Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Sanierung dringend nötig

Das Fachwerkgebäude in der Bischofstraße mit der Hausnummer 62 ist in einem desolaten Zustand. Davon machte sich der Calwer Bau- und Umweltausschusses vor seiner jüngsten Sitzung selbst ein Bild. Nun soll das Gebäude, das sich im Besitz der Stadt befindet, verkauft werden.

Calw. Zwei Mal ist das Kunststück in den vergangenen Jahren gelungen: Mit dem Haus Reichert (2011) an der Nikolausbrücke sowie dem Steinhaus (2014) in der Bischofstraße wurden zwei ehemals städtische Gebäude von einem privaten Investor erworben und sowohl außen als auch innen komplett saniert. In beiden Fällen war der Leonberger Bauunternehmer und Restaurierungsexperte Johannes Haag am Werk. Der könnte nun eine weitere Chance Calw bekommen – wer er es wollte.

Denn das unter Denkmalschutz stehende Gebäude Bischofstraße 62 soll zu einem Mindestgebot von einem Euro zum Verkauf ausgeschrieben werden. Das beschloss der Bau- und Umweltausschuss am Donnerstagabend bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung. Sobald Angebote für das Haus vorliegen, soll darüber nochmals beraten werden.

Hintergrund ist der marode Zustand des Fachwerkgebäudes, von dem sich das Gremium vor der Sitzung selbst überzeugen konnte. Denn was von außen nicht direkt zu sehen ist, tritt im Inneren deutlich zu Tage: Im Boden der verschiedenen Stockwerke klaffen große Löcher; Wände, Decken, Bäder und Küchen brauchen müssen dringen saniert werden.

Um die Sicherheit des Gebäudes weiter gewährleisten zu können, sind dringend Erhaltungsmaßnahmen erforderlich.

Aus wirtschaftlichen Gründen – namentlich wegen der angespannten Finanzlage der Stadt – entschied der Ausschuss sich daher, die Mammutaufgabe nicht selbst zu übernehmen, sondern einen Investor zu suchen.

Grundstück könnte deutlich wertvoller als Gebäude sein

Udo Raisch regte noch an zu prüfen, ob das Haus nicht auch aus dem Denkmalschutz genommen und abgerissen werden könnte. Wenn der Tunnel komme, sei das Grundstück dann sicher wertvoll. Dies stieß im Gremium jedoch nicht auf Gegenliebe – zumal Eggert erklärte, sollte die Suche nach einem Investor scheitern, könne ein Abriss noch immer geprüft werden.

Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude Bischofstraße 62 wurde 1773 als Wirtschaft "Zur Sonne" von Johann Jakob Keller errichtet. 1774 kaufte Josef Zahn, Teilhaber der Zeughandelskompagnie, das Haus. In ihm wohnten verschiedene Mitglieder dieser Familie, der Arzt Johann Georg Zahn und der Jurist, Landtagsabgeordnete und Schriftsteller Christian Jacob Zahn. Nach seinem Tod 1830 erwarb die Schönfärber-Familie Federhaff das Gebäude. Später gelangte das Haus an die Firma Schill und Wagner und die Vereinigten Deckenfabriken. Die Stadt Calw erwarb das Haus im Jahr 1985, um dort Asylbewerber unterzubringen. Dies war bis 2004 der Fall.

Das dreigeschossige Fachwerkhaus mit ziegelbedecktem Satteldach bildet das nördliche Ende der Reihe von Fachwerkhäusern in der Bischofstraße.

Das städtische Fachwerkgebäude mit der Adresse Bischofstraße 62 in Calw scheint am Ende zu sein. Nur millionenschwere Investitionen können das knapp 250 Jahre alte Haus noch retten – Investitionen, die sich die Stadt nicht leisten kann. Insofern ist es vernünftig, das Gebäude zum Verkauf auszuschreiben. Und lobenswert, dass der Bau- und Umweltausschuss sich darum bemüht, das geschichtsträchtige Haus zu erhalten. Selbst vor dem Hintergrund, dass die Stadt einen erklecklichen Betrag für das frei werdende Grundstück einheimsen könnte, statt des zu erwartenden Erlöses von einem Euro für das marode Bauwerk. Eine Entscheidung, die jeden Cent wert ist. Der Charme einer Stadt misst sich schließlich auch an ihrem Erscheinungsbild im Ganzen. Und dazu tragen in Calw nun Mal in hohem Maße die schützenswerten Fachwerkgebäude bei.