Landtagspräsident Guido Wolf (links) stattete gestern Donaueschingens Revierleiter Ulf Feichtinger (Mitte) und OB Thorsten Frei einen Weihnachtsbesuch ab. Foto: Filipp

Wegfall des freiwilligen Polizeidienstes schafft neue Probleme. Belastung für Beamte wird steigen.

Donaueschingen - Als Notmaßnahme geplant, stellt sich ab dem kommenden Jahr mit der bislang kompromisslosen Streichung des freiwilligen Polizeidienstes für Donaueschingens Revierleiter Ulf Feichtinger eine gänzlich neue Situation ein, die es für insgesamt 50 Kollegen zu meistern gilt.

Ob die personelle Reduzierung dann zu Lasten des Sicherheitsheitsgefühls für die Bürger gerade in den Nachtstunden durch eine "schmale Besetzung" in der Kreisstadt gehen wird, bleibt abzuwarten.

In Donaueschingen greifen derzeit fünf Freiwillige den Dienstgruppen unter die arme. Dies war nur eines der Bedenken, die gestern in der vorweihnachtlichen Informationsrunde mit dem Landtagspräsidenten Guido Wolf geäußert wurden.

Immerhin um 70 Stunden im Monat und 1305 im Jahr konnte so der reguläre Schichtdienst der 46,1 Planstellen vornehmlich bei Kontrollgängen in den Abendstunden entlastet werden. Dies zu einem Kostensatz von 6,50 Euro pro Nase und Stunde, für das Land eine durchaus preiswerte Lösung bisher.

Doch 41 Stunden im Schichtdienst seien heute schon "menschenunwürdig", wie der Villinger Polizeidirektor Roland Wössner die Situation. umschreibt, die Übernahme von Streifengängen und -fahrten werde die Beamten zusätzlich belasten.

Vor allem an den Wochenenden werde es ein "Riesendilemma". Sechs Beamte versehen von Donnerstag bis Freitag Dienst, an den Wochenenden fünf, wobei stets die Wache mit einer Kraft besetzt sein muss und damit lediglich zwei Streifen mobil einsetzbar sind. Krankheitsfälle seien hierbei nicht berücksichtigt.

Wössner, der im Grundsatz der "Dienstrechtsreform 2012" durch den Qualifizierungsgedanken der Polizeibeamten durchaus Positives abgewinnen kann, sieht hierbei die Landespolitik in der Umsetzung der Reform gefordert, die eine Stärkung der Dienstgruppen durch zwei zusätzlich Beamte und damit einer zusätzlichen Streifenwagenbesatzung eigentlich vorsieht.

"Der Preis der Reform ist hoch", lastet Guido Wolf Innenminister Reinhold Gall (SPD) an. Gall hatte erst am Dienstag die Kosten der Polizeireform mit 123 Millionen Euro in den nächsten 15 Jahren beziffert, die das Kabinett auf den Weg brachte. Der Tuttlinger Landtagspräsidenten sieht die jetzige Entwicklung kritisch, da man mit der Abschaffung des Freiwilligendienstes den zweiten Schritt vor dem ersten, der personellen Aufstockung, mache.

Knappe Personaldecke

"Wir brauchen deshalb einen adäquaten Ersatz", fordert Wössner mit Blick auf die in der Schweiz eingeführten "Nachtwanderer" oder den sogenannten Verkehrshelfern. Denn die knappe Personaldecke werde nicht nur bei Großveranstaltungen zu Problemen führen, sondern sich in einsatzstarken Disco-Nächten bemerkbar machen. "Für mich stellt sich die Frage, ob dies generell noch polizeiliche und damit Landesaufgaben sind", so der Polizeidirektor, der in Richtung Kommunen blickt.

OB Thorsten Frei indes kann angesichts von dann sechs einzustellenden Ordnungskräften durch die Stadt einem solchen Denkmodell angesichts der Kosten jedoch wenig abgewinnen. Zudem liege das Gewaltmonopol ja beim Staat und nicht bei den Kommunen.

Für den Donaueschinger CDU-Vorsitzenden Reinhard Müller war es schlichtweg ein Fehler, den freiwilligen Dienst generell einzuführen und nicht gleich wie in der Schweiz auf einen Dienst ohne hoheitliche Aufgaben zu setzen. Müller sieht auch Veranstalter in der Pflicht, die bei großen Ereignissen wie etwa Radrennen stärker zur Kasse gebeten werden müssten.

Ein Löungsansatz wäre laut Wössner die Faktorisierung der Schichtarbeit zwischen 02 und 06 Uhr und zusätzliche Urlaubstage für Beamte ab 50 Jahren im Wechseldienst nach dem hessischen Modell. Ein Vorschlag, den er bereits 2002 schon dem damaligen Innenminister Heribert Rech unterbreitet habe, der aber dann offensichtlich in der Schublade verschwunden sei. "Wir müssen hier von der 41-Stunden-Woche weg", fordert Wössner mit der Dienstzeitverkürzung durch einen 1,5-fachen Stundenwert.

Als weiteres Problem für die Beamten kristallisierten sich mangelnde Perspektiven und fehlende Beförderungsmöglichkeiten heraus. Hans-Peter Neininger, seit 32 Jahren im Dienst, zeigte sich deprimiert, dass für den Mittleren Dienst relativ wenig Anreize geboten werden. Ein Stern mehr auf den Schulterklappen sei keine Alternative.

Wolf versprach in dieser Sache eine parlamentarische Anfrage in Stuttgart zu stellen und Wössner kündigte an, dass man in Donaueschingen im kommenden Jahr eine Imagekampagne starten werde, um die brökelnde Akzeptanz der Beamten in der Öffentlichkeit zu nivellieren.