Religion: Gmaze Demir erklärt den Besuchern der Osmanli Moschee Architektur des Hauses und Grundzüge des Islam

Eine Führung durch die Osmanli Moschee in Hirsau wurde von Gmaze Demir geleitet. Die Besucher erfuhren, dass sich die drei Weltreligionen viel miteinander gemeinsam haben.

Calw-Hirsau. Von außen erscheint die Osmanli Moschee in Hirsau eher unscheinbar. Versteckt hinter dem Bahnhof gibt es keine Minarette, selbst ihre Kuppel fällt erst beim genaueren Hinsehen auf. Betritt man jedoch das Gotteshaus, scheint man in eine andere Welt transportiert. Statt karger Schlichtheit der pietistischen Kirchen des Nordschwarzwalds findet der Besucher reich verzierte Wände, statt harter Bänke weichen Teppichboden.

Tulpe als Zeichen der Einheit Gottes

Dass diese Welt doch nicht so anders ist, erklärt Gamze Demir bei ihrer Führung durch die Moschee. Die Calwerin hat in Tübingen Islamische Theologie studiert und erläutert den Moschee-Besuchern die religiöse Bedeutung der Verzierungen und die Grundzüge ihres Glaubens.

Es gibt keine religiösen Bilder oder Statuen in der Moschee, dafür die Namen Gottes und des Propheten und Verse aus dem Koran in arabischer Kalligrafie. Im Gegensatz zum Alten und Neuen Testament mit seinen biblischen Geschichten und Erzählungen ist der Koran das reine Wort Gottes wie er es Mohammad offenbarte, wörtlich wiedergegeben. So gibt es für einen gläubigen Moslem kaum etwas Schöneres als das Wort Gottes zu sehen und zu lesen. Auffällig sind auch die Wandfliesen, mit Tulpen bemalt. Die Tulpe stammt ursprünglich aus dem Ottomanischen Reich und hat immer nur eine Blüte. Die Tulpe stellt somit die Einheit Gottes dar, erklärt Demir.

Diese Einheit spiegelt sich auch im islamischen Glaubensbekenntnis wider: "Es gibt nur einen Gott und Mohammad ist sein Gesandter". Dieser Gott ist der Gott Abrahams, der selbe Gott, den Juden und Christen verehren. Auch kennt der Koran die alten Propheten: unter anderen Abraham, Moses, David und im Neuen Testament Johannes und natürlich Jesus. Auch die jungfräuliche Geburt findet Erwähnung. "Mohammad ist der letzte Prophet, der Koran die letzte Offenbarung vor dem Jüngsten Tag", erklärt Demir.

Schon jetzt fragten sich die Besucher der Moschee, warum Judentum, Christentum und Islam untereinander so verfeindet sind, wenn es im Grunde doch die selbe Religion ist, die sich letztlich nur in ihrer Ausübung unterscheidet. Wie betet also ein Moslem? Auch das erklärt Demir: "Zunächst wirft er die Hände nach oben, um alles Alltägliche hinter sich zu lassen, dann verbeugt er sich vor Gott und schließlich unterwirft er sich Gott". Diese Fügung vor Gott ist die Essenz des Islam.

Islamische Gemeinde lädt Christen zur Feier ein

Unterstützt wird diese religiöse Beugung architektonisch: über allen Gebetsräumen wölbt sich eine Kuppel, meist verziert mit Koranversen und in sich verschlungenen Figuren, die die Unendlichkeit Gottes symbolisieren. Unter der Kuppel entsteht ein Gefühl der Bescheidenheit, Voraussetzung für die Hingabe zu Gott. "Das gibt es nicht nur im Islam", sagt Demir und erinnert an die großen Doms des Christentums. Auch diese hohen Gewölbe mit ihren Darstellungen des Himmels lassen den Menschen darunter bescheiden und unterwürfig erscheinen.

Fazit des Moschee-Besuchs: während sich viele Kommentatoren auf die Unterschiede der drei großen monotheistischen Religionen konzentrieren, gibt es doch viele Gemeinsamkeiten. Und wie eine Besucherin der Führung am Ende feststellte: "Es ist besser miteinander als übereinander zu reden". Gelegenheit dazu gibt es spätestens im Mai, wenn im Ramadan die islamische Gemeinde ihre christlichen Nachbarn zum gemeinsamen Fastenbrechen einlädt.