1,8 Millionen Menschen sind alkoholabhängig. (Symbolfoto) Foto: dpa

Fünfteilige Serie beleuchtet Angebote der Fachstelle Sucht. Überblick im ersten Teil.

Calw - Ob Alkohol, illegale Drogen oder Glücksspiel – Suchtkrankheiten haben viele Gesichter. Beinahe ebensoviele Gesichter haben aber auch die Hilfsangebote der Fachstelle Sucht in Calw. In unserer fünfteiligen Serie stellen wir Ihnen einige davon vor. Teil eins: ein Überblick.

"Nach repräsentativen Studien (insbesondere Epidemiologischer Suchtsurvey 2015) rauchen 14,7 Millionen Menschen, 1,8 Millionen Menschen sind alkoholabhängig und Schätzungen legen nahe, dass 2,3 Millionen Menschen von Medikamenten abhängig sind. Rund 600.000 Menschen weisen einen problematischen Konsum von Cannabis und anderen illegalen Drogen auf und gut 500.000 Menschen zeigen ein problematisches oder sogar pathologisches Glücksspielverhalten. Auch eine exzessive Internetnutzung kann zu abhängigem Verhalten führen: Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland etwa 560.000 Menschen onlineabhängig sind."

Ein Textabschnitt, der auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit zu finden ist – und der erschreckend deutlich macht, dass es sich bei Suchtkrankheiten in Deutschland keineswegs um gesellschaftliche Randerscheinungen handelt. Doch es gibt auch Hilfe.

Die Fachstelle Sucht Calw, die ihre Hauptstelle in der Hesse-Stadt hat, hält hier eine breite Angebotspalette bereit, die nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch Angehörigen, Kollegen, Vorgesetzten oder Betriebsräten offen steht. Träger der Einrichtung ist der baden-württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation.

Beratung

Was tun, wenn man selbst, Verwandte oder Freunde süchtig oder suchtgefährdet sind? Diese und viele weitere Fragen beantworten die Mitarbeiter der Fachstelle Sucht. Dazu zählen unter anderem auch eine erste Beratung für Menschen, die wegen Alkohol oder Drogen den Führerschein verloren haben sowie Hilfe mit Krankenkassen- oder Versicherungsangelegenheiten. Nicht zuletzt dürfen sich auch Schüler melden, die Informationen für Referate oder Ähnliches brauchen. Case Management (Lotsenfunktion) Ein weiteres Angebot ist die Vermittlung und Weiterleitung von Betroffenen. Die Fachstelle Sucht hilft beispielsweise dabei, eine Reha zu beantragen, schlägt Therapien vor, unterstützt die Betroffenen dabei, benötigte Unterlagen zu sammeln, und verhandelt bei Bedarf mit Kostenträgern oder Therapieeinrichtungen.

Therapie

Neben den Beratungsangeboten besteht auch die Möglichkeit, bei der Fachstelle Sucht selbst eine Therapie zu beginnen. Die Einrichtung ist eine von der Deutschen Rentenversicherung und den Krankenkassen anerkannte Rehabilitationsstelle und hat somit den selben Status wie eine große Rehaklinik. Sowohl in Calw als auch in Nagold ist es möglich, sich in eine ambulante Behandlung zu begeben, die in der Regel zwischen sechs und 18 Monaten dauert.

Nachsorge

Ambulante Therapien sind nicht für alle Betroffenen geeignet, manchmal ist auch eine stationäre Unterbringung nötig. Die Fachstelle Sucht bietet hierfür eine Nachsorge an. Damit soll der Wiedereinstieg in den Alltag erleichtert werden. In erster Line geht es darum, den Suchtkranken zu helfen, nicht in alte Muster zurückzufallen und das in der Reha Erlernte im "echten" Leben umzusetzen.

Prävention

Die Fachstelle Sucht agiert aber nicht nur dann, wenn bereits Unterstützung notwendig wird. Ein wichtiger Teil ihrer Aufgaben erstreckt sich auch auf Aufklärung und Prävention, unter anderem in Schulen, Betrieben und sozialen Einrichtungen wie Jugendhäusern.

Soziale Trainingskurse

Speziell für junge Menschen bis zum Alter von 21 Jahren, die aufgrund von (Bewährungs-)Auflagen zur Fachstelle Sucht kommen und meist bereits mehrfach straffällig geworden sind, ist der Kurs "Realize it" (zu deutsch etwa: "Mach es dir bewusst") gedacht. Zwei Mal im Jahr – ein Mal in Calw, ein Mal in Nagold – lernen sie dort, sich mit ihrem Suchtverhalten auseinanderzusetzen.

Psychosoziale Begleitung von Substituierten

Nicht zuletzt finden auch Opiatabhängige Unterstützung bei der Fachstelle Sucht. Menschen, die über einen Arzt mit einem Ersatzmittel versorgt werden (Substitutionsprogramm), haben häufig die Auflage, sich in einer Drogenberatungsstelle psychosozial begleiten zu lassen.

Weitere Arbeitsbereiche  

Die Fachstelle Sucht unterhält neben der Hauptstelle in Calw Außenstellen in Nagold und Calmbach.  Die Einrichtung organisiert auch Fachtagungen und Fachgespräche, um die Behandlungsqualität zu fördern.  Es bestehen Kooperationen mit anderen sozialen Diensten wie der Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe oder dem Integrationsfachdienst.  Ferner gibt es acht eigene Selbsthilfegruppen in Calw, Nagold und Calmbach. Die Gruppenleiter werden von den hauptamtlichen Mitarbeitern unterstützt.  Die Fachstelle Sucht leitet und/oder beteiligt sich an verschiedenen Netzwerken wie dem Kommunalen Suchthilfenetzwerk oder der Initiative Burnout Nordschwarzwald.