Derzeitiges Abbaugebiet auf dem Plettenberg: In welchem Umfang soll es erweitert werden? Foto: Schwarzwälder-Bote

Kampf mit harten Bandagen um die vom Gemeinderat Dotternhausen beschlossenen maximalen Abbaugrenzen.

Dotternhausen - Der Plettenberg mit einer Höhe von 1000 Metern ist ein markanter Berg an der Westseite der Schwäbischen Alb. Er gehört neben der Lochen (963 Meter) und dem Schafberg (1000 Meter) zu den "Balinger Bergen", von denen er der höchste ist. Seine markante Optik mit dem 158 Meter hohen Fernmeldeturm ist ein wichtiger Bestanteil für die Silhouette der Südwestalb, zu der auch der Lemberg oder der Oberhohenberg gehören.

Wer schon einmal auf der B 27 durch Dotternhausen im Zollernalbkreis gefahren ist, hat aber auch das Zementwerk von Holcim nicht übersehen können und auch nicht die Seilbahn, die den abgebauten Kalkstein vom Plettenberg ins Werk gleich neben der Bundesstraße befördert.

Nun sollen die Bürger am Sonntag darüber befinden, ob sie die vom Gemeinderat festgelegten maximalen Abbaugrenzen für die geplante Erweiterung des Holcim-Steinbruchs für gut befinden oder nicht. Ein sperriges Thema für den ersten Bürgerentscheid in der Geschichte der rund 1900 Einwohner zählenden Gemeinde, den das Gremium selbst beschlossen hat.

Erweiterungsfläche von 18 Hektar soll für Abbau bis 2055 reichen

Die Bürger können nämlich nicht über die tatsächlichen Abbaugrenzen entscheiden, sondern nur darüber, ob die Gemeinde mit Bürgermeisterin Monique Adrian an der Spitze überhaupt in Verhandlungen mit dem Zementwerk über die festgelegten Maximalgrenzen eintreten kann. Denn diese, so ist es bereits im Pachtvertrag von 1952 geregelt, müssen einvernehmlich zwischen Firma und Gemeinde festgelegt werden. Mehr noch: Auch die dann ausgehandelten Grenzen für die Steinbrucherweiterung können im Rahmen des Genehmigungsverfahrens noch verändert werden.

Wie dem auch sei: Der Steinbruch auf dem Dotternhausener Hausberg ist seit vielen Monaten ein Thema, das die ansonsten eher beschauliche Gemeinde spaltet. Ein tiefer Riss geht quer durch die Bevölkerung. Zwei Gemeinderäte haben bereits entnervt das Handtuch geschmissen, und selbst der Landrat des Zollernalbkreises, Günther-Martin Pauli (CDU), macht sich ernsthafte Sorgen um den Dorffrieden und appelliert an die Bürger, wieder enger zusammenzurücken und die demokratischen Spielregeln einzuhalten.

Was ist passiert? Auf dem Plettenberg wird seit mehr als 100 Jahren Kalkstein abgebaut. Das Zementwerk, gegründet von Rudolf Rohrbach, nahm 1942 den Betrieb auf. 2004 ging es an den Schweizer Konzern Holcim über. Seit Jahren ist bekannt, dass der Steinbruch, der derzeit rund 50 Hektar umfasst, erweitert werden soll. Auch der Gemeinderat hat schon vor Jahren dafür sein Einverständnis gegeben. Gedacht ist an eine Erweiterungsfläche von 18 Hektar, die für einen Abbau bis 2055 reichen soll. Die vom Gemeinderat nun festgelegten Maximalgrenzen umfassen ein um vier Hektar kleineres Gebiet.

Mit der Gründung der Bürgerinitiative (BI) Pro Plettenberg begann sich vor etwa zwei Jahren der Protest gegen Holcim zu formieren. Die BI setzt sich für den Erhalt der Plettenberg-Hochflächen mit ihren Wacholderheiden ein und thematisiert auch andere Themen wie die Verbrennung von Ersatzstoffen im Zementwerk.

Die Protestbewegung nahm aber erst so richtig Fahrt auf, als im Herbst einige Honoratioren, darunter Ex-Bürgermeister Norbert Majer, Ex-Hauptamtsleiter Otto Scherer und der Ex-Vorsitzende des Albvereins, Günter Schäfer, mit anderen Mitstreitern ein erfolgreiches Bürgerbegehren initiierten. Dabei ging es um die Nicht-Herausnahme des Steinbruchs aus dem Landschaftsschutzgebiet Großer Heuberg. Der Gemeinderat lenkte ein, revidierte seinen zuvor gefassten Beschluss und übernahm die Stellungnahme der Aktivisten.

Mit Ratshausen und Hausen am Tann sind auch Gemeinden auf Südseite betroffen

Damit war die Sache aber nicht erledigt. Im Gegenteil: Der Ton wurde schärfer. Holcim wird vorgeworfen, den Berg auszubeuten, ihn zu köpfen, der Gemeinde dafür aber kaum etwas zu bezahlen und auch keine oder kaum Gewerbesteuern abzuführen. Der Firma sei nicht zu trauen, Versprechungen, etwa zur Rekultivierung, würden nicht eingehalten. Mehr noch: Holcim wird auch vorgeworfen, auf dem Berg ungenehmigt abzubauen.

Auch Adrian und die Gemeinderäte benötigen starke Nerven. Sie sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, weniger die Interessen der Gemeinde als vielmehr diejenigen des Großkonzerns zu vertreten. Die Stimmung ist so gereizt, dass die Verwaltungschefin in Gemeinderatssitzungen den Wortführern schon mal androht, den Saal räumen zu lassen. Sie und die Räte argumentieren, es gehe nicht darum, ob auf dem Berg weiter abgebaut werden könne, sondern nur darum, in welchen Grenzen dies geschehen soll. Denn dem Zementwerk sei schon vor Jahren das Recht auf eine Erweiterung des Steinbruchs verbrieft worden, und die Gemeinde sei letztlich angewiesen auf die Gewerbesteuer, auf die Arbeitsplätze sowie das Entnahmeentgelt für den Kalkstein. Bei Letzteren spricht man von 300.000 Euro für rund eine Million Tonnen pro Jahr.

Das Geschehen auf und rund um den Plettenberg beschränkt sich aber nicht nur auf Dotternhausen, sondern betrifft mit Ratshausen und Hausen am Tann auch zwei kleinere Gemeinden auf der Südseite des Bergs. Dort mehren sich die Stimmen gegen das Vorgehen des Dotternhausener Gemeinderats, der auf die Nachbarn keine Rücksicht nehme: "Auch wir sind Plettenberg" heißt es dort. Geklagt wird über Lärm und Erschütterungen bei Sprengungen. Zudem macht man sich Sorgen um die Natur und die eigenen Wasserquellen. Und immer wieder wird der Leiter des Zementwerks, Dieter Schillo, zitiert, der sich einmal verwundert darüber gezeigt haben soll, "dass hinter dem Berg auch noch Menschen wohnen".

Wenn die Bürger nun an die Wahlurne schreiten – eine Prognose mag niemand abgeben –, dann geht es zum einen um den Steinbruch, aber nicht weniger darum, ob die Bürgermeisterin, die vor viereinhalb Jahren mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt worden ist, und die Gemeinderäte noch das Vertrauen der Bürger haben. Bei einem entsprechenden Votum sind weitere Rücktritte nicht ausgeschlossen. Erreicht Adrian jedoch das erforderliche Quorum, rund 300 Stimmen bei 1500 Wahlberechtigten, kann sie gestärkt in die Verhandlungen mit Holcim gehen.

Wie auch immer der Bürgerentscheid ausgehen mag – eines steht fest: Irgendwann wird über das neue Abbaugebiet verhandelt werden müssen. Auf dem Berg wird noch viele Jahre lang abgebaut, und Dotternhausen wird noch länger mit dem Zementwerk leben, das – ganz nebenbei – über den Ort hinaus von wirtschaftlicher Bedeutung ist. Freilich: Ein Blickfang der Natur ist der bei Wanderern beliebte Berg eben auch.