Bei der Ortschaftsratswahl in Hirsau wird nur die Liste der Freien Wähler zur Auswahl stehen. (Symbolfoto) Foto: Anspach

CDU und SPD in Stammheim, Altburg sowie Hirsau nicht als Vorschläge zugelassen.

Calw - Nur noch sechs Wochen, dann sind Kommunalwahlen. In den Stadtteilen Altburg, Stammheim und Hirsau wird es zumindest bei den Ortschaftsratswahlen jedoch nicht viel zu wählen geben. Denn die CDU und die SPD werden dort als Wahlvorschläge nicht zugelassen.

Als die Mitglieder des Gemeindewahlausschusses im Besprechungszimmer des Oberbürgermeisters Ralf Eggert eintreffen, wissen sie noch nicht genau, wieso sie noch einmal zu einer Sitzung einberufen wurden. Lediglich von einer "Nachprüfung der eingegangenen Wahlvorschläge zur Wahl des Gemeinderats und der Ortschaftsräte am 26. Mai 2019 und Beschlussfassung über die Zulassung oder Zurückweisung der Wahlvorschläge" ist in der Einladung die Rede. Dass es sich dabei keinesfalls um eine reine Formalität ohne Konsequenzen handelt, dürfte den meisten zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar sein.

Spätestens eine Stunde später wissen aber alle: Es sind einschneidende Entscheidungen, die es zu treffen galt. Denn weder in Stammheim und Altburg noch in Hirsau werden die SPD und die CDU mit ihren Listen zu den Ortschaftsratswahlen am 26. Mai zugelassen.

Gründe gibt es zweierlei: In zwei Fällen bei der SPD und einem bei der CDU sind weniger als drei Parteimitglieder zur Aufstellungsversammlung der Listen erschienen. Erst ab drei Personen gilt eine Versammlung jedoch rechtlich gesehen als solche. Dementsprechend weise der Wahlvorschlag Mängel auf und könne nicht zugelassen werden. "Das ist einfach Gesetz", sagt OB Eggert. Und da macht das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) auch keine Ausnahmen.

In zwei Fällen bei der CDU und einem bei der SPD haperte es daran, dass nicht wahlberechtigte Mitglieder die Niederschriften unterzeichnet haben – also solche, die nicht aus dem betreffenden Stadtteil stammen. Laut des RPs ebenfalls ein Mangel, mit derselben Konsequenz.

Den Mitgliedern des Calwer Gemeindewahlausschusses blieb nichts anderes übrig, als dem Ausschluss der Wahlvorschläge zuzustimmen – zwar mit einigen Enthaltungen und "zähneknirschend", so Eggert – aber eben doch eindeutig. "Die Kommune kann da nichts machen", sagt das Stadtoberhaupt.

Doch was bedeutet das jetzt für die Ortschaftsratswahlen? In Stammheim bleiben noch die Wahlvorschläge der Neuen Liste Calw (NLC), Gemeinsam für Calw (GfC) und der Freien Wähler (FW). In Altburg die Altburger Wähler – die übrigens erst entstanden sind, weil es eine vergleichbare Situation schon einmal gegeben hatte – die NLC und die FW. Anders sieht es hingegen in Hirsau aus: Dort werden voraussichtlich nur noch die FW zur Wahl stehen.

Andere Rechtsauffassung als Regierungspräsidium

"Da freut sich natürlich keiner drüber", sagt Marion Buck, Fachbereichsleiterin Steuerung und Service. Vor allem in der CDU sei man enttäuscht über die Handreichung, die verteilt wurde. Denn dort sei nicht einmal das Wort "Ortschaftsrat" vorgekommen, dementsprechend auch kein Hinweis darauf, dass nur Leute aus den entsprechenden Stadtteilen wahlberechtigt seien. Wenn ein Wahlvorschlag dann wegen so etwas ausgeschlossen werde, "ist das natürlich bitter", findet Eggert. "Das tut einem in der Seele weh." Dass jedoch eine Versammlung erst ab drei Mitgliedern als solche gilt, hätte von vorneherein klar sein müssen, betont der OB. Dennoch: "Wir haben bis zum Schluss versucht, eine andere Rechtsauffassung hinzubekommen." Die Auffassung des RPs sei aber klar. Nichts zu machen also?

Weder die CDU noch die SPD wollen sich damit zufriedengeben. "Das Ganze wird gerade eingehend geprüft", sagt Ricarda Becker, Stadtverbandsvorsitzende der CDU Calw, in einer ersten Stellungnahme. Gegebenenfalls wolle man Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen. "Für uns ist die rechtliche Grundlage nicht eindeutig." Man sei im Austausch mit der SPD, die sich mit denselben Gedanken trage. Besonders frustrierend: Es sei laut Becker ohnehin schon schwierig, Kandidaten zu finden. Ein derartiger Vorfall wird das in Zukunft wohl nicht leichter machen.

"Wir sind entsetzt von der ganzen Geschichte", meint auch Renato Fontes, Vorsitzender des Calwer SPD-Ortsvereins. Man habe die Unterlagen eine Woche vor der "Deadline" abgegeben und sei dann nur wenige Stunden vor der Sitzung des Gemeindewahlausschusses über die Mängel informiert worden. "Das ist nicht in Ordnung, wie das gelaufen ist." Durch die Unterschriften der Mitglieder in der Niederschrift attestiere man lediglich, dass die Wahl korrekt lief – ob das nun Mitglieder aus der jeweiligen Ortschaft seien oder nicht. Der Vorsitzende bedauere sehr, wie alles gelaufen sei. "Wir wollen uns natürlich rechtskonform verhalten", bekräftigt Fontes. Die Calwer SPD vertrete jedoch eine andere Rechtsauffassung als das RP: "Und wir werden dafür kämpfen, dass das gewürdigt wird." Zumal Fontes die Demokratie gefährdet sieht, wenn die Bürger in den drei Stadtteilen nur noch eine so beschränkte Auswahl haben.

Dass sich Kandidaten sozusagen frei, also ohne Parteibindung, zur Wahl stellen, ist nicht mehr möglich, erklärt Buck. Das sei zwar prinzipiell denkbar, jedoch hätte man die Mängel dafür früher bemerken müssen. Die Bewerbungsfrist ist vorbei. Nun gilt es in die Zukunft zu schauen.

"Wie kann man so etwas künftig vermeiden?", fragt ein Mitglied des Gemeindewahlausschusses. "Das passiert nie wieder", ist sich Eggert sicher. Bestätigt aber, dass das Verfahren vor der Wahl durchaus sehr kompliziert sei. "Es ist mit vielen Fallstricken versehen", meint er. Danach richten müsse man sich trotzdem.