheidung fällen“, ist er überzeugt. In Sachsen arbeitete er zehn Jahre in einer Pizzeria, kaufte anschließend eine Pizzeria in Rottweil, verkaufte sie nach einem Jahr, arbeitete in Villingen in einem Textilgeschäft in der Niederen Straße, eröffnete ein Bekleidungsgeschäft in der Oberen Straße und schloss es nach sechs Jahren. „In der Oberen Straße hat man nicht soviel Laufkundschaft“, erklärt er die Schließung.

„Dann kam Corona, ich machte meinen Taxi-Schein und fiel in der ersten Prüfung durch“, erzählt er lächelnd. Singh, der schon seit 1999 im Besitz seines Führerscheins ist, klärt auf. „Ich musste 30 Fragen beantworten zu Straßennamen und wie ich dahin komme.‘ Wenn er etwas mache, dann richtig, betont er, und bei der zweiten Prüfung kannte er jede Ecke in Villingen-Schwenningen. Natürlich drängen sich Fragen zu seinem Turban auf, wie lange der Stoff ist und wieviel Zeit er benötige, um diesen so kunstvoll zu binden. „Fünf Minuten“, antwortet er. Auf den ungläubigen Blick schiebt er nach: „Ich befestige ein Ende des Tuchs am Fenster, und dann wickele ich ihn in fünf Minuten auf meinem Kopf.“

Ausdruck eines einheitlichen Lebens

Ein Sikh schneide sich nicht die Haare als Ausdruck eines einheitlichen Lebens mit den Naturgesetzen der Schöpfung, klärt er auf und meint schmunzelnd, dass er Turbans in 25 Farben besitzt. Die indiskrete Frage, was er nachts mit seinen langen Haaren mache, findet er in Ordnung und klärt auf, dass er im Bett einen kleinen Turban, einen halben Meter, trägt, die Bezeichnung sei „Patka“.

Er zeigt ein Foto seiner Familie, er und seine Frau sind Eltern von zwei Söhnen, 25 und 14 Jahre alt, und einer 18-jährigen Tochter. Der ältere Sohn trägt eine Patka. Noch nie habe er als Taxifahrer dumme Bemerkungen hören müssen. Die Fahrgäste würden ihn schon fragen, ob er aus Indien komme und von wo, aber sonst nichts. Nach seinem Turban werde er nie gefragt. In Villingen habe er schon einige junge Sikhs mit Turbans gesehen, das seien wohl Studenten, glaubt er.

Haarpflege braucht Zeit

Für seine Frau seien der Turban und die langen Haare voll Ordnung, sie sei mehrmals mit ihm bei seinen Eltern gewesen. Auf die Frage, wie er die Deutschen sehe, hat er gleich eine Antwort, die etwas verwundert: „Wenn ich älteren Deutschen zum Beispiel die Koffer im Haus hochtrage, wollen sie mich immer für meine Hilfe bezahlen, das ist doch selbstverständlich.“ „Kinder sollten lernen, den Eltern zu helfen, das ist für Sikhs selbstverständlich“, unterstreicht er.

Ansonsten würden die Deutschen immer beschäftigt wirken, meint er und betont, dass sowohl Indien wie auch Deutschland seine Heimat sind. Übrigens fährt Singh nur von 6 bis 14 Uhr Taxi. Abends möchte er nicht im Einsatz sein, auch, um keine betrunkenen Fahrgäste zu haben. Drei Mal in der Woche geht er ins Easy Fit oder er läuft. Er kann wohl Gedanken lesen, denn er sagt freundlich, dass er jeden Tag die Haare wasche, das könne schon mal eine Stunde dauern.

Eine Weltreligion

Die Sikhs
 Mit über 25 Millionen Menschen weltweit zählen die Sikhi als jüngste zu den fünf Weltreligionen. Sie lehnen die Missionierung ab, ebenso Heuchelei und religiösen Fanatismus, Personenkult, Rassismus und Diskriminierung, Rücksichtslosigkeit gegenüber Mitmenschen, Unterdrückung der Frau und Konsum von Stoffen, die das Bewusstsein und den Körper schädigen. Wichtig ist ihnen die bescheidene und selbstlose Lebensführung, aktiver Einsatz gegen Ungerechtigkeit und für die Gleichberechtigung aller Menschen.