So viel war am Fahrplatz noch nie los: Extra für die Europameisterschaften war dort sogar eine Tribüne aufgebaut worden und die Zuschauer zeigten großes Interesse an den Gespannfahrern. Insgesamt haben laut Veranstalter rund 47 000 Besucher die Donaueschinger Traditionsveranstaltung besucht und so für einen Rekord gesorgt. Foto: Müller

Toller EM-Sport mit einer Traumumgebung. Lange war unklar, ob Turnier stattfinden kann.

Donaueschingen - Es war Gänsehaut pur, als die deutschen Fahrer ihre Ehrenrunde im Springstadion drehten. In Donaueschingen wurde am Wochenende ein Stück deutsche Fahrergeschichte geschrieben, denn kaum einer hatte damit gerechnet, dass die Deutschen im eigenen Land den Mannschaftstitel holen würden.

Und das Donaueschinger Publikum sorgte zusätzlich für eine ganz besondere Atmosphäre. Das macht Lust auf mehr.

Laut Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, könnte man durchaus über eine weitere EM im Gespannfahren für Donaueschingen nachdenken. "Ich kenne keinen besseren Austragungsort", so Lauterbach. Donaueschingen habe ein Turnier mit Tradition, ein tolles Gelände und eine außergewöhnliche Unterstützung durch viele ehrenamtliche Helfer. Was will man mehr?

Als Lauterbach dies am Freitagabend sagte, standen Turnierchef Kaspar Funke und OB Erik Pauly mit auf der Bühne. Beide unterstrichen, wie toll es doch sei, dass eine EM in Donaueschingen stattfindet und welch ein Erfolg sie sei. Viele tolle Worte zu einem tollen Turnier. So gehört es sich auf einer Traditionsveranstaltung. Doch da hören Funkes und Paulys Gemeinsamkeiten auf. Denn scheinbar ist es beim Reitturnier auch Tradition geworden, dass es mit Ärger, Verdruss und Zerwürfnissen verbunden ist.

Die Liste ist mittlerweile lang, fast jedes Jahr gibt es einen negativen Höhepunkt zu vermelden: die Schlammschlacht von 2014, das Zerwürfnis zwischen Fürstenhaus und Escon, das rote-weiße Absperrband auf dem Poloplatz 2016, die langen Vertragsverhandlungen zwischen Fürstenhaus und Stadt, die beinahe vor Gericht geendet hätten, und das Bangen, ob das Reitturnier überhaupt stattfinden kann. Beim Gregorifest im vergangenen Jahr dann die Erlösung für alle Reitturnier-Fans: Fürstenhaus und Stadt haben sich geeinigt und mit dem neuen Vertrag brechen neue Zeiten an.

Das dachten damals zumindest viele und blickten voller Freude in eine harmonische Reitturnier-Zukunft. Doch schon vor dem Turnier knirschte es gewaltig zwischen Stadt und Turnierveranstalter Escon. Das Sicherheitskonzept sorgte für viel Verdruss. Und beide Seiten hatten gute Argumente, sahen sich im Recht. Vier Wochen vor dem Turnier dann einigte man sich doch noch und beim Turnier wurde vordergründig gepflegte Harmonie demonstriert – allerdings mit viel Mühe. Doch hinter vorgehaltener Hand wurde viel spekuliert.

Unklarheit bis zuletzt

Denn am Dienstagnachmittag war noch nicht sicher, ob das Turnier überhaupt stattfinden würde. Das Sicherheitskonzept hatte wieder für blanke Nerven gesorgt. Im ersten Jahr, in dem es vollumfänglich umgesetzt werden sollte, prallten die Interessen heftig gegeneinander. Auf der einen Seite der Veranstalter Escon, der als wirtschaftliches Unternehmen auch Geld verdienen möchte und sich mit großen Mehrausgaben konfrontiert sah. Auf der anderen Seite die Stadt, die sich auf die Versammlungsstättenverordnung und das eigens für das Reitturnier erarbeitete Sicherheitskonzept berief. Zwischendrin ein Sicherheitschef, der zwischen allen Stühlen saß und am Dienstagnachmittag einfach die ganzen Diskussionen satt hatte und so nicht mehr arbeiten wollte.

Letztendlich gab es aber am Mittwochmorgen Entwarnung. Es gab noch einen Sicherheitschef und das Turnier konnte stattfinden. Trotzdem lagen die Nerven zu Beginn des Turniers noch blank. Das Lob von SPD-Stadtrat Jens Reinbolz, dass die neue Tribüne am Fahrplatz eine gute Idee und sehr gelungen sei, sorgte bei Kaspar Funke für einen "emotionalen Moment", wie er es selbst ausdrückte. Denn schließlich hatte die Frage, ob Kinder nun auf die Tribüne dürfen, ebenfalls für Diskussionen gesorgt – letztendlich aber zum Kompromiss geführt, dass Schilder Eltern auffordern, ihre Kinder unter sechs Jahren nur in Begleitung auf die Bühne zu lassen.

Mit fortschreitendem Turnier beruhigten sich die Nerven allerdings: Deutlich abzulesen an der Sicherheitsbesprechung, die mindestens einmal, manchmal sogar zweimal am Tag stattfand. Am Sonntag gab es keinerlei Diskussionspunkte mehr und die Stimmung war merklich gestiegen.

Der Großteil der Besucher hat von den Gesprächen hinter den Kulissen nichts mitbekommen: Für sie zählte ein tolles Turnier mit tollem Sport. Und Lob für die Veranstaltung gab es von allen Seiten, alle schwebten im Glück. "Eine tolle EM und ein tolles Turnier. Mit dem Ambiente, das hier herrscht, haben wir uns einen guten internationalen Ruf erarbeitet", so OB Pauly, der optimistisch in die Zukunft mit weiteren Championaten blickt.

Und ein überwältigter Kaspar Funke sah all seine Erwartungen übertroffen: "Die Atmosphäre und die Stimmung waren da, wir hatten einen würdevollen Abschluss." Und die Zukunft? "Die Stadt und wir als Veranstalter können nun Hand in Hand gehen." Denn ohne den einen oder anderen würde es nicht gehen.

Vier Tage dauerte das Reitturnier – und trotz Ärger hinter den Kulissen ist es gelungen, eine tolle Veranstaltung zu bieten. Mit 47 000 Besuchern konnte auch ein Besucherrekord erreicht werden. Das Ganze wurde natürlich gekrönt vom EM-Mannschaftstitel für die deutschen Fahrer.