Ein Mann mit einem Faible für Schuhe: Tomas Majdandzic Foto: Max Kovalenko

Tomas Majdandzic ist Verkäufer im Schuhladen Suppa und im Skateshop Arrow & Beast – und ein Sammler! Der Sneakerfan besitzt mehr Turnschuhe als in den Verkaufsregalen stehen. Ein Gespräch über das Sammeln von Turnschuhen und wieso man dafür vor Geschäften campt.

Tomas Majdandzic ist Verkäufer im Schuhladen Suppa und im Skateshop Arrow & Beast. Der Sneakerfan besitzt mehr Turnschuhe als in den Verkaufsregalen stehen. Ein Gespräch über das Sammeln von Turnschuhen und wieso man dafür vor Geschäften campt.
 
Herr Majdandzic, was für ein Schuhmodell tragen Sie gerade?
Das ist ein Nike SB Stefan Janoski Max, ein sehr bequemer Schuh, der aus mehreren Einzelteilen von anderen Modellen besteht – für mich ein Alltagsschuh.
Und was ist daran besonders?
Der ist eigentlich gar nicht besonders (lacht), sondern war der erste, der im Regal stand, bevor ich aus dem Haus ging – eben wirklich nur ein Alltagsschuh.
Und einen Alltagsschuh greifen Sie sich einfach so raus?
Ja, ich habe ein größeres Schuhregal in einem Abstellraum, da ist der Großteil meiner Schuhe drin. Da gibt es Schuhe, die ich öfter trage, Schuhe, die ich nie tragen würde, und da gibt es Schuhe, die ich irgendwann mal tragen werde. Und ganz vorne im Regal habe ich – wie jeder andere Mensch auch – drei, vier Paar Schuhe, die ich immer trage.
Was sind denn das für Schuhe, die Sie nie tragen?
Es gibt Schuhe, an die war es nicht so leicht ranzukommen: Ich musste entweder einen Tag oder länger dafür vor einem Sneakergeschäft anstehen oder Glück haben, um sie noch online zu bekommen. Dann ist es so, dass man generell nicht jeden Schuh zu jedem Wetter tragen kann, weil viele Schuhe sich durch besonderes Material auszeichnen. Es gibt auch welche, die ich mir gerne für besondere Momente aufheben möchte, wie zum Beispiel für meine Hochzeit – das sind aber dann spezielle Schuhe, nach denen ich lange gesucht habe, die es entweder gar nicht mehr gibt oder nur noch sehr, sehr limitiert.
Ist das denn das Typische an einem Sneakersammler? Dass er Schuhe hat, die er nie anzieht?
Ich glaube, das ist ein Teil davon – wie bei allem, was man sammeln kann. Jeder hat seinen, ich nenne es mal „Heiligen Gral“, nach dem er ewig gesucht und den er irgendwann endlich bekommen hat. Denn viele Schuhe sind nicht mehr so leicht zu kriegen, weil sie vorher von den Marken oder von Sneakerblogs im Internet gehypt werden. Ich habe so zwei, drei Paar Schuhe, nach denen habe ich fast fünf Jahre lang gesucht, um sie dann in dem Zustand zu bekommen, wie ich sie haben wollte: perfekt passend, ungetragen, schon elf Jahre alt, aber wie neu aus dem Karton. Und so etwas ist einfach kein Alltagsschuh, das ist ein Schuh, den man zu besonderen Anlässen anzieht.
Was ist denn Ihr „Heiliger Gral“?
Unter anderem der Nike Air Max One aus dem Patriot Pack. Der ist blau, weiß, rot und mit einer USA-Flagge anstatt eines Nike-Logos versehen. Das ist an und für sich kein besonderer Schuh, aber mir gefällt die Farbgebung. Zudem ist das Modell von 1987, das ist einer der Schuhe, mit dem bei mir das Sammeln begonnen hat.
Und wie kamen Sie an ihn?
Ich hatte ihn zufällig in einer Facebook-Gruppe, in der man Sneakers tauscht und verkauft, entdeckt. Innerhalb von zwei Minuten habe ich das Geld überwiesen, und nach drei Tagen kam er dann endlich an.
Wie wird man denn zum Schuhsammler?
Da gibt’s jetzt keinen klassischen Werdegang. Bei mir war es so: Als die erste große Sneakerwelle kam, so Mitte der Neunziger mit Chicago Bulls und Michael Jordan, da war ich 13 – das perfekte Alter, um sich für so etwas zu begeistern. Dann kommt noch die Musik hinzu: Ich hörte Hip-Hop, und da trug man wie beim Skaten immer die neuesten Sneaker. Das kommt alles aus dem Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin. Früher gab’s beim Skaten zwei Seiten: Entweder du hörst Punk, dann skatest du mit Vans-Schuhen, oder du hast Hip-Hop gehört und bist dann mit DC-Schuhen aufs Brett gestiegen.
Und heute?
Da ist das anders, da hört jeder alles, und es geht nicht mehr so stark um die Zugehörigkeit zu einer Szene. Was aber gleich geblieben ist, ist, dass man irgendwann nicht mehr aussortiert, weil die Schuhe einem gefallen. Beim Sport braucht man generell ständig neue Schuhe, und irgendwann sammeln sich 50, 60 Paar an. Es war aber nie mein Ziel, mit 30 Jahren 200 Paar Schuhe zu besitzen, das hat sich so ergeben. Irgendwann merkt man, dass einem ein Modell perfekt passt und wie auf einen zugeschnitten ist, dann will man plötzlich mehr von dem Modell – und es hört gar nicht mehr auf. Man wächst rein. Manche verlieren auch schlagartig das Interesse.
Und die, die das Interesse verlieren? Was machen die mit den ganzen Schuhen?
Die verkaufen sie, manche haben sie sogar verschenkt. Frauen sind der Sneaker meist früher überdrüssig, die tragen sie aber auch, anstatt sie zu sammeln. Männer hingegen haben eine Ecke im Keller dafür. Aber man liest auch immer wieder in Internetforen, dass Sammlungen aufgelöst werden. Und im Moment sind sie zu viel wert, als dass man sie verschenken würde.
Als Anlaufstelle, um gesammelte Sneakers in Stuttgart zu verkaufen oder zu tauschen, veranstalten Sie seit drei Jahren die „Kicks ’n’ Coffee“-Messe. Folglich die Rettung für die Männer, deren Kellerecke zu voll ist.
Auch. Aber die Sneakermesse soll nicht nur ein Ort zum Ver- und Einkauf sein, sondern auch ein Ort zum Austauschen, Kennenlernen und Treffen, bei dem Sneaker im Vordergrund stehen. So eine Art Kaffeeklatsch.
Wie kam es zu dieser Idee?
Nachdem ich mit meinem Bekannten Yaw Kyeremeh in den Jahren 2010 und 2011 ein paarmal einen Skate- und Snowboardflohmarkt veranstaltet hatte, um alte Sachen loszuwerden, kam ein Freund, Danijel Balasevic, auf uns zu und fragte, ob wir das nicht mal mit Sneakern versuchen wollen. Kurz darauf veranstalteten wir im Mai 2011 spontan das erste Event mit zehn Verkäufern. Und der Andrang sowie das Feedback überraschten uns so sehr, dass wir damit weitermachten.
Wie viele Besucher kamen denn?
Wir rechneten mit vielleicht 20 Besuchern. Wir konnten nicht einschätzen, wie groß das Interesse in Stuttgart ist. Es kamen 200. Unter anderem kam ein Typ rein, von dem niemand dachte, dass er irgendwas mit Turnschuhen am Hut hätte. Dann holte er aber aus seinem Lederrucksack den allerersten Nike Air Jordan One aus dem Jahr 1985 raus. Der Schuh sah so aus, als ob er ihn gerade aus der Fabrik geholt hätte, und der Mann meinte nur, dass er damals eine Fotostrecke für Nike geschossen hätte und ihn zusätzlich zum Honorar bekam. Können Sie sich vorstellen, wie die Leute da standen? Man konnte an den Gesichtern ablesen, wie alle hofften, dass er nicht weiß, was er da in den Händen hält, dass er keine Ahnung hat, wie viel er dafür verlangen kann.
Und wie viel wollte er?
Er wollte 1000 Euro. Auf der Messe hat niemand zugeschlagen, aber es wurden einige Telefonnummern ausgetauscht. Damals waren 1000 Euro für einen Sneaker noch viel, heute sind 300 Euro für einen Schuh normal.
300 Euro? Das ist normal?
Für limitierte, ausgewählte Modelle durchaus. Es hat sich einiges verändert in den vergangenen Jahren. Es gibt mehr Internetshops und Sneaker-Blogs. Das Interesse ist gestiegen. Spätestens nach dem Schuhrelease von Nike und dem Rapper Kanye West, für den Kunden in New York eine Woche vor dem Laden anstanden, hat den Hype um den Sneaker auch der Letzte mitbekommen. Dasselbe Szenario gab es vor ein paar Wochen vor dem Suppa Store in Stuttgart: Drei Tage lang campte eine Horde Männer dort, um den neuen Asics Gel Lyte V „Cove“ zu bekommen. Der ist gerade sehr gefragt unter Sneaker-Liebhabern.

Am 31. Mai findet die Sneakermesse „Kicks ’n’ Coffee“ in der Suite 212, Theodor-Heuss-Straße 15, von 12 bis 18 Uhr statt. 15 Aussteller werden dort ihre Raritäten auf rund 30 Tischen präsentieren.