Die Benennung der Auguste-Supper-Straße erfolgte erst 18 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs. Foto: Verstl

Adolf Hitler und Paul von Hindenburg 2014 noch in Ehrenbürgerliste. Ausgangspunkt der Diskussion.

Calw - Soll man Straßennamen, die nach Personen benannt sind, die mit der NS-Zeit in Verbindung stehen, umbenennen? Ein Gesprächskreis Calwer Bürger spricht sich weitgehend für die Beibehaltung aus.

Der Ausgangspunkt der Diskussion liegt im Jahr 2014, als die Stadt feststellte, dass Adolf Hitler und Paul von Hindenburg noch in der Ehrenbürgerliste stehen. Nachdem die Namen gestrichen wurden, stellte sich für Oberbürgermeister Ralf Eggert die Frage, ob dann nicht die Hindenburgstraße umbenennt werden müsste.

Eine ertragreiche, kontroverse und sachliche Diskussion

Darüber hinaus gibt es mit Otto Göhner, Calwer Bürgermeister von 1918 bis 1946, Heinz Schnaufer, Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg, und der Schriftstellerin Auguste Supper noch weitere NS-belastete Straßennamen. Wie damit zu verfahren ist, damit setzte sich ein Gesprächskreis von zehn Calwer Bürgerinnen und Bürgern auseinander. Nachdem ein Aufruf durch die Stadt nicht die erwünschte Resonanz brachte, wurde geschichtlich interessierte Bürger gezielt angesprochen. Der Kreis setzte sich aus Personen zusammen, die in Calw leben, mit der Geschichte vertraut sind und politisch durchaus unterschiedlichen Lagern angehören.

Stadtarchivar Karl J. Mayer berichtete von einer "ertragreichen, kontroversen und sachlichen Diskussion", die im Juni 2016 im Saal Schüz stattgefunden hatte. Zunächst war man sich einig, die Namen beizubehalten. Als dann allerdings im Januar Historiker im SWR2-Forum über Auguste Supper diskutierten, haben fünf Mitglieder des Kreises in diesem Fall dann doch für eine Umbenennung plädiert. Sie waren entsetzt, was die Schriftstellerin, nach der auch in Pforzheim, Ludwigsburg und Korntal-Münchingen Straßen benannt sind, über Hitler und die NS-Zeit geschrieben und sich auch nach dem Krieg nie vom Nationalsozialismus distanziert hat.

Das letzte Wort hat, so Oberbürgermeister Ralf Eggert, der Gemeinderat, der sich in einer seiner nächsten Sitzungen mit dem Thema befassen wird. Die Kommission schlägt vor, kurze Hinweise an den Straßenschildern anzubringen, die zudem mit einem QR-Code versehen werden, der auf ausführlichere Darstellungen von Supper, Hindenburg, Göhner und Schnaufer verweist. Diese Texte sollen auf die Homepage der Stadt gestellt werden. Man war sich darin einig, so heißt es im Sitzungsprotokoll, dass Handlungsbedarf besteht, der allerdings nicht zwingend darin münden müsse, die Straßen umzubenennen. Vielmehr sollte es darum gehen, sich mit diesen Personen aus heutiger Sicht auseinanderzusetzen.

Stachel soll im Fleisch drinbleiben

OB Eggert spricht sich dafür aus, "den Stachel im Fleisch drin zu halten." Würden die Straßen umbenannt, wären die Namen schnell vergessen. Gleichwohl könne er verstehen, wenn Befürworter einer Umbenennung damit argumentieren, dass mit einer Straßenbenennung eine Ehrung verbunden sei.

Wirkung nach außen wird nicht außer Acht gelassen

Auch dürfe die Wirkung nach außen nicht außer Acht gelassen werden. Bedenklich für Eggert ist, dass die Benennung nach Auguste Supper 1963, also 18 Jahre nach Kriegsende erfolgt ist. Diese Zeitumstände gelte es ebenso zu beleuchten. Auch das werde kaum noch möglich sein, wenn die Straße künftig anders heißen sollte.

Der Gesprächskreis Calwer Bürgerinnen und Bürger, der sich mit NS-belasteten Straßennamen beschäftigt hat, weist dem Gemeinderat den richtigen Weg. Ähnlich argumentieren heute überwiegend die Historiker. Sind die Namen erst einmal verschwunden, kann man sich mit diesen Personen und ihren Verstrickungen in den Nationalsozialismus nicht mehr auseinandersetzen. Dazu gibt der Kreis zudem wichtige Hinweise. So weit, so gut. Bedenklicher stimmt, dass die Mitglieder dieser Kommission nicht genannt werden sollen. Weil zu befürchten ist, dass es immer noch Ewiggestrige gibt, mit denen sachliche und emotionslose Diskussionen um den Nationalsozialismus nicht möglich sind. Gerade vor diesem Hintergrund ist es aller Mühe Wert, einmal den Zeitgeist der 50er- und 60er-Jahre zu beleuchten, als die meisten dieser Straßenbenennnungen erfolgt sind.