Der Löwenzahn bringt die Gärtner zur Verzweiflung / In der Volksmedizin hat er jedoch einen guten Ruf

Von Philippe Thines

Donaueschingen/Hüfingen/Bräunlingen. Er wird von Gartenbesitzern und Landwirten oft verflucht; wächst jedoch unverwüstlich in jedem noch so kleinen Winkel, aus jeder noch so winzigen Ritze: der Löwenzahn.

Hand auf Herz: Als Kind hatte man doch großen Gefallen an dieser Pflanze gefunden. Im Frühjahr wurden daraus leuchtend gelbe Haarkränze geflochten oder auch nur die Stiele angeritzt und in Wasser gelegt, um zu sehen, zu welch schönen Kunstwerken sich diese dann kringeln. Kurze Zeit nach der Blüte war es dann der größte Spaß, die kleinen Flugschirmchen vom Blütenstand der "Pusteblume" hoch in die Luft zu blasen.

Das Wunderkraut: Über diese schönen Erinnerungen hinaus: Der Löwenzahn ist aus der Volksmedizin nicht mehr wegzudenken. Er wird dort als wahres Wunderkraut angesehen, ein Kraut, das nicht nur heilende Wirkung besitzt, sondern auch bei regelmäßigem Verzehr gesundheitsstärkend wirkt. Daher wird er auch gerne als Ginseng Europas bezeichnet. Wie an keiner anderen Pflanze lässt sich am Löwenzahn der Wahrheitsgehalt des Zitats des amerikanischen Schriftstellers R.W. Emerson erkennen: "Unkraut nennt man die Pflanzen, deren Vorzüge noch nicht erkannt worden sind".

Löwenzahn als Medizin: Wegen seiner Stoffwechsel anregenden Wirkung wird der Löwenzahn besonders gerne im Frühjahr, vor allem als Frischpflanzenpresssaft aus der Apotheke, in Form einer mehrwöchigen vitalitätssteigernden Kur eingesetzt. Einer alten Volksweisheit folgend lässt sich dieser Effekt auch durch den Verzehr von täglich drei frischen Löwenzahnblättern erreichen.

Die Wirkung: Besonders die in der Pflanze enthaltenen Bitterstoffe wirken anregend auf Leber, Galle und Verdauung. Durch den hohen Kaliumgehalt gehört der Löwenzahn aber auch zu den harntreibenden Mitteln. Daher kann er unterstützend zur Vorbeugung von Nierengrieß und zur Nachbehandlung von Blasenentzündungen eingesetzt werden. An dieser Stelle aber auch gleich der Hinweis, dass bei Vorerkrankungen, Schwangerschaft und Stillzeit vor einer längerfristigen Anwendung auf jeden Fall Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gehalten werden muss. Dies gilt besonders für Personen, die unter Entzündungen und Verschluss der Gallenwege, Gallensteine oder Herzinsuffizienz leiden. Sie sollten ganz auf Löwenzahn verzichten.

Kulinarische Leckerei: Wer sich nur hin und wieder etwas Gutes tun möchte, für den stehen die verschiedensten kulinarischen Leckereien zur Verfügung. Kommen Löwenzahnblätter zum Einsatz, dann sollten hierzu vorrangig junge, zarte Blätter gesammelt werden, da ihr Gehalt an Bitterstoffen noch gering ist.

Probieren Sie doch mal Löwenzahnsalat, der stark an Rucola erinnert, Löwenzahnpesto oder -spinat. Wem das zu bitter ist, dem rät die Heilkräuterexpertin Gisela Schreiber aus Löffingen einfach einmal Pfannkuchen mit Löwenzahnblüten auszuprobieren. Dazu die Blüten aus den Blütenkörbchen ausstreifen und in eine Pfanne mit heißem Öl einstreuen. Gleich mit Pfannkuchenteig übergießen und ausbacken. Aber ein kulinarisch viel größerer Höhepunkt sind Löwenzahnkapern, die eingekocht noch den ganzen Sommer zu genießen sind und sich hervorragend mit Tomaten-Mozzarella, Käse und Käsegerichten, sowie Walnüssen vertragen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und jedes Mal wird die Erinnerung an die erste Frühjahrswärme mit aufkeimen.Das Rezept für Löwenzahnkapern:zwei Handvoll geschlossene Löwenzahnknospen

Pfefferkörner

Thymian

1/4 l milder Balsamicoessig

Löwenzahnknospen vorsichtig waschen und auf einem Küchentuch ausgebreitet trocknen lassen. Über Nacht in einer Schicht Salz einlegen. Danach Salz abspülen, Knospen trocken tupfen und zusammen mit den Pfefferkörner und Thymian im Essig aufkochen. Noch heiß portionsweise in saubere, fest verschließbare kleine Gläser füllen.

Liebesorakel: Mit diesem Wissen lassen sich die derzeit leuchtend gelben Wiesen und sicher nochmals so gut genießen   und – wer weiß? – heimlich beim Abzupfen der äußeren Zungenblüten vielleicht auch das Liebesorakel befragen: "Er liebt mich, er liebt mich nicht".