Schätzt den weiten Blick über Dobel nach einem Spaziergang vom Linienweg zum Wasserturm: Altbürgermeister und Ehrenbürger Gerhard Westenberger. Fotos: Gegenheimer Foto: Schwarzwälder Bote

Altbürgermeister Gerhard Westenberger ist stolz auf viele realisierte Projekte

Ehrenwürden hat er bereits jede Menge: Gerhard Westenberger ist bei Vereinen und Verbänden mit Gold ausgezeichnet worden, besitzt die Ehrenbürgerschaft der Fachhochschule Heilbronn und das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland.

Dobel. Dass er nun zum ersten Ehrenbürger Dobels ernannt wurde, empfindet der Altbürgermeister trotzdem als besondere Anerkennung. Auch wegen der Einigkeit in dieser Entscheidung im Gemeinderat.

Von überall her, erzählt der 82-Jährige, kämen Glückwünsche zur Ehrenbürgerschaft. "Manche sagen, das sei 20 Jahre zu spät", lacht Westenberger – und freut sich einfach. Mehr als 56 Jahre ist es her, dass er mit 25 Jahren zum damals jüngsten Bürgermeister im Ländle gewählt wurde.

Nach einer soliden sechsjährigen Ausbildung und erfolgreich absolvierter Prüfung frisch gebackener Inspektor im gehobenen Verwaltungsdienst, war für den gebürtigen Heilbronner klar: "Ich möchte Gemeinde gestalten und Bürgermeister werden."

Sach- und Fachkenntnis

Im Nordschwarzwald war die Stelle für Dobel ausgeschrieben und "weil ich in Freudenstadt Verwandtschaft habe, war mir die Gegend nicht unbekannt", erinnert sich Westenberger. Jung verheiratet ging es mit Ehefrau Sigrid nach Dobel, das sich beim ersten Besuch von seiner besten Seite zeigte: "Es war Juni, alles blühte, der Kurbetrieb war lebhaft."

Als akribischer wie professioneller Arbeiter bewarb sich Westenberger jedoch nicht ins Blaue, sondern fertigte sich zuallererst eine detaillierte "Eröffnungsbilanz" mit allen wesentlichen Stärken und Schwächen "seiner" künftigen Gemeinde. Die Dobler schenkten dem jungen Bürgermeister bereits im ersten Wahlgang ihr Vertrauen. Auch wenn es durchaus "Mutproben" gab, wie er es heute formuliert: "Da sagte schon mal ein altgedienter Gemeinderat zu mir: Was wollen Sie, ich könnte Ihr Großvater sein!" Mit Sach- und Fachkenntnis habe er das Vertrauen der Dobler gewonnen. Seine Wortgewandtheit half dabei ebenso wie die Bereitschaft zur Diskussion. Eigenhändig schrieb er sämtliche Sitzungsprotokolle des Gemeinderats, besitzt heute einen umfangreichen Schatz an Detailinformationen auch aus seinem damals geführten Kalendertagebuch, aus Zeitungsausschnitten und Briefwechseln zu Dobler Belangen. "Das werde ich alles einmal dem Archiv übergeben", stellt der Altbürgermeister in Aussicht.

Mehr als drei Amtsperioden beziehungsweise 28 Jahre war Westenberger Rathauschef in Dobel. Auf viele realisierte Projekte ist er stolz. Der Waldfriedhof, das Kurhaus, die Verleihung des Prädikats "Heilklimatischer Kurort", das Gewerbegebiet. Das 1979 eröffnete Parkhallenbad war seinerzeit ein großer Coup. Dass er auch Niedergang und Abriss miterleben musste, war nicht einfach für Westenberger. Als Realist sagt er aber: "Wir haben uns damals gründlich verzockt. Die Entwicklung der Energiepreise machte den dauerhaft wirtschaftlichen Betrieb unmöglich." Wurde Westenberger 1970 noch mit überwältigender Mehrheit bei trotz fehlendem Gegenkandidaten hoher Wahlbeteiligung im Amt bestätigt, wehte ihm 1982 ein strenger Wind entgegen. Eine Gemeinderatsgruppe hatte sich gegen ihn formiert, ein Gegenkandidat für die Wahl verpasste den Einzug ins Rathaus nur um 23 Stimmen. Westenberger lenkte weitere acht Jahre die Geschicke der Höhengemeinde. Die Ansiedlung der Waldklinik war ein Meilenstein: "Auch wenn das damals mit nur einer Stimme Mehrheit – nämlich meiner – durch den Gemeinderat kam."

Massiver Widerstand

Mit größtem Stolz sieht der seinerzeitige Rathauschef auf den Erwerb des alten Pfarrhauses und Umbau zum Rathaus 1987, wofür er sich mit allen verfügbaren Mitteln einsetzte. Dazu kam der Erwerb der Pfarrscheuer von der Kirchengemeinde und ihre Sanierung. "Die Scheuer war eine echte Rumpelkammer, das Kleinvieh des Pfarrers stand da drin", erinnert sich Westenberger. Heute ist das Rathausensemble mit Kirche und Grundschule ein echter Hingucker und Schmuckstück der Dorfmitte: "Damit konnte ich Dobel ein Gesicht geben."

Die meisten Nerven hingegen kostete Westenberger der "Park Club Dobel", ein im heutigen FFH-Gebiet Klötzbuckel, also am Ortseingang von Dennach her, wo die Sonnenloipen am Loipentor beginnen, geplantes Kur- und Sporthotel-Großprojekt. In den 1980er-Jahren von privaten Investoren projektiert, scheiterte es letztlich am massiven Widerstand aus Teilen des Gemeinderates sowie an über die Verzögerungszeit zunehmend steigende Kosten.

Eine vertane Chance für den Dobler Tourismus, bedauert Westenberger, der der touristischen Entwicklung seiner Gemeinde stets hohe Priorität einräumte. Dass Dobel auch nach Beendigung seiner Amtszeit 1990 sein Lebensmittelpunkt sowie der der Familie blieb, stand für ihn außer Frage.

In Fremdenverkehrs- und Heilbäder-Organisationen war er im Rahmen seiner Tätigkeit für den Gemeindetag weiter aktiv, hatte im Bereich Tourismus Förderer landes- und bundesweit. Enge Wegbegleiter seines politischen Lebens in Dobel, zu denen sich persönliche Bezüge entwickelten, erzählt Westenberger, waren Gisela und Hans Ruland (Ruland-Kliniken) oder auch Luise "Liesl" Uttenreuther vom Hotel Funk, um nur einige zu nennen. Sowie Gemeinderäte seiner Ära. Mit Georg Bunz, Lothar König oder Bernhard Kraft tauscht er sich nach wie vor gerne aus. "Nicht zu vergessen Karl-Heinz Ruff! Auch wenn wir nur einige gemeinsame Jahre hatten." Und dann fügt der Altbürgermeister an: "Und bauen Sie unbedingt Jürgen Gall ein, den heutigen Kämmerer. 1986 habe ich ihn eingestellt. Ein absolut wertvoller Mitarbeiter."

Was Westenberger weiterhin in Dobel gehalten hat, war und ist seine Vernetzung in den Vereinen. Tennisclub und Schwarzwaldverein hat er mit begründet, war viele Jahre dessen Vorsitzender. Er war natürlich im Förderverein "Parkhallenbad" und aktiver Sänger im "Liederkranz".

"Heute ist Dobel ein Mischbetrieb geworden", zieht Westenberger vorsichtig Bilanz, "das Zusammenleben in der Wohngemeinde funktioniert. Das vorhandene Gewerbe ist gesund." Für den Tourismus würde er sich wünschen, dass "das Prädikat ›Heilklimatischer Kurort‹ erhalten bleibt und man jeden Versuch macht, wenigstens einen neuen Hotelbetrieb anzusiedeln."

"Dass Bad Wildbad heute einen Baumwipfelpfad hat und Dobel nicht", bedauert der Altbürgermeister und rät, Augen und Ohren offen zu halten für interessante neue Dinge. Um dann zuzugreifen und auch mal ein Risiko einzugehen. Für Dobel.