Foto: Seeger

Veröffentlichungen sind online einsehbar. Unterschiedliche Internet-Foren und Spielregeln.

Donaueschingen - Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes trifft die Gastronomie besonders hart: Das Gericht hat entschieden, dass Internet-Veröffentlichungen der Behörden zu Hygiene-Verstößen (der sogenannte Internet-Pranger) seit April zulässig sind. Gastronomen kritisieren die Art der Veröffentlichung – auch in Donaueschingen.

Wenn in der Küche das Fleisch vergammelt, das Brot schimmelt und der Nachtisch ein Eigenleben entwickelt, dann sind das gravierende Verstöße. Besonders dann, wenn die dort hergestellten Speisen auch an Gäste serviert werden. Bei einer Kontrolle durch das Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung wird so etwas geahndet. Dafür sind Kontrolleure der Behörden unterwegs und machen unangekündigte Stichproben. Je nach Ergebnis gibt es dann auch Folgen für die betroffenen Betriebe. An den Kunden und Gästen geht das jedoch meist vorbei, spielt sich im Hintergrund ab. Zumindest war es bis vor einigen Monaten noch so.

Gesetz seit April

Im April hat der Bundestag eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, durch welche die Landratsämter verpflichtet sind, nach einer entsprechenden Feststellung, die Ergebnisse für sechs Monate öffentlich zu machen. Vorausgesetzt: Bei dem Verstoß wurde bei der Kontrolle ein Bußgeld von mindestens 350 Euro fällig, sie müssen massiv sein und es muss ein Lebensmittelbezug vorhanden sein.

Wie ist die Situation in Donaueschingen? Die Anzahl der veröffentlichten Betriebe in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städte in Baden-Württemberg liegt zwischen 0 und 38, erklärt Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamtes Schwarzwald-Baar. "Die Anzahl der registrierten Lebensmittelbetriebe in den einzelnen Landkreisen, die zur Beurteilung relevant wären, ist uns nicht bekannt. Im Schwarzwald-Baar-Kreis wurden bislang acht Betriebe veröffentlicht. Aus unserer Sicht liegt die Anzahl der Veröffentlichungen weder auffällig hoch noch auffällig niedrig." Eine Beurteilung stammt dabei aus Donaueschingen.

Wie verläuft eine Kontrolle? Wie Frank erklärt, seien die Kontrollen in der Regel nicht angekündigt. "Hierbei wird der komplette Betrieb begangen, vom Wareneingang bis zur Kennzeichnung und Abgabe der Lebensmittel", sagt sie. Nach einer Risikobewertung der einzelnen Betriebe durch die Lebensmittelüberwachungsbehörde werde die Häufigkeit der Betriebsüberprüfungen, sogenannter Plankontrollen, festgelegt. Grundgedanke der Risikobeurteilung ist ein System, in dem Lebensmittelbetriebe möglichst einheitlich und nachvollziehbar nach festgelegten Risikogesichtspunkten klassifiziert, kontrolliert und dokumentiert werden. "Die Prüfung auf Aktualisierung der Risikobeurteilung muss mindestens bei jeder Regel- / Routinekontrolle erfolgen. Je nachdem wie der Betrieb risikobeurteilt und eingestuft ist, wird die Kontrollhäufigkeit festgelegt. Das heißt, die Kontrollhäufigkeit für einzelnen Betriebe ist unterschiedlich. Selbst ähnliche Speisegaststätten können unterschiedlich oft aufgesucht werden", sagt Frank.

Recht der Verbraucher

Kann jeder die Ergebnisse der Kontrollen erfahren? Ja. Laut dem Verbraucherinformationsgesetz (ViG) haben alle Verbraucher das Recht, dass die Behörden ihnen die amtlichen Kontrollergebnisse der Lebensmittelüberwachung herausgeben. So kann jeder erfahren, wie sauber sein Lieblingsrestaurant ist. Von diesem Gesetz lebt die Online-Plattform "Topf Secret" des Vereins Foodwatch, die es seit Januar gibt. Hier können Restaurantbesucher die Herausgabe der jüngsten beiden Kontrollberichte ihres Wunschbetriebes beantragen. Auf der Internetseite wird nicht nur die Korrespondenz der Antragsteller mit den Behörden veröffentlicht, sondern hier kann auch der Kunde selbst seine beantragten Ergebnisse online stellen. Zu Donaueschinger Gastronomiebetrieben wurden im vergangenen halben Jahr neun Anfragen gestellt, dabei gab es bisher vier Antworten. In einem Fall wurde die Anfrage aus juristischen Gründen abgelehnt.

Wie viele Anfragen gab es über Topf Secret?

Bundesweit wurden 37 496 Anfragen gestellt, 5235 davon zu Betrieben in Baden-Württemberg, so die Information des Vereins.

Wie funktionieren die Topf Secret-Anfragen? Er fragt nach den Berichten der letzten zwei Lebensmittelkontrollen. "Wann es genau einen neuen Bericht gibt, ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Die Häufigkeit der Kontrollen hängt unter anderem von der Ausstattung der zuständigen Ämter ab. Sie soll sich am Risiko orientieren. So sollten Betriebe, in denen mit verderblichen Produkten wie frischem Fleisch hantiert wird, häufiger kontrolliert werden als zum Beispiel Getränkemärkte", sagt Dario Sarmadi, Pressesprecher von Foodwatch. Aber wie sieht es dann mit einer Löschung der Einträge aus? "Da es keine festgelegten Kontrollintervalle gibt, können wir auch auf unserer Plattform keine automatisierte Löschung durchführen", sagt Sarmadi. Allerdings sei man der Meinung, dass etwa fehlendes Desinfektionsmittel oder keine durchgeführten Schulungen des Personals Informationen seien, die Monate nach Veröffentlichung eines Berichts relevant für Verbraucher sind seien.

Bereits Klagen

Was sagen die Gastronomen? Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat schon mehrfach gegen Topf Secret geklagt und wehrt sich gegen die Veröffentlichungen. Ähnlich sieht das auch Michael Steiger, Vorsitzender der Dehoga-Kreisstelle Schwarzwald-Baar: "Was Topf Secret und was das Veterinäramt machen, sind zwei verschiedene Dinge, die man trennen muss. Das Landratsamt muss entsprechende Verstöße öffentlich machen, bei Topf Secret werden Bürger aufgefordert, beim Landratsamt Auskunft über ihre letzten Gastronomie-Besuche einholen zu lassen", so Steiger. Er halte beides für fragwürdig: "Wenn etwas im Netz steht, dann bleibt es dort auch. Zudem weiß man meist nichts über die Umstände in der Gastronomie: Fand vielleicht ein Umbau statt, gab es einen Besitzerwechsel?" Bei der Dehoga lege man höchsten Wert auf Hygienestandards und wolle sich auch nicht vor die schwarzen Schafe in der Branche stellen: "Aber es ist eben nur eine Momentaufnahme, bei der auch nur eine Meinung zu sehen ist."

Von einem Hygiene-Pranger spricht gar Daniel Ohl, Pressesprecher des Dehoga Baden-Württemberg. Bei jener Veröffentlichung der Landratsämter gebe es klare Spielregeln, etwa auch eine präzise Löschfrist und dass eine Beseitigung der Mängel vermerkt werden muss. Alles basierend auf dem Lebensmittel- und Futtergesetzbuch. "Für mittelständische Gastronomiebetriebe ist das mehr als schädlich", sagt Ohl. Der Verband tue viel, um in Sachen Hygiene an der Prävention zu arbeiten. Es sei klar, dass ein Betrieb, der regelmäßig gravierende Mängel aufweise, geschlossen werden müsse. Bei Topf Secret laufe das anders. Hier werde das ViG herangezogen: "Aber ist mit einem Informationsrecht auch ein Recht auf Veröffentlichung gegeben?", fragt Ohl. Das kläre der Dehoga gerade vor Gericht mit Foodwatch. "Selbst wenn ein Mangel abgestellt ist, oder gar der Besitzer gewechselt hat: Der Eintrag bleibt. Und er ist nichts anderes, als eine willkürliche Momentaufnahme."