Durchaus umstritten – aber auch das Schild Auguste-Supper-Str. bleibt. Foto: Verstl Foto: Schwarzwälder-Bote

Straßenschilder: NS-belastete Namen werden mit Informationen vorsehen / Mehrheit für Empfehlung

Der Calwer Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Donnerstagabend einen Schlussstrich unter die Diskussion über NS-belastete Straßennamen gezogen. Vorerst wenigstens.

Calw. Das Gremium hat sich jedenfalls dafür ausgesprochen, dass die Namen von Heinz Schnaufer, Paul von Hindenburg und Otto Göhner nicht von den Straßenschildern, die ihnen gewidmet sind, verschwinden sollen. Und sogar die Auguste-Supper-Straße wird es weiterhin geben. Obwohl das durchaus umstritten war. Elf Gemeinderäte hatten dafür gestimmt, dass wenigstens die vom NS-Regime geehrte, extrem nationalistische Schriftstellerin, die zeitlebens nicht von ihrer Bewunderung für das Dritte Reich und seine Führung abließ, in der Versenkung verschwindet.

Noch weiter gegangen

Gremiumsmitglied Florian Fuchs war sogar noch weiter gegangen: "Supper und Hindenburg, das waren seinerzeit Täter und keine Mitläufer." Überwiegend aber rieb sich die Diskussion in diesem Zusammenhang an der bekennenden Hitler-Verehrerin Supper. "Wer von den Personen, um die es hier geht, hat gegen die Menschenrechte verstoßen?", wollte Adrian Hettwer wissen. "Ganz klar Auguste Supper", kam die Antwort von Irmhild Mannsfeld. "Und sie hat auch 18 Jahre nach dem Krieg die NS-Ideologie noch verherrlich", merkte Ralf Recklies an.

Aber es gab am Donnerstagabend ja nicht nur Stimmen, die mit Auguste Supper nichts mehr zu tun haben wollten. "Hier geht es nicht um eine Ehrung, Das haben seinerzeit unsere Vorvorgänger getan, als sie im Jahr 1963 die Straße so benannten. Hier sollte die Auseinandersetzung mit der Person im Vordergrund stehen. Und das kann nicht geschehen, wenn sie nicht im Bewusstsein bleibt", meinte beispielsweise Dieter Kömpf. So sahen das auch 16 andere Mitglieder des Gremiums und stimmten für den Beschlussvorschlag eines aus historisch interessierten und lokalpolitisch engagierten Bürgerinnen und Bürgern gebildeten Arbeitskreises.

Damalige Beschlüsse

Mit der Folge, dass die genannten Schilder nicht nur bleiben, sondern mit aufklärenden Texten und einem QR-Code versehen werden, der weitergehende Informationen zu den Personen und den damaligen Beschlüssen des Gemeinderates vermittelt.

Zum Beispiel, dass Heinz-Schnaufer Luftwaffenoffizier der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg war, Paul von Hindenburg Offizier und Politiker, der 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannte, und Otto Göhner Calwer Stadtoberhaupt von 1933 bis 1945.

"Nun schauen wir, geblendet, doch bereit, ins Morgenrot von Deutschlands größter Zeit. Der Retter, der ihr Bahn brach, sei gesegnet! In seinem Kommen ist uns Gott begegnet." So lautet die letzte Strophe des Gedichts von Auguste Supper "Der Retter". 1939 hat sie dieses anlässlich dessen 50. Geburtstags niemand anderem als Adolf Hitler gewidmet.

Und ausgerechnet dieser Frau, die – 1867 zwar in Pforzheim geboren wurde – aber in Calw aufgewachsen ist, widmet die Stadt in Alzenberg eine Straße? Und will das auch weiterhin tun? Einer Schriftstellerin, deren frühe Arbeiten schon von einem entschiedenen Antikatholizismus sowie von völkischen, antisemitischen und kriegsverherrlichenden Tendenzen geprägt waren? Und die nicht nur Teil des verbrecherischen NS-Systems war, sondern dieses auch unterstützt und Hitler Gott gleichgestellt hat?

Kein Wunder, dass bei der Diskussion über NS-belastete Straßennamen in Calw die Frage aufgekommen ist, ob die Schriftstellerin auf diese Art und Weise weiter geehrt werden darf. Wie jetzt auch in der Sitzung des Gemeinderats. Das Abstimmungsergebnis war knapp: Elf Gremiumsmitglieder sprachen sich dafür aus, den Namen zu streichen, 17 waren für die Beibehaltung.

Nicht, dass jetzt jemand davon ausgeht, dass den Befürwortern nicht bewusst ist, welch verheerende Auswirkungen dieses geistige Schaffen seinerzeit gezeitigt haben dürften. Und dass die Stadt auf diese Weise die zu Recht umstrittene Schriftstellerin immer noch wirklich würdigen will. Das hat nur – aus welchen Gründen auch immer – 1963 das damalige Ratsgremium getan, als die Hitler-Verehrerin schon acht Jahre begraben war. Übrigens einstimmig.

54 Jahre später ist es aber immer noch notwendig, sich mit Personen von damals auseinanderzusetzen, die dazu beigetragen haben, dass all das Schlimme geschehen konnte. Und das kann nicht stattfinden, wenn dies aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwindet. So gesehen ist es nachvollziehbar, dass die Alzenberger Auguste-Supper-Straße nach dem Willen der Gemeinderatsmehrheit bleiben soll. Wie übrigens auch die Otto-Göhner-Straße auf dem Wimberg, die Heinz-Schnaufer-Straße in Heumaden und die Hindenburgstraße in Calw, benannt nach dem früheren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg.

Der Gemeinderat hatte bei diesen Straßennamen, die ebenfalls zur Disposition standen, weniger oder gar keine Probleme, sich so zu entscheiden. Aber auch deren Straßenschilder sollen jetzt mit Hinweisen auf die Person und deren Tun damals versehen werden. Mit ihnen kann sich ja jeder auseinandersetzen, wie er will.

Trotzdem kann sich die in der Gemeinderatssitzung unterlegene Minderheit, die sich nachvollziehbarer Weise fast ausschließlich an Auguste Supper gerieben hat, irgendwie als Sieger fühlen – wenn die Diskussion über die Calwer NS-Vergangenheit differenziert weitergeführt wird.

In Volkshochschul-Veranstaltungen. Oder aber bei der kommunalpolitischen Diskussion selbst, wenn es darum geht, bei der Ausweisung weiterer Baugebiete neue Straßennamen festzulegen. Man könnte ja einmal an NS-Gegner und -Opfer denken, die mit Calw zu tun hatten, wie dies Rainer Hofmann vorschlug. Das wäre auf jeden Fall auch ein deutliches Zeichen.