„Wir helfen Kindern in Not“, sagt Dina Bühler, Geschäftsführerin der Kinderwerkstatt Eigen-Sinn. Foto: B. Schwarz

Die Kinderwerkstatt Eigen-Sinn wird sich in den kommenden Monaten vergrößern und somit die Zahl ihrer Gruppen erweitern. Denn der Bedarf an Hilfe bei Kindern die sich „auffällig“ verhalten steigt stetig an.

Derzeit werden 176 Kinder und Jugendliche von ihr betreut und begleitet, in wenigen Monaten werden es vermutlich an die 200 Kinder im Alter zwischen fünf und 18 Jahren sein. Geplant sind zunächst drei weitere Gruppen zu je acht bis zehn Kindern, darunter eine Waldgruppe für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter, sowie eine Gruppe, die sich mit Medien und Isolation beschäftigt.

Auch in Loßburg und Alpirsbach soll es neue Gruppen geben. Denn der Bedarf ist groß. Es sind nicht nur die langen Wartelisten, die „Eigen-Sinn“ dazu drängen, es ist schlimmer. „Wir wollen eigentlich gar nicht größer werden. Es ist die Not der Kinder und oft auch ihrer Eltern“, sagt Sozialpädagogin Dina Bühler (34), seit einem knappen Jahr Geschäftsführerin der von ihrem Vater Hans-Martin Haist gegründeten gemeinnützigen Einrichtung.

Extreme Reizüberflutung durch moderne und soziale Medien

Nicht allein die Folgen der Pandemie führen viele Kinder in soziale Vereinsamung, sondern auch die extreme Reizüberflutung durch moderne und soziale Medien trägt dazu bei, sagt Bühler: „Da gibt es Bilder und Geschichten, die, kaum gefiltert, Kinder überfordern können. Das Netz schafft es nicht, unsere Kinder zu schützen.“ Kinder, so ihre Beobachtung, vereinsamen auch weil das Internet keine Kontakte pflegt, sondern Kinder allein lässt. Die Folgen zeigen sich in Verstimmungen, depressiven Ansätzen, Konzentrationsmängeln, Depressionen und Isolation bereits bei sechs- bis siebenjährigen Mädchen und Jungen.

Die Kinderwerkstatt kommt bei Kindern, die sich „auffällig“ verhalten, oft durch die Eltern, meist durch Lehrer, Schulsozialarbeiter, Rektoren oder das Jugendamt mit ins Boot. Sie bietet den Kindern ein Trainings-Programm an, das sie zunächst beschützt, dann stark macht, ihnen Zukunftsperspektiven gibt, sie begleitet „und die Kinder ans Steuer für ihr Leben setzt“, wie Dina Bühler erklärt. Die Werkstatt will die jungen Menschen dazu anleiten, über ihr Tun und Handeln nachzudenken.

Beschützt, angstfrei und gesund die eigene Persönlichkeit entwickeln

Dazu treffen sich die Kinder in kleinen Gruppen einmal die Woche an einem festen Tag, beginnen ihr vierstündiges Training mit einem gemeinsamen Essen. Dann folgen Gespräche, Spiele, Abenteuer und viel Beschäftigung in der Natur. Oder das Erarbeiten bestimmter Themen wie Identität, Selbstwirksamkeit oder Begeisterung entfalten. Da werden Vertrauen und Beständigkeit, Dankbarkeit und Versöhnung vermittelt, wird geübt, bei Krisen nicht davonzulaufen. Manche Kinder lernen das Lachen wieder. Die kleine Person soll beschützt, angstfrei und gesund ihre eigene Persönlichkeit entwickeln können.

Das geschieht in einem 14-köpfigen Team aus Sozialpädagogen und Sozialarbeitern, Freiwilligendienstlern, Praktikanten und Auszubildenden in Abstimmung mit dem Jugendamt und im engen Kontakt mit Eltern und Schule. „Das Jugendamt sieht stets die Familie im Mittelpunkt, es unterstützt und hilft uns, wo immer unsere Mittel begrenzt sind und der Weg zu schwer wird“, sagt Dina Bühler dankbar.

Das Training ist für Mitarbeiter, Kinder und Jugendliche durchaus nicht immer einfach. „Wir sind schon manchmal unbequem“, räumt Dina Bühler ein. Sie weiß aber auch als Gruppenleiterin aus eigener Erfahrung: „Trotz aller Widrigkeiten gibt es viele, viele Momente des Glücks“.