Alex Schulz aus Bad Wildbad begibt sich mit einem Stop-Motion-Film in seiner Bachelorarbeit auf die Reise durch den wilden Westen. Mehrere Monate nahm er sich für die handgefertigten Puppen Zeit. Foto: privat

25-jähriger Alex Schulz gestaltet beeindruckenden Stop-Motion-Film als Bachelorarbeit.

Calw -  Im wilden Westen. Ein kleines Holzhaus auf weiter Steppe, herumwirbelndes Gestrüpp. Außenrum Leere, im Hintergrund Berge. Auftritt: Ein Mann, der sich in diese Ödnis zurückgezogen hat und verdächtige Ähnlichkeit mit Hermann Hesse hat. Hesse als Outlaw in Amerika, irgendwo im Wilden Westen? Willkommen im Kurzfilm "Inner Steppe" von Alex Schulz.

Der 25-Jährige aus Bad Wildbad schloss mit dieser beeindruckenden Arbeit sein Studium "Visuelle Kommunikation" an der Pforzheimer Hochschule für Gestaltung ab. Eine Melange aus Hesses "Steppenwolf", der Theorie des Schweizer Psychologen Carl Gustav Jung und dem klassischen Western: Was sich zunächst ziemlich unvereinbar anhört, verbindet Schulz mühelos und schlüssig in seinem Film.

Selbst modellierte Figuren, die in Stop-Motion-Technik über eine selbst gebaute Kulisse wandeln, selbst komponierte und eigenhändig eingespielte Musik: Schulz hat mit "Inner Steppe" ein Gesamtkunstwerk erschaffen.

Reiseziel ist eine innere Harmonie

Der Protagonist des Films lebt isoliert von der sozialen Welt, ähnlich wie Harry Haller in Hesses "Steppenwolf". Gleichzeitig verkörpert er das sogenannte Ich-Bewusstsein aus der Theorie C.G. Jungs, welches für den rationalen, zentralen Punkt der menschlichen Seele steht. Als Schauplatz dient der Wilde Westen. Der Außenseiter begibt sich auf eine surreale Odyssee durch seine innere Landschaft, auf der er mit den verschiedenen Unterpersönlichkeiten seines Ich konfrontiert wird. Zielpunkt und Zweck der Reise sind die Heilung seiner inneren Zerrissenheit und der Weg zu Harmonie und Einheit.

Worte können diesen Film nicht treffend beschreiben. Die Theorien und Anspielungen sind für einen kurzen Text zu komplex. "Inner Steppe" ist derartig vielschichtig, dass man ihn einige Male ansehen muss, um seine ganze Tiefe zu erfassen, um alle Details zu bemerken.

Wie kommt man nur auf so eine Idee? Schon als kleiner Junge war Alex Schulz von den alten Westernfilmen fasziniert. Dieses Kino-Genre als Hintergrund für etwas Neues, Eigenes zu verwenden, hatte ihn lange gereizt. Auch an der Stop-Motion-Technik, in der einzelne Bilder aneinandergereiht werden und so einen Film ergeben, wollte er sich seit längerem versuchen. Hesse und die Theorie dessen Psychotherapeuten C.G. Jung gaben dafür einen guten Handlungsstoff ab. Seine Professoren waren sofort einverstanden mit seinem Vorschlag für die Bachelorarbeit und standen ihm beratend zur Seite.

Ungefähr drei bis vier Monate war er pausenlos mit dem Bau der Puppen beschäftigt. Dafür nahm er Fimo, Aluminiumdraht, Schaumstoff und Zweikomponentenkleber. Die eigens angefertigte Kulisse stellte Schulz kurzerhand im Esszimmer seiner Eltern auf. Drei bis vier Wochen dauerte die Animation, die schriftliche Thesis nahm noch einmal eine Woche in Anspruch. Als Zugabe fertigte er ein Holzplakat an, außerdem ließ er den Soundtrack auf Vinyl pressen.

Mit seiner weitergehenden Hesse-Interpretation, deren Thematik noch genau so aktuell ist wie vor 85 Jahren, will Alex Schulz die Menschen zum Nachdenken anregen. Ganz bewusst lässt er einiges offen.

Vor kurzem erschien ein Artikel über Schulz in der "novum", einer der weltweit führenden Designzeitschriften. Ein gutes Zeugnis, das ihm bereits bei der Suche nach einem Master-Studienplatz weiterhelfen kann. Zurzeit ist der Wildbader als freiberuflicher Grafiker tätig.

Es war Zufall, dass die Anfertigung der Abschlussarbeit auf das 50. Todesjahr von Hermann Hesse fiel. Der Stadt Calw wäre es nur ans Herz zu legen, diesen Film im Rahmen der Veranstaltungen zu zeigen.