Doppelseite der Heiratsurkunde mit Siegeln und Unterschriften aus dem Fürstlich Fürstenbergischen Archiv. Foto: Fischer Foto: Schwarzwälder Bote

200 Jahre evangelisches Leben: Mit der Hochzeit der Prinzessin Amalie von

200 Jahre evangelisches Leben: Mit der Hochzeit der Prinzessin Amalie von Baden und des Fürsten Karl Egon II. beginnt 1818 evangelisches Leben in Donaueschingen.

Vor 200 Jahren entstand in Donaueschingen das evangelische Leben, das heute in einem regen Gemeindeleben gipfelt. Unsere Serie behandelt die Schwerpunkte der Geschichte.

Donaueschingen. 2018 feiern die evangelischen Christen zusammen mit ihren katholischen Geschwistern 200 Jahre evangelisches Leben in Donaueschingen, das mit der Hochzeit der badischen Prinzessin Amalie und des Fürsten Karl Egon II. zu Fürstenberg am 19. April 1818 begann. In diesem Teil der Serie wird die Entwicklung evangelischen Gemeindelebens ganz im Zeichen von Thron und Altar bis zur Erhebung der evangelischen Gemeinschaft zur Kirchengemeinde 1878 beschrieben.  "Thron und Altar" – Die Heirat im Zeichen des Landeskirchenregiments : Seit der Reformation – 1546 hatte die Markgrafschaft Baden-Durlach den lutherischen Glauben angenommen – führte der Landesherr als Summus Episcopus die Kirche an. Der Großherzog war gleich der Leiter zweier evangelischer Kirchen, der lutherischen und der reformierten (rechtsrheinische Kurpfalz), und so konnte Großherzog Karl, Neffe Amalies, es wohl nicht zulassen, dass ein Mitglied der Familie katholisch wird.

Zwei Drittel seiner Untertanen waren sowieso katholisch. So war es selbstverständlich, dass er sich wenigstens in der größten katholischen Standesherrschaft die größten Probleme im Verhältnis zu den katholischen Untertanen ersparte. Der katholische Fürst Karl Egon II. als stellvertretender Vorsitzender der 1. Kammer erwies sich in der engen verwandtschaftlichen Beziehung als große Hilfe. In dem protestantisch geprägten Staatskirchentum waren die Beziehungen zum katholischen Klerus sehr gespannt, was in der 50er-Jahren gar zum badischen Kulturkampf führte.  Die Schlossgemeinde 1818-1870: Schon in Artikel zwei des Heiratsvertrags wurde festgelegt: "Der Herr Bräutigam macht sich anheischig, für die Frau Braut sowohl bei seinen Lebzeiten, als nach seinem nicht zu erhoffenden Tode, und so lange die Frau Wittwe im Fürstenbergischen Ihren Wohnsitz behält, einen Prediger Evangelisch-Lutherischer Confession zur Besorgung des Gottesdiensts auf seine Kosten anzustellen." Die junge Fürstin war der Mittelpunkt des evangelischen Lebens, das sich ausschließlich im Schloss abspielte. Zu den Gottesdiensten waren alle Evangelischen der Stadt und der Umgebung eingeladen.

Nachdem zunächst der evangelische Pfarrer aus dem württembergischen Öfingen eingesprungen war, konnte 1821 der junge Theologe Franz Becker aus Karlsruhe als Hofprediger angestellt werden. Fürst Karl Egon übertrug ihm sogar gegen zusätzliches Entgelt die Leitung der Hofbibliothek. Vorher hatte ein Schweizer Theologe ein Angebot des Fürsten ausgeschlagen, weil er wohl mehr die lutherische Fürstin als die katholische Gegend fürchtete.

In der Familie Fürstenberg herrschte eine sehr gute ökumenische Atmosphäre: Zur Erinnerung an die Altfürstin Elisabeth schenkten der Ehemann und die Schwägerin Amalie das Abendmahlsgeschirr, das heute noch in der Christuskirche zu bewundern ist. 1827 wurde im Schloss eine Kapelle, die Amalienkapelle, eingerichtet und mit einer Orgel ausgestattet.

Franz Becker war aber, wie es der erste badische Prälat Johann Peter Hebel betonte, kein Geistlicher einer Kirchengemeinde. Es gab kein evangelisches Kirchenbuch, und Kasualien wie Beerdigungen konnten im Notfall vom katholischen Stadtpfarrer durchgeführt werden. Der Hofprediger war eben ein fürstlicher Angestellter, der sich die Erlaubnis zur Eheschließung erbeten musste.

Das kleine evangelische Häuflein, bestehend aus meist höheren Beamten des Fürstenhauses und des badischen Bezirksamts, war überschaubar: 1822 wurden im Gottesdienst 22 Kommunikanten gezählt. Die Evangelischen waren insgesamt also eine fast abgeschlossene gesellschaftliche Gruppe für sich, sozusagen die Oberschicht, eng mit der badischen Regierung und dem Fürstenhaus verbunden.

Sie spielte in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts im bildungsbürgerlichen Bereich eine bedeutende Rolle, etwa im Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar oder in der Museumsgesellschaft. Im sich entwickelnden Gymnasium war die evangelische Schülerschaft überproportional vertreten.  Von der evangelischen Genossenschaft bis zur Erhebung zur Kirchengemeinde: Die evangelische Gemeinschaft entwickelte im Jahr 1870 eine eigene Dynamik, so dass nach dem Tod Amalies 1869 – Karl Egon II. war bereits 1857 gestorben – 314 "Seelen", dazu kamen 134 "Seelen" aus dem Amte Neustadt und Teilen des Amtes Villingen, eine evangelische Genossenschaft gründeten, zu deren Pastorationsgeistlichem der zweite Hofprediger Friedrich Jacob Müller berufen wurde. Allerdings musste die Genossenschaft den Geistlichen aus eigenen Mitteln bezahlen. 1870 musste die evangelische Gemeinschaft jedoch auf Wunsch von Fürst Karl Egon III. für ihre Gottesdienste das Schloss verlassen, und man hielt Gottesdienste im sogenannten Spielzimmer des Museumsgebäudes ab, bis die erste evangelische Kirche an der Brigach 1876 vollendet wurde. Die Erhebung der Genossenschaft zur Kirchengemeinde erfolgte aber erst am 7. März 1878 durch Großherzog Friedrich.