Wie es mit den Kinderbetreuungsgebühren in Calw weitergeht, wird wohl erst im Herbst beschlossen. Foto: akira_photo – stock.adobe.com

Elternvertreter fordern im Arbeitskreis deutliche Überarbeitungen bei Gebühren und Betreuung.

Calw - Flexiblere Betreuungsmodelle, geringere Gebühren und eine Überarbeitung der Beitragskategorien: Diese Wünsche waren bei der Sitzung eines Arbeitskreises zum Thema Betreuungsgebühren in Calw am Samstag am häufigsten zu hören. Der Gemeinderat wird sich nun mit diesen Vorschlägen beschäftigen. Fest steht schon jetzt: Vor September gibt es wohl keine Entscheidung.

Die Kommunalwahl steht vor der Tür: Am 26. Mai dürfen die Wähler unter anderem entscheiden, wer die Bevölkerung künftig in den Gemeinderäten des Landes vertritt. Und diese Wahl stellt auch den Grund dafür dar, dass in Sachen Kinderbetreuungsgebühren in Calw höchstwahrscheinlich vorerst alles beim Alten bleibt – und zwar mindestens bis zum Herbst. Dies wurde am Samstag bei der Sitzung eines Arbeitskreises im Holzbronner Dorfsaal deutlich.

Getroffen hatten sich Elternvertreter, Gemeinderäte und Teile der Verwaltung, um über die Zukunft eben jener Gebührenstruktur zu diskutieren. Ein Thema, das die Calwer Kommunalpolitik bereits seit vergangenem Juli diskutiert – ohne Entscheidung. Und auch am Samstag schien ein klares Ergebnis noch in weiter Ferne.

Denn in Holzbronn hatten die Elternvertreter aller städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen die Gelegenheit, ausführlich ihre Wünsche und Forderungen vorzutragen. Mit diesen muss sich nun erneut der Gemeinderat befassen. Und da eine Lösung bis zur Kommunalwahl wohl kaum zustande kommt, wird die Entscheidung letztlich das neue Gremium zu treffen haben.

Vorschläge

Seit Monaten tüfteln Gemeinderat und Verwaltung an einer neuen Gebührenordnung; weder die üblichen Sitzungen verschiedener Gremien, noch eine Klausurtagung im Dezember hatten dabei ein Ergebnis erbracht, das tatsächlich entscheidungsreif gewesen wäre – nicht zuletzt, weil zahlreiche Eltern sich massiv gegen die bislang vorgeschlagenen Gebührenänderungen gewehrt hatten. Nun hatten die Betroffenen die Gelegenheit, ihre Vorschläge einzubringen.

So forderte eine Mutter beispielsweise, künftig eine weitere Staffelung bei der Kinderzahl einzuführen. Bislang sinken die Gebühren nur bis zum dritten Kind; wer vier oder mehr Kinder hat, erfährt (noch) keine weitere finanzielle Erleichterung.

Mehrfach wurde darüber hinaus gewünscht, die Staffelung nach Einkommen bei der Bemessung der Gebühren nochmals zu überarbeiten. Nach dem derzeitigen System gibt es fünf verschiedene Einkommensstufen. Je nach dem, wie viel eine Familie verdient, kalkulieren sich auch die Gebühren. "Damit bestrafen Sie die Leute, die sehr gut ausgebildet sind", ärgerte sich eine Mutter. Die Ideen, wie diese Staffelung verändert werden könnte, waren indes zahlreich: Während einerseits die Frage in den Raum gestellt wurde, ob überhaupt nach Einkommen abgerechnet werden sollte, kam andererseits die Anregung auf, die Gebühren weniger stark zwischen den Stufen steigen zu lassen – oder auch die Schritte zwischen den Einkommensklassen zu vergrößern.

Ein weiteres Thema war eine generelle Absenkung der Gebühren – und zwar mindestens unter den Bundesdurchschnitt, den Calw zurzeit überschreite. Dies, so eine Elternvertreterin, sei eine Frage der Familienfreundlichkeit einer Kommune. Zudem würden durch geringere Gebühren mehr Anreize geschaffen werden, arbeiten zu gehen – was sich bei zu hohen Kosten gar nicht mehr lohnen könne. Für die Gleichstellung der Geschlechter, aber auch als Wirtschaftsfaktor müsse dies berücksichtigt werden. Gerade auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels.

Doch nicht nur die Kosten, auch die bereits vorhandenen sowie die angedachten Betreuungsmodelle wurden hinterfragt. So wurde vielfach gefordert, die Betreuungszeiten flexibler anzubieten und somit auch nur zu bezahlen, was man auch tatsächlich nutze. Wer sich nur zwischen 30 und 50 Stunden pro Woche entscheiden könne, habe das Nachsehen, wenn beispielsweise 35 Stunden (oder auch deutlich weniger als 30) benötigt würden und bezahle für Leistungen, die gar nicht abgerufen würden. Daher wurde unter anderem angeregt, kleinteiligere Angebote zu schaffen, die zum Beispiel nach in Anspruch genommenen Stunden oder Tagen pro Woche abgerechnet werden könnten.

Ein anderer Elternvertreter schlug schließlich noch vor, die Gebühren zu senken, indem die Auslastung der Einrichtungen erhöht würde.

Schwierigkeiten

Oberbürgermeister Ralf Eggert stimmte mit den Elternvertretern bei deren Ausführungen im Prinzip überein. Auch Eggert erklärte, das Ziel der Betreuungsgebühren müsse sein, dass diese finanzierbar seien, dass sich Arbeiten lohne und dass jene, die am wenigsten Geld haben, (durch eine Einkommensstaffelung) "nicht hinten runter fallen".

Gewisse Schwierigkeiten sah er bei einer Flexibilisierung der Angebote. Denn, so Eggert, die Gebühren für die Eltern würden zwar sinken, wenn beispielsweise stundenweise abgerechnet würde, die Personalkosten aber nicht. Am Ende gebe es dann mehr Angebote, die die Stadt allerdings wohl gleich viel oder mehr als jetzt kosten würden, allerdings mit weniger Gebühren vonseiten der Eltern mitfinanziert würden. Zudem müssten bei Betreuungszeiten auch pädagogische Aspekte berücksichtigt werden. Denn aus pädagogischer Sicht dürfe eine bestimmte Mindestzeit an Betreuung nicht unterschritten werden, unter anderem, da die Kinder in ihren Erzieherinnen auch Bezugspersonen sehen, zu denen sie Bindungen aufbauen.

Auch eine höhere Auslastung der Gruppen sieht Eggert kritisch. So sei es zwar "mathematisch absolut rein" anzunehmen, dass Betreuung dadurch bezahlbarer werde. Allerdings sei es auch Ziel der Stadt, wenn möglich, nicht permanent Wartelisten zu führen und jedem so schnell wie möglich einen Betreuungsplatz anbieten zu können. Auch, weil es 17 Betreuungseinrichtungen gebe, um eine dezentrale Versorgung zu ermöglichen, könne dies ohne einen gewissen Puffer an Plätzen nicht ermöglicht werden.

Grundlagen

Bevor der Arbeitskreis voll in die Diskussion eingestiegen war, hatte die Verwaltung übrigens zunächst einen kurzen Überblick darüber gegeben, welche Berechnungen einer Bemessung der Betreuungsgebühren vorangehen.

So erläuterte Thomas Seifert, Leiter Abteilung Bildung bei der Stadt, dass sich die verschiedenen Gebühren für verschiedene Betreuungsangebote am Verhältnis von Personal zu belegbaren Plätzen orientiere. Für einen Krippenplatz (jünger als drei Jahre) würde beispielsweise mehr als doppelt so viel Personal benötigt, wie für einen Kindergartenplatz (drei Jahre und älter). Entsprechend würden die Gebühren auch mehr als doppelt so hoch angesetzt. Der Personalschlüssel wiederum sei gesetzlich festgelegt, um die jeweiligen Gruppen überhaupt anbieten zu dürfen. Einen solchen Faktor empfehlen auch die Kirchen und kommunalen Landesverbände bei der Festsetzung von Elternbeiträgen. Grundsätzlich orientiere sich Calw auch am vorgeschlagenen Landesrichtsatz für die Gebühren. Da dieser aber nur Vergünstigungen vorsieht, je mehr Kinder eine Familie hat, die Stadt aber zudem eine Staffelung je nach Einkommen für sozial gerecht hält, ist die Calwer Gebührenkalkulation nochmals komplizierter.

Fazit

Seifert sprach sich am Ende noch dafür aus, die guten Seiten der Calwer Kinderbetreuung zu sehen, statt hauptsächlich auf Kosten oder Probleme zu blicken. "Ich glaube, dass sich die Stadt gegenüber anderen Kommunen hier nicht verstecken muss", erklärte er. Qualität und Quantität des Personals seien gut. Auch dass stets versucht werde, den Bedarf an Betreuung zeitnah zu decken, statt permanent auf Wartelisten zugreifen zu müssen, habe sich bewährt.

Letztlich ist nun wieder der Gemeinderat am Zug. Dieser wird die Wünsche und Forderungen der Eltern nun diskutieren und versuchen, diese bei der Kalkulation zu berücksichtigen. Auch die Anregung, andere, flexiblere Betreuungsformen anzubieten, soll besprochen werden. Dies wiederum wird voraussichtlich erst im Herbst geschehen, was auch Eggert nochmals betonte: "Deutlich veränderte Angebote wird es zum 1. September sicher noch nicht geben", meinte der Oberbürgermeister.