Gästeführer Klaus Armbruster (links) erklärte den Teilnehmern anhand des Stadtmodells Wissenswertes über Calw. Fotos: Zoller Foto: Schwarzwälder Bote

Touristik: Kulinarische Stadtführung mit Hermann Hesses Leibgerichten kommt bei Teilnehmern gut an

Calw glänzt mit einer neuen Attraktion, die ersten Teilnehmer sind begeistert: Die kulinarische Stadtführung hat die Feuerprobe bestanden. "Das ist nur zu empfehlen", lautet das Credo der Gäste.

Calw. Die Premiere ist geglückt: Calws erste kulinarische Wanderung bietet nicht nur einen interessanten Stadtspaziergang mit einem Drei-Gang-Menü, sondern zudem drei gastronomischen Betrieben, die Lust auf mehr machen.

Unter dem Motto "Hermann Hesses Lieblingsspeisen" werden im Brauhaus Schönbuch, im "Alten Calwer" und im Hotel Restaurant Rössle Köstlichkeiten serviert, die gekonnt mit dem Leben eines Mannes verknüpft sind, der Calw als "die schönste Stadt von allen" bezeichnete, die er "zwischen Bremen und Neapel, zwischen Wien und Singapur" gesehen hat. Gemeint ist kein anderer als der weit gewanderte Nobelpreisträger für Literatur, Hermann Hesse, der seine Geburtsstadt liebevoll als "ein kleines, altes, schwäbisches Schwarzwaldstädtchen" beschrieb. Dass das "Hermännle" in seinen Kindertagen in den verwinkelten Gassen der Stadt eine perfekte Spielwiese gefunden hatte, belegt ein Zitat seiner Mutter: "Ja, er ist furchtbar lebhaft, rasch, umtriebig und folgt leider nicht." Mit seiner Umtriebigkeit bietet der große Sohn der Stadt jedoch die besten Grundlagen für das neue touristische Konzept im Nordschwarzwald.

Hesse wird 1877 im schwäbisch, pietistisch geprägten Calw geboren und durchstreift in seiner Jugendzeit nicht nur den Marktplatz rund um sein Geburtshaus, sondern auch die Ledergasse, die feuchten Wiesen an der Nagold, den Hirsauer Wiesenweg und den Calwer Wald. In späteren Jahren verwirklicht er sich den Traum vom Leben auf dem Land und bepflanzt einen eigenen Garten. Ein perfekter Anlass für den ersten Teil der kulinarischen Stadtführung. Denn mit der Maxime Identität und Individualität beschreitet Calw einen Weg um sowohl Einheimische als auch Touristen in die Stadt an der Nagold zu locken. Selbst für die ehemalige Landtagsvizepräsidentin Beate Fauser (FDP) gibt es dabei Neues zu erfahren: Mit "Brühl" wurde einst die sumpfige Wiese an der Nagold bezeichnet – und eben dort, wo 1869 die Brühlturnhalle entstanden ist, glänzt heute als jüngster gastronomischer Betrieb der Stadt – das Calwer Brauhaus.

Mit offenen Augen durch die Welt gehen

An diesem Ort startet das Menü mit der Vorspeise. Zum Gerstensaft wird ein Cremesüppchen aus heimischem Bärlauch mit Kornstange und gebratenem Garnelenspieß serviert. Gut gestärkt führt der zweite Teil der Wanderung an den traditionsreichen Fachwerkhäusern der Lederstraße entlang "Zum Alten Calwer". Für Gästeführer Klaus Armbruster ist das Schwarzwaldstädtchen eine "Herzensangelegenheit".

Auf dem kurzen Stück Weg ist vieles über Hesse und seine Wanderungen zu erfahren. Am 6. September des Jahres 1911 besteigt der Literat in Genua ein Schiff, um nach Indien zu reisen, dem Land in dem seine Großeltern, sein Vater und seine Mutter im Missionsdienst tätig waren. In jener Zeit stand auch schon am "Oberen Ledereck" das traditionsreiche Gasthaus, bei dem der Ururgroßvater des heutigen Besitzers Gäste bewirtete. 2013 in den Namen "Alter Calwer" umbenannt, serviert Thomas Peter in seinem Restaurant als Hauptgang eine Hommage an Hesses Reise nach Indien: Hühnerbrust auf indische Art im Reisring mit Currysoße und Ananas – serviert auf einem Hermann-Hesse-Teller, der das Konterfei von Hesse trägt.

Mit Anekdoten und wissenswerten Details rund um Calw vergeht die Zeit im Nu. Aus einer Gruppe neugieriger Reisender wird beim gemütlichen Wirtshausplausch eine Gemeinschaft, die sich auch untereinander vieles zu erzählen hat. Armbruster mahnt zum Aufbruch, denn die nur knapp mit vier Stunden anberaumte Wanderung droht den zeitlichen Rahmen zu sprengen. "Sie können von Hermann Hesse lernen, wie Wandern Freude machen kann." Und tatsächlich, von Hesse kann man lernen, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Mit dem Besuch der ältesten Gaststätte endet die kulinarische Wanderung am Hermann-Hesse-Platz. Hier steht das bereits im Jahr 1671 erwähnte "Rössle", das von Kerstin und Carl Waidelich bereits in sechster Generation als Hotel und Restaurant geführt wird. Ann Kathrin Waidelich, Absolventin der internationalen Culinary Arts Academy, präsentiert als Dessert frühlingshafte Variationen von Erdbeeren und Rhabarber. Panna Cotta und warmem Rhabarberstrudel, das seinesgleichen sucht.

Wer die Menükreationen in historischen Gemäuern genießen möchte, bekommt im Herbst noch eine zweite Chance. Am 21. September führt Wofgang Tauber Interessierte durch die Stadt und ihre Restaurants. Zudem gibt es individuelle Gruppenführungen.