Sein großer Traum vom Drehrestaurant im Wasserturm, hinter ihm rechts, wurde nicht wahr für den scheidenden Gemeinderat Lothar König. Lachen kann er trotzdem, sind doch die Straubenhardter Windräder, im Hintergrund links, dank der kräftigen Baumbelaubung kaum mehr zu sehen. Foto: Gegenheimer Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Lothar König seit 48 Jahren im Dobler Gemeinderat / "Arsch in der Hose zeigen"

Am halben Jahrhundert ist er knapp vorbeigeschrammt. 48 Jahre ist Lothar König ununterbrochen Gemeinderat in Dobel. 2019 folgte keine weitere Kandidatur – so absolvierte er jetzt seine letzte Sitzung.

Dobel. Als stets politisch Interessierter hat er bei 17 Wahlen kandidiert: eine erfolgreiche für den Kreistag, drei für den Landtag, davon zwei erfolgreich; zwei für den Bundestag, in den er nicht einziehen konnte; eine nicht erfolgreiche zum Bürgermeister und zehn zum Gemeinderat, allesamt erfolgreich. 20 Jahre lang war er stellvertretender Bürgermeister. Eine beeindruckende Bilanz, auf die der 74-Jährige schon ein bisschen stolz ist. Auch wenn er zum Abschied keinen großen Bahnhof braucht: "Ich hab’s net so mit Ehrungen – da sieht man bloß, wie alt man geworden ist!"

Nur fünf Namen

1971 zog König als knapp 27-jähriger Jungspund in das Dobler Gremium ein. In einer Zeit, als man erst ab 25 Jahren überhaupt ins Amt gewählt werden konnte. "Ich war da Vorsitzender der Sportfreunde", erzählt König, "im Ausschuss beschlossen wir, dem Verein im Gemeinderat eine Stimme zu geben und eine Liste aufzustellen.".

Vier Listen gab es 1971. Jede durfte nur fünf Namen aufweisen, da vor 1975 alle drei Jahre die Hälfte der Räte gewählt wurde. "Ich bin halt reingewählt worden." Schmunzelnd berichtet König, dass er am Ratstisch gegenüber der verdienstreichen Liesel Uttenreuther, Chefin des Hotel Funk, saß: "Die war eine Schulkameradin meiner Mutter!"

Gut findet er, dass es über all die Jahre mit unterschiedlichen Listenanzahlen und –namen nie eine von Parteien geprägte Listenlandschaft in Dobel gab: "Auch keine Fraktionen in dem Sinne", erklärt König weiter, "man hat sich halt bei bestimmten Themen zusammengetan. So wie es auch heute immer mal wieder zum Glück ist."

Einen besonderen Bezug hat er zu Gemeinderatskollege Bernhard Kraft. 44 Jahre lang saßen beide gemeinsam im Rat. "Ich hab den Bernhard damals überredet zu kandidieren." Mancher Satz zu Ratsprojekten beginnt König wie selbstverständlich mit "Der Bernhard und ich...". Und rechnet dem anderen die Loyalität hoch an: Als der studierte Grundschullehrer König 1989 sein Parteibuch von der CDU zu den Republikanern wechselte, stand er vielfach in der Kritik. "Für den Bernhard war das für die gemeinsame Arbeit für Dobel kein Hindernis. Wir standen neun Wahlen lang auf der selben Liste."

Nicht nachtragend

Die beste Zeit als Gemeinderat waren für König seine ersten 20 Jahre unter Bürgermeister Gerhard Westenberger: "Wir waren immer gut im Gespräch miteinander. Was beschlossen wurde, wurde durchgezogen. Kompromisse waren ja nie mein Ding. Man muss schon mal was durchziehen, was weh tut, was teuer ist. Damals hat man Geld in die Hand genommen. So wie für die Kanalisierung. Und die Großbauprojekte wie das Bad." Zugleich gesteht er ein, dass es auch die Zeiten sind, die dies heute nicht mehr so zulassen. "Heute muss man bei einem Bauvorhaben schon Unsummen für Gutachten vorab verbraten. Die Vorschriften sind ausufernd, und einer kann alle anderen blockieren – siehe Bauhof."

Aufregen kann sich König auch über männlich-weiblich-diverse Stellenausschreibungen. "Muss das sein? Wir werden alle zu obrigkeitshörig." Solche Entwicklungen sind für den langjährigen Gemeinderat mit ein Grund aufzuhören. "Aber die größte Katastrophe war für mich der vorzeitige Ausstieg aus dem Widerstand gegen die Straubenhardter Windräder", nimmt König kein Blatt vor den Mund. Er wäre unbedingt noch in die Hauptverhandlung gegangen: "Da hat mir die Konsequenz gefehlt." Sein Alter sei weniger Rücktrittsgrund: "Ich bin immer besser munitioniert", grinst er diebisch, "einstecken kann ich. Das hab ich seinerzeit im Landtag gelernt." Austeilen kann König natürlich auch. Aber vor allem: Er ist nicht nachtragend.

Hohe Wertschätzung

Von den vier Bürgermeistern, die der Gemeinderat König erlebt hat, war die hohe Wertschätzung für Westenberger gegenseitig, der sagt: "Lothar König war da, wo man ihn brauchte. Als Gemeinderat, bei Feuerwehr, Vereinen – bis zur Bütt beim Dobler Fasching."

Über Westenbergers Nachfolger Herbert Jäger sagt König: "Er war ein Schlitzohr. Er und ich – sind nicht so miteinander klargekommen." Zu Wolfgang Krieg, Bürgermeister bis 2014, äußert sich König so: "Menschlich war er einwandfrei, fachlich – weniger bewandert. Er hat viel für den Zusammenhalt der Gemeinde getan. Leider hat er seine vielen Ideen nicht verfolgt bis zum Schluss." Und das amtierende Ortsoberhaupt Christoph Schaack? Nach kurzer Denkpause formuliert König: "Den Stillstand erhalten wir aufrecht mit ihm." Gesteht aber zu, dass endlich das lange ersehnte Großbauprojekt Sporthalle steht.

Künftig heraushalten

Stolz ist der scheidende Gemeinderat über jedes realisierte Projekt, unzufrieden über Offenes wie den im Argen liegenden Ortsstraßenausbau. Ansonsten will König sich künftig heraushalten aus der Lokalpolitik: "Mir wird nichts fehlen. Viele Jahre habe ich meine Urlaube nach dem Gemeinderatskalender ausgerichtet. Jetzt kann ich jederzeit weg. Ich schwätze nicht mehr rein, wenn ich in den Ruhestand gehe. Ich besuche keine Sitzungen mehr. Naja – ich gehe jedenfalls mal davon aus."

Welches politische Erlebnis er in besonderer Erinnerung hat aus seinem nahezu halben Jahrhundert? "1990 hab ich als Gemeinderat gegen Bürgermeister Jäger um das Bürgermeisteramt kandidiert. Ich bin unterlegen. Aber im Nachhinein war es ein genialer Schachzug. Dass ich als Mitglied der Republikaner kandidierte, schlug damals hohe Wellen. Vier Wochen lang hagelte es Leserbriefe. Vorher hatte mich in Calw oder Nagold niemand gekannt. Aber diese durchaus harte Zeit hat mir einen Bekanntheitsgrad beschert, der es mir bei der nächsten Wahl ermöglichte, in den Landtag einzuziehen."

Für die Zukunft wünscht König sich, was er schon in Ratssitzungen immer wiederholt hat: Das Funkareal "nicht für Einzelwohnhäusle vermosten" und im gesamten Ort nachverdichten, bevor im Außenbereich neu erschlossen wird. Und Dinge konsequent durchzuziehen – "Arsch in der Hose zeigen", wie König es auf seine unverwechselbare Art formuliert.