Gute Laune herrscht bei der Eröffnung der Ausstellung mit Arbeiten des Offenburger Künstlers Stefan Strumbel (Mitte) mit Bernhard Prinz von Baden (links) und Museumsleiterin Simone Jung. Foto: Faigle Foto: Schwarzwälder Bote

Vernissage: Stefan Strumbel stellt im Art.Plus aus / Bernhard Prinz von Baden spricht einführende Worte

Vor zehn Jahren galt er als Senkrechtstarter: Stefan Strumbel. Seit die New York Times 2008 eine seiner grellen Kuckucksuhren auf ihrer Titelseite hatte, ist er international bekannt. Jetzt zeigt er im 2-Raum des Museums Art.Plus neue und neueste Arbeiten.

Donaueschingen. An der Ausstellungseröffnung am Sonntag haben fast 200 Kunstinteressierte teilgenommen – für das agile Ausstellungshaus ein imposanter Erfolg.

Als Simone Jung den Künstler und die Gäste begrüßt, tut sie das in blitzblanker Umgebung. Stefan Strumbel hat speziell für diese Kunstschau aus mehreren Dutzend funkelnagelneuen Transportmilchkannen samt Bügeldeckeln eine mehrteilige hochragende Installation geschaffen, die im Spiegelsaal des Museums das Rednerpult fast verschwinden lässt. Dann umreißt Jung in Kürze Strumbels Künstlerbiografie.

1979 in Offenburg geboren, wo er auch heute lebt, hat sich Strumbel schon früh als Graffitisprayer betätigt und sich später die Frage gestellt, die sprachliche Feingeister leicht schaudern lässt: "What the fuck is Heimat?" In gemäßigter Übersetzung: "Was um alles in der Welt bedeutet Heimat?" Provokante knallfarbige Antworten auf diese Frage hat Strumbel zum Beispiel in Gestalt von rosafarbenen bekrönten Schweinemasken oder schrill lackierten Kuckucksuhren gegeben.

Einen anderen Weg zum Thema Heimat hat Strumbel vor ein paar Jahren eingeschlagen und verfolgt ihn bis heute: Er verpackt von Menschenhand geschaffene Dinge in Luftpolsterfolie, um Gefährdetes zu schützen. Und da das schützende Material ebenfalls schützenswert ist, gießt er das Ganze zuweilen in Bronze oder Aluminium.

Viel Aufmerksamkeit hat Strumbel vor drei Jahren auf sich gezogen. Zum 300-jährigen Stadtjubiläum von Karlsruhe hatte er im Auftrag des Adelshauses Baden beim Schloss einen denkmalartigen Bronzestuhl geschaffen. Da war jetzt von besonderem Reiz, dass Bernhard Prinz von Baden persönlich einführende Worte zur Vernissage gesprochen hat; er leitet seit 1998 die Unternehmen des Hauses Baden.

Bernhard Prinz von Baden bezeichnete Stefan Strumbel und sich selbst als "zwei Kämpfer an der gleichen Front". Ironisierend und locker klingt es, wenn er über die die jeweiligen Lebensläufe begleitende Rolle von Luftpolsterfolie redet.

Grundsätzlicher Natur sind hingegen seine Ausführungen, die sich darum drehen, in welcher Form Heimat und Erbe lebendig zu erhalten sind. Politische Kunst nennt Bernhard Prinz von Baden die Arbeiten von Strumbel, da sie sich mit dem vertieften Verständnis des Gemeinwesens befassen. "Strumbel ist gegen Verflachung und Beliebigkeit," sagt er sinngemäß, "er instrumentalisiert Heimat nicht, sondern verleiht dem Schützenswerten Beständigkeit und gestaltet den gesellschaftlichen Wandel bewusst mit." Für diese Einschätzung gibt es viel Beifall.

Beginn und Ende der Vernissage markierte Harald Kimmig als Geiger und Performer. Hochkonzentriert bringt er seine freie Streichmusik in den Raum. Reibend und klopfend führt er den Bogen über die Saiten, zitternd und schiebend erzeugt er mit der Griffhand fremden Klang, verbindet diskrete Vibrationsgeräusche mit Bewegung und zeigt seine Meisterschaft in Sachen expressiver Instrumentalimprovisation.

Wer als Erwachsener Deutsch lernen will, findet in einem aktuellen Lehrbuch diesen Satz: "Heimat ist Heimat, deutsch und unübersetzbar." Wer den Begriff definieren möchte, bekommt es schnell mit einer unüberschaubaren Fülle von Gegebenheiten zu tun, in denen ein Mensch lebt. Es handelt sich etwa um vertraute Orte, um Menschen in der nächsten Umgebung oder um feste kulturelle Gewohnheiten. Wer sich als Künstler mit "Heimat" auseinandersetzt, beackert ein Feld, dessen Dimensionen nur erfühlt werden können.