Foto: Antje Bösl

Alte Klosteranlage in Hirsau bis auf wenige Plätze voll besetzt. Schauspieler als Sänger von Radio Doria.

Calw-Hirsau - Wenn Schauspieler singen, muss das nicht immer gut gehen. Da ist schon so mancher ans Mikrofon getreten, weil er zwar ein bekannter Mime, aber ein eher mäßiger Sänger ist. Nicht so bei Jan Josef Liefers.

Er selbst hält sich zwar auch nicht gerade für einen begnadeten Sänger, doch was Radio Doria in klassischer Rockband-Besetzung (Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard) abliefert, ist einfach stimmig.

Wenn er sieht, wie der Ton in Deutschland schärfer wird, ja zerfällt und zunehmend auf Beschimpfungen hinausläuft, sei es nicht leicht, gute und fröhliche Musik zu schreiben, sagt Liefers. Gleichwohl ist das Radio Doria mit ihrem zweiten Album "2 Seiten", das im Mittelpunkt des Konzerts steht, gelungen. Die Melodien, die zwischen Pop und Rock changieren, kommen leichtfüßig daher und gehen ins Ohr.

In den Texten werden die Irrungen und Wirrungen des Lebens und der Liebe besungen. Dem nicht unähnlich, was am Abend zuvor Gregor Meyle geboten hatte. Der Titelsong der aktuellen CD steht dafür fast schon programmatisch. Nichts ist eindimensional, alles hat mindestens zwei Seiten.

Witz und Charme

Nach etwa der Hälfte des Auftritts sorgt ein Unplugged-Block für Abwechslung. Er beginnt damit, dass die Musiker, wie das bei ihnen Brauch ist, etwas über die Stadt singen, in der sie zu Gast sind. Und da stellte sich im Vorfeld die Frage, was um Himmels Willen sich auf Calw reimt. "Ralf" – ausgerechnet der Vorname des Oberbürgermeisters – fiel ihnen ein. Und der ist, wie sich auf Nachfrage herausstellte, nicht da. Liefers: "Der guckt wahrscheinlich Tatort."

Es ist schon erstaunlich, was die Mannen von Radio Doria über Calw herausgefunden haben und spöttisch-kabarettistisch in kumpelhafter Form darbieten. Da kommt die Nikolausbrücke genauso vor wie das Kommando Spezialkräfte (KSK) und Udo Lindenberg. Und auf Hermann Hesse reimt sich am Ende "auf die Fresse".

Vor allem in solchen Passagen zeigt sich der Schauspieler und Komödiant. Das hat Witz und Charme. Dabei wirkt Liefers nie wie die in Schauspieler-Kreisen berüchtigte Rampensau. Am Ende kommt das Publikum so richtig in Fahrt. Beim funkigen "Das weiße Haus" drängt sich vor allem der weibliche Teil der Zuhörerschaft tanzend vor der Bühne. Und bei "Sehnsucht Nr. 7" im Reggae-Rhythmus animiert Liefers das Publikum erfolgreich zum ausgiebigen Mitsingen.

Am Ende gibt es begeisterten Beifall. Wieder geht ein vollauf gelungener Abend beim Calwer Klostersommer zu Ende.