Der Kreistag sieht in der politischen Debatte über die Zukunft der Kreiskliniken die Grenzen des guten Geschmacks überschritten. Foto: Fritsch

Leserbriefschreiber gehen zu weit. Fraktionen einig: "Man muss sich selbst in der Politik nicht alles gefallen lassen."

Kreis Calw - "Politik hat sich in diesem Land verändert", sagt Volker Schuler, Fraktionschef der Freien Wähler im Kreistag, "und der Umgang miteinander auch". Auch im Kreis sieht er in der Debattenkultur zur Zukunft der Kliniken mittlerweile Grenzen überschritten. Diese Ansicht vertritt er nicht alleine.

Dass alle Fraktionschefs im Kreistag – Jürgen Großmann (CDU), Ursula Utters (SPD), Johannes Schwarz (Bündnis 90/Grüne) und Karl Braun (FDP) – sich in dieser Sache einmütig in einem offenen Brief hinter Schuler stellen, soll als klares Zeichen verstanden werden: "Man muss nicht alles hinnehmen." Ein Leserbrief in unserer Zeitung, in dem Kreisräten "Altersstarrsinn" vorgeworfen worden war, brachte bei Schuler das Fass zum Überlaufen. "Da wird man nachdenklich", sagt Schuler – vor allem mit Blick auf die berufliche Herkunft des Leserbriefautors.

Räte schreiben offenen Brief

In dem offenen Brief legen die Fraktionschefs Wert auf die Feststellung, dass die Kreistagsmitglieder von den Einwohnern des Landkreises Calw gewählte Vertreter seien, die sich für das Mandat eines Kreisrates beworben haben und gewählt worden seien. In der Presseverlautbarung heißt es wörtlich: "Wir nehmen für uns in Anspruch, dass wir viel Zeit und Engagement in dieses Ehrenamt einbringen und uns intensiv mit den verschiedenen Aufgaben, Problemen und Handlungsfeldern beschäftigen. Wir sind untereinander nicht immer einer Meinung und ringen in vielen Punkten um den besten Weg für den Landkreis. Wir müssen uns der Kritik an unseren Entscheidungen sowohl im Kreistag selbst als auch in der Öffentlichkeit stellen. Dies ist auch im kommunalen Verantwortungsbereich selbstverständlich. Damit müssen wir umgehen. Sei es in persönlichen Ansprachen, in der Berichterstattung oder auch in Leserbriefen. Dabei darf man nicht zu empfindlich sein."

In diesem Zusammenhang verweist der FWV-Fraktionschef auf die lange kommunalpolitische, ehrenamtliche oder auch berufliche Erfahrung der Kreisräte – und auch des Landrats.

Landrat in Schutz genommen

Schuler nimmt Kreischef Helmut Riegger dabei explizit in Schutz: "Leider stellen wir fest, dass bei der aktuellen Diskussion um die Krankenhäuser der Stil und die Wortwahl einiger Leserbriefschreiber die Grenzen deutlich überschreiten. Begrifflichkeiten wie ›Deportation (der Orthopädie)‹ oder auch wie jüngst erst der Verweis, zu was ›Altersstarrsinn führt, und davon scheint es genug zu geben im Kreistag‹, sind nicht zu tolerieren und beleidigend."

Die teilweise persönlichen Angriffe gegen Riegger seien, so Schuler, "in Art und Stil von freier Meinungsäußerung nicht mehr gedeckt. Wer sich dieser Wortwahl bedient, hat die Ebene der sachlichen Auseinandersetzung bewusst verlassen und sollte sich hinterfragen, was er damit bezweckt und vor allem, auf welchem Niveau er sich in der politische Diskussion wiederfinden möchte und in welche Richtung man die Diskussion mit solchen Äußerungen lenkt."

Dass die Grenzen des guten Geschmacks schon mehrfach überschritten worden seien, halten die fünf Fraktionschefs für "sehr bedenklich und gesellschaftlich nicht tolerabel. Das soll hier klar und deutlich festgehalten werden."

Schuler konstatiert zum Abschluss: "Man muss sich selbst in der Politik nicht alles gefallen lassen"