In der Diskussion am Anstöße-Abend mit (von links) Philipp Hilsenbek von der IHK, Katharina Baudis vom BUND-Regionalverband und Elmar Enssle (Lehrer für Religion und Philosophie) fordert Referent Franz J. Radermacher zu mehr Lesen, Denken und Kommunizieren auf, um der Fake-News-Welt eine andere Art von Kommunikation entgegenzusetzen. Am Mikrofon steht Moderator Gerhard Bronner. Foto: Winkelmann-Klingsporn Foto: Schwarzwälder Bote

Diskurs: Experte spricht Klima- und Bevölkerungsprobleme an / Lösung: weltweite ökosoziale Marktwirtschaft

Donaueschingen. Anstöße – unter diesem Veranstaltungsformat stoßen die evangelische Erwachsenenbildung und das katholische Bildungswerk in Donaueschingen die Diskussion aktueller gesellschaftspolitischer Themen an. Diesmal kamen mehr als hundert Interessierte zum Thema "Ist unsere Welt noch zu retten?" in den großen Seminarraum der Donauhallen.

Der Referent Franz J. Radermacher, Professor für Informatik an der Universität Ulm, Mitglied im Club of Rome und Vizepräsident des Ökosozialen Forums Europa in Wien, sprach schnell die grundlegenden Problemen Klimawandel und Bevölkerungswachstum an. Dabei führte er seine Zuhörer mit Seitenblicken auf Alltagsrealitäten und Politik in lockeren Formulierungen durch Klima- und Bevölkerungsproblemfragen zu Lösungsvorstellungen.

Das größte Problem sieht Radermacher in der "Bevölkerungsexplosion". Seit dem Jahr 2000 ist die Weltbevölkerung um 1,5 Milliarden Menschen gestiegen – bis 2050 wird mit weiteren 2,5 Milliarden gerechnet. Die daraus folgenden Migrationsbewegungen setzte Radermacher in einen differenzierten Zusammenhang mit dem Klima. Den Klimawandel entlarvte er als Wohlstandsproblem, als Folge des hohen Ressourcenverbrauchs der reichen Menschen und den daraus folgenden hohen Klimagasemissionen. "Zur Zeit nicht schlimm, weil wir die anderen nicht sehen", sagte Radermacher. Im Unterschied zu früher, so der Referent, wissen die Armen heute, dass sie arm sind. "Kluge, dynamische junge Leute wollen darum weg."

Das Kohlendioxid-Thema macht Radermacher schnell klar: Mit 10 000 Tonnen pro Kopf und Jahr hat Deutschland Weltmeisterniveau, China liegt bei 7500 Tonnen und darf als Entwicklungsland den Klimagasausstoß weiter erhöhen. Aber was passiert, wenn Indien und Afrika – derzeit 1000 Tonnen – zulegen? Maßnahmen, den Klimagasausstoß zu reduzieren, brauchen Zeit. Zu den Möglichkeiten, Kohlendioxid aus der Atmosphäre zurückzuholen, zählten die Wiederaufforstung von Regenwäldern, Maßnahmen zur Humusbildung an den Rändern der großen Wüsten, Biokohle-Pyrolyse oder die Bildung von Schwarzerde, die Kohlenstoff langfristig binden kann: Maßnahmen, die viel kosten, während die Klimakatastrophe viel Eigentum vernichten kann.

Mit Blick auf Turbulenzen im Weltfinanzsystem, Handelskriege und den Kampf um Ressourcen sieht Radermacher nur drei Konsequenzen: Klimakollaps, Ökodiktatur oder eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft. Für letztere hat er einen globalen Marshall-Plan: Eine nachhaltige Marktwirtschaft, in der die globale Empathie eine Schlüsselfrage darstellt und weltweite Kooperation zur Voraussetzung von Zukunftsfähigkeit wird.

Weitere Informationen: Der nächste Anstöße-Abend findet am Mittwoch, 20. Juni, unter dem Thema "In Würde altern?" statt.