Die Flüchtlingsunterbringung kostet den Landkreis Millionen. Dazu gehört auch der Umbau des ehemaligen Waldhotels in Nagold-Gündringen. Foto: Fritsch

Flüchtlingsunterbringung Mammutaufgabe für Landkreis. 2016 14 Millionen Euro netto Schulden aufnehmen.

Kreis Calw - Der Landkreis hat mit der Flüchtlingsunterbringung eine Mammutaufgabe zu schultern, muss deswegen 2016 14 Millionen Euro netto Schulden aufnehmen. Trotzdem will die Mehrheit im Verwaltungsausschuss des Kreistags die Kreisumlage massiv senken.

Vor zwei Monaten hatte Landrat Helmut Riegger seine Pläne für den Kreishaushalt 2016 vorgestellt. Angesichts der großen Aufgaben bei der Flüchtlingsunterbringung kündigte er an, die enormen Ausgaben auf diesem Sektor nicht mit einer Erhöhung der Kreisumlage, sondern über eine Nettoneuverschuldung von 14 Millionen Euro finanzieren zu wollen.

Von einer Erhöhung der Kreisumlage kann nach der Sitzung des Verwaltungsausschusses des Kreistags nun keine Rede mehr sein. Selbst eine Beibehaltung der aktuellen Kreisumlage scheint jetzt vom Tisch. Eine Mehrheit aus Freien Wählern und CDU hat in der Sitzung einen Beschluss durchgesetzt, der dem Kreistag empfiehlt, die Kreisumlage deutlich zu senken – von derzeit 33,4 Punkten auf dann 32,6 Punkte. Das würde Mindereinnahmen des Landkreises in Höhe von 1,4 Millionen Euro bedeuten.

"Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen"

Assistiert von seinem Kämmerer Albrecht Reusch versuchte Landrat Helmut Riegger die beiden großen Fraktionen von dieser Idee wieder abzubringen. "Wir haben in diesem Haushalt und mit dieser Kreisumlage keine Luft eingeplant", mahnte er die Räte. "Und wir erhöhen die Ausgaben auch nicht vorsichtshalber. Wir haben einfach diese riesigen Ausgaben." Jetzt die Kreisumlage zu senken sei ein Ding der Unmöglichkeit. "Einem nackten Mann kannst du nicht in die Tasche greifen", argumentierte Riegger. Wenn Mitte des nächsten Jahres klar sei, dass der Kreis – etwa durch die angekündigte Spitzabrechnung der Flüchtlingskosten durch das Land – finanziell besser dastehe als erwartet, dann sei er gerne bereit, die Kommunen davon profitieren zu lassen.

Mit dieser Argumentation biss er bei Volker Schuler, Fraktionschef der Freien Wähler, der die Senkung als Erster ins Spiel gebracht hatte, und CDU-Fraktionschef Jürgen Großmann allerdings auf Granit. Die Haushaltssituation sei nicht so dramatisch wie von Landrat Riegger geschildert, postulierte Großmann. Land und Bund würden die Kreise in Sachen Flüchtlingskosten nicht hängen lassen, so Großmann weiter. Daher sei davon auszugehen, dass sich die 14 Millionen Euro Schulden in Zukunft refinanzieren ließen. Darüber hinaus seien die Ergebnisse des Kreishaushalts stets besser als die Planungen ausgefallen: "Das Ergebnis 2015 wird so gut sein, dass der Kreis genug finanzielle Luft haben wird und dass sie sich auf die Absenkung um 0,8 Punkte einlassen können. Der Haushalt ist finanzierbar", sagte Großmann in Richtung von Landrat Riegger. "Wir bauen Ihnen hier eine Brücke, über die sie getrost gehen können."

Als Begründung für die Absenkung nannte der CDU-Fraktionschef die große Welle an Aufgaben, die auf die Städte und Gemeinden zurolle. Die Absenkung der Kreisumlage sei als Zeichen der Solidarität und Unterstützung des Kreises in Richtung der Kommunen zu verstehen. Ein Zeichen, dass man sie nicht hängen lasse.

Die Fraktionsvorsitzenden der drei kleinen Fraktionen stärkten dem Kreischef in dieser Sache demonstrativ den Rücken. SPD-Fraktionschef Rainer Prewo ging gar zum Angriff auf die beiden großen Fraktionen über. Man habe in den Vorberatungen im Arbeitskreis Haushalt hart gerungen, um den Landrat von einer Erhöhung der Kreisumlage abzubringen und sich auf ein Einfrieren des Satzes zu verständigen. Nach diesen Verhandlungen habe sich bei alle Beteiligten ein "Erfolgsgefühl" eingestellt. Wenn Freie Wähler und CDU sich "jetzt noch eine Scheibe abschneiden" wollten, dann sei das "nicht in Ordnung", die gelieferten Argumente für die Absenkung nur "Scheinargumente". Vielmehr sollte man die Entwicklung auf dem Flüchtlingssektor zunächst einmal abwarten, "und wenn wir da besser rauskommen als erwartet, können wir immer noch nachsteuern", schlug der langjährige Nagolder Oberbürgermeister und Ex-Landtagsabgeordnete vor.

Schwarz: Die Statik der CDU-Brücke ist nicht gegeben

In die gleiche Kerbe hieb auch der Grünen-Fraktionschef Johannes Schwarz, der eine Absenkung angesichts der großen Risiken, gerade bei der Flüchtlingsunterbringung, für "nicht sinnvoll" hielt. Die Statik der Brücke, die CDU und Freie Wähler dem Landrat da bauten, sei einfach nicht gegeben, sagte der Architekt aus Calw. Auch FDP-Fraktionschef Karl Braun warnte vor den Risiken einer Absenkung, die in der Zukunft zu großen Problemen im Haushalt führen dürften. Landrat und die kleinen Fraktionen konnten sich trotzdem nicht durchsetzen. Der Verwaltungsausschuss empfahl dem Kreistag mit den Stimmen von CDU und FWV die Absenkung der Kreisumlage um 0,8 Punkte.