Jürgen Ott ist mit ganzem Herzen bei der Organisation des Klostersommers. Foto: Verstl

Jürgen Ott erzählt, wie er zum Veranstalter geworden ist - und welche Rolle Udo Lindenberg spielt. Mit Video

Calw - Jürgen Ott ist als Organisator des Calwer Klostersommers auf Du und Du mit etlichen Größen des Musikgeschäfts. Doch wie kam er überhaupt dazu, diese Veranstaltungsreihe in die Hand zu nehmen? Und welche Rolle spielte Udo Lindenberg dabei? Ein Porträt.

Jürgen Ott scheint vor Energie zu sprühen. Egal wo er in Calw hingeht, überall erkennen ihn die Leute. Kein Wunder, ist der 57-Jährige doch Fraktionsvorsitzender (GfC) im Gemeinderat, Vorsitzender des Gewerbevereins, führt die Marketing-Agentur "Keep In Contact" und ist Geschäftsführer der Konzertagentur "Concetera", verantwortlich für den Klostersommer.

Dass er einmal zum Veranstalter solcher Events wird, kam eher überraschend. "Das war nie der Plan", schmunzelt er. Aber von vorn. 2002 fand anlässlich des 125. Geburtstags von Hermann Hesse ein Hesse-Festival auf dem Marktplatz statt. Weil das ein großer Erfolg war, veranstaltete die Stadt im Folgejahr wieder ein Konzert, dieses Mal mit der Band "Status Quo". Ott als Inhaber seiner Marketing-Agentur, hatte damals die Einrichtung des VIP-Bereichs übernommen, war also schon mittendrin bei der Organisation. Für die Stadt war nach dem zweiten Konzert aber erst einmal Schluss.

Das brachte den Inhaber des Pressebüros et cetera, Reinhard Stöhr, der inzwischen verstorben ist, auf eine Idee: "Er hat mich einfach gefragt, ob wir das nicht übernehmen sollen", erzählt Ott. Der war zuerst völlig verblüfft. Dann aber packten sie das Projekt "Calw rockt" gemeinsam an. Und schafften es innerhalb weniger Jahre Musikgrößen wie Manfred Mann’s Earthband, Bonnie Tyler, Gary Moore und Udo Lindenberg zu verpflichten.

Vor allem letzterer spielt immer wieder eine Rolle in den Erzählungen Otts. Durch einen Bekannten, der bei einem Radiosender arbeitet, bekamen Ott und Stöhr den Kontakt zu Lindenberg, besuchten ihn nach einem Konzert im Backstage-Bereich. "Wir waren total aufgeregt", erzählt der 57-Jährige. Schnell wurde im Gespräch klar, dass die Calwer schlicht nicht das zahlen können, was der Sänger normalerweise erwartet. Hermann Hesse sei Dank ließ er sich aber doch breitschlagen – schließlich ist er ein erklärter Fan des Schriftstellers und damit auch dessen Heimatstadt. 2005 trat Lindenberg das erste Mal bei "Calw rockt" auf, zahlreiche weitere Auftritte folgen. Und: Es ist die Geburtsstunde der Udo Lindenberg Stiftung, die bis heute junge Künstler unterstützt, die "in keine Schublade passen und Hermann Hesses Dichtung mit Musik verbinden", heißt es auf der Homepage der Stiftung.

Schon bald war Lindenberg so etwas wie ein alter Bekannter für die Organisatoren. Was sich insbesondere durch eine kleine, aber sehr rührende Geste Anfang des Jahres zeigte. Ott war erkrankt, der Sänger erfuhr über Umwege davon.

Ohne Netzwerk geht gar nichts

"Als ich wieder aus dem Krankenhaus daheim war, kam ein Päckchen", erzählt Ott. Drin war ein Bildband von Lindenberg. Mit Widmung, Genesungswünschen und einer Zeichnung des Musikers. "Das hat mich schon berührt", gibt der Calwer zu. Vor allem weil andere Künstler oft unnahbar seien. Von den Allüren, die einige an den Tag legen, ganz zu schweigen.

Ott kann die verrücktesten Geschichten erzählen. Über Musiker, die für einen Fußweg von 30 Metern über den Marktplatz auf eine Luxuslimousine bestehen. Oder von solchen, für deren Sonderwünsche sich Ott und sein Team beinahe ein Bein ausreißen und die der Künstler dann doch nicht mehr haben will. Aber es gibt eben auch jene Begegnungen, die dem Veranstalter positiv in Erinnerung bleiben. Wie vergangenes Jahr, als er beim Klostersommer erstmals auf Vanessa Mai traf. "Ich muss ehrlich sagen, ich kann mit Schlager gar nichts anfangen", erklärt er. Das habe Ott auch ihr und ihrem Manager sowie Ehemann Andreas Ferber gegenüber zugegeben. "Der hat nur gelächelt und gesagt: ›Reden wir nach dem Auftritt nochmal‹", erzählt Ott. Ferber sollte Recht behalten. "Nach 30 Sekunden sind alle gestanden, das gab es noch nie", schwärmt er. "Und sie ist so eine nette junge Frau, die sich wirklich Zeit nimmt für ihre Fans." Mai ist auch die einzige Künstlerin in der Geschichte des Klostersommers, die zwei Jahre hintereinander in Hirsau auftrat.

In unserem Video blicken wir auf den Klostersommer 2018 zurück:

Apropos Klostersommer: Den veranstaltete die Konzertagentur "Concetera" - übrigens zusammengesetzt aus "et cetera" und "Connections", eine Agentur, die Ott mitgegründet hat - seit 2008. "Calw rockt" lief gut, die traditionellen Klosterspiele nicht mehr. "Also haben wir das auch übernommen." 2016 fand das Konzert auf dem Marktplatz aber das vorerst letzte Mal statt. Die Baustelle am Rathaus und der Organisationsaufwand für einen Abend seien einfach zu groß, erklärte Ott damals. Im selben Jahr starb Stöhr, ein schwerer Schlag für seinen langjährigen Geschäftspartner und Freund. Den Klostersommer stellt der 57-Jährige weiterhin allein auf die Beine, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Familie. Und die Veranstaltung boomt, hat dieses Jahr beinahe wieder einen Besucherrekord erreicht. Was natürlich auch an den hochkarätigen Künstlern liegt, die der studierte Betriebswirt jedes Jahr engagiert. "Inzwischen haben wir uns einen Namen gemacht, was es natürlich einfacher gestaltet, an die Musiker ranzukommen", sagt Ott. Zudem gebe es einen regen Austausch zwischen den Veranstaltern im Land. Die Buchungen laufen dann meistens entweder über eine Booking-Agentur, über das jeweilige Management oder "manchmal auch über den direkten Weg".

Auch die Künstler untereinander kennen sich, reden miteinander. Was für Ott sehr gut ist, denn bisher habe es noch jedem im Hirsauer Kloster gefallen. "Wir sind quasi ein Familienbetrieb und noch jedes Mal aufgeregt." Man sei immer mit Herz dabei. Das merken und schätzen auch die Künstler. "Wir haben einen guten Ruf", freut er sich. Und ein mittlerweile großes Netzwerk. Ohne wäre es auch fast unmöglich, unterstreicht Ott. "Ja und so sind wir zum Veranstalter geworden", meint der Tausendsassa. "Es ist zwar ein großes Risiko, aber man erlebt viel. Und es macht großen Spaß."