Vertrauensmann Ulrich Keller, am Mikrofon, erläutert dem Gemeinderatsgremium die Gründe für das Bürgerbegehren Foto: Gegenheimer

Eine Zweidrittelmehrheit kommt im Dobler Gemeinderat wegen einer fehlenden Stimme nicht zustande. Weiterhin ist jetzt Geduld gefragt.

Eine einzige fehlende Stimme aus dem Gemeinderat ließ das Bürgerbegehren im Gemeinderat scheitern – zunächst. Und das bei formaler Korrektheit und fristgerechter Einreichung des Antrags. Ein Bürgerbegehren, das sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats aus dem November 2022 richtet, der die erneute Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Höhenstraße vorsieht. Jetzt ist zusätzliche Arbeit von der Verwaltung sowie der Rechtsaufsichtsbehörde, dem Landratsamt (LRA) in Calw, gefragt. Und wiederum viel Geduld von allen.

Lange Vorgeschichte Noch einmal schilderte Bürgermeister Christoph Schaack zu Punkt eins der Tagesordnung der Aprilsitzung des Gemeinderates die „Historie“ vom erstmaligen Aufstellungsbeschluss für das Baugebiet „Höhenstraße – Am Waldrand im Gewann ‚An der alten Linie‘“ im Dezember 2019 bis zur Einreichung des Bürgerbegehrens Mitte März nach Bekanntmachung des neuerlichen Aufstellungsbeschlusses.

Formalien korrekt Die Formalien sind korrekt, wurden von Hauptamtsleiterin Katrin Strauch in Abstimmung mit der Rechtsaufsichtsbehörde akribisch geprüft. Hier die wesentlichen: Der Antrag wurde schriftlich und innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses beim Hauptamt eingereicht, ist richtig im Sinne einer Abstimmung formuliert, von mehr als sieben Prozent der wahlberechtigten Dobler Bürger unterzeichnet und nennt drei Vertrauenspersonen als Antragsvertreter.

Argumente Diese drei Vertrauenspersonen, Ulrich Keller, Roy Kieferle und Gisbert Ruff, waren in der Sitzung anwesend und legten ihre Argumente noch einmal dar. Nicht nur vor dem Rat und der Verwaltung, sondern auch vor etwa 25 weiteren, interessierten Bürgern: den Erhalt wertvoller Waldfläche als Priorität, auch was die Außenwirkung Dobels im Zusammenhang mit dem Prädikat heilklimatischer Luftkurort betrifft. Zugleich der Appell, Innenverdichtung zu intensivieren, Druck zur Bebauung baureifer Grundstücke zu machen und Leerstand abzuschaffen.

Kieferle als langjähriger Gemeinderat betonte in der Sitzung, dass er wisse, wie schwer das Fällen von Entscheidungen manchmal sei.

Ihr spätes Aktivwerden begründeten die drei Redner vor allem damit, dass sie erst nach der Veröffentlichung im vergangenen November in Gesprächen festgestellt hätten, dass die Ablehnung der Gemeinderatspläne größer sei als angenommen. Die Unterschriftenzahl, die nicht ausgereizt war, habe sie selbst überrascht.

Reaktionen Er sei „doch erstaunt“, dass die Bürger „nach dieser langen Zeit“ nun aktiv würden, formulierte es der Bürgermeister. Er erläuterte, wie schwierig Nachverdichtung im Innenbereich ist – Stichwort Obere Bergstraße.

Bei den drei an den Start gebrachten Baugebieten sei man tatsächlich „noch meilenweit davon entfernt“, sie alle zu realisieren. So sei gerade an der Höhenstraße die Waldumwandlung der Knackpunkt. Die Not sei groß, schilderte Gemeinderat Sebastian Stattaus (PD), selbst seit geraumer Zeit auf der Suche nach Haus oder Bauplatz in Dobel.

Tobias Neubauer (FuD) betonte, kein Freund dieses Baugebietes zu sein, gleichzeitig aber den großen Bedarf an Bauland zu sehen. Raimund Ruff (PD) versuchte der Zuhörerschaft zu verdeutlichen, wie bewusst breit das Gremium in die Aufstellungsphase mit gleich drei Baugebieten gegangen war – weil die Erfahrung lehrte, dass am Ende bei Weitem nicht alles realisierbar wird. Das Areal an der Höhenstraße habe den Vorteil, dass der Wald der Kommune gehöre und damit zügiger und kostengünstiger in Bauland umgewandelt werden könnte. Wobei „zügig“ drei bis vier Jahre bedeutet.

Markus Treiber (PD) erklärte sein Problem mit dem Bürgerbegehren: Er habe Zweifel, dass sich jeder Unterzeichner des gesamten Sachverhaltes bewusst sei. Außerdem hätten die Bürger zunächst den direkten Weg zu den Gemeinderäten suchen sollen.

Es sei kein Königsweg gewesen, den sie gegangen seien, den gebe es nicht, gab Vertrauensmann Keller zu ob der ausgelösten Reaktionen: „Der Dobler Bürger sollte jedoch gefragt werden.“

Abstimmungskrimi Hauptamtsleiterin Strauch hatte vom Landratsamt die Vorgabe erhalten, dass für ein Zulassen des Bürgerbegehrens eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen des Rates notwendig ist. Jetzt wird es undurchsichtig: Einerseits ist das Bürgerbegehren gültig zustande gekommen, der Bürgerentscheid müsste also zwangsläufig umgesetzt werden. Trotzdem musste das Ratsgremium aber noch beschließen: Zwei Drittel aller Ratsmitglieder, unabhängig davon, wie viele davon anwesend sind, so die Maßgabe. Das bedeutet bei zwölf Gemeinderäten plus Bürgermeister 8,6 – gerundet neun notwendige Stimmen. Zwei Gemeinderäte fehlten. Zum Glück nicht mehr, wie schlaue Bürger gleich feststellten. Drei Gemeinderatsmitglieder enthielten sich, acht votierten dafür. Eine Stimme zu wenig.

Spezieller Einzelfall

So geht es weiter
Zwar entschied die Verwaltung, das Kurhaus für einen möglichen Bürgerentscheids-Termin am 27. August zu reservieren, aber jetzt wiehert erst einmal wieder der Amtsschimmel: Die Hauptamtsleiterin muss einen Verwaltungsakt erlassen für diesen speziellen Einzelfall, und die Rechtsaufsichtsbehörde wird weiter befinden. Da das Bürgerbegehren formal korrekt und fristgerecht eingereicht wurde, ist es gut möglich, dass das Landratsamt die Zulassung empfiehlt. Falls das so kommt, wandert die Angelegenheit neuerlich in den Gemeinderat. Und so weiter. Es sei nicht ihre Absicht gewesen, weiter zu verzögern oder das Thema gar „im Wust der Gemeindeordnung versacken zu lassen“, kommentierte Vertrauensmann Keller.

Resümee
Der Gemeinderat, das von den Bürgern gewählte Gremium zur Vertretung der Interessen der Bürger, kippt ein basisdemokratisches Mittel seiner Bürger. Die wiederum einen Entscheid ihres von ihnen gewählten Gremiums aufheben lassen wollten. Da gibt es offensichtlich ein Kommunikationsproblem.