Der Imam Mansoor Ghuman (von links), der angehende Scharjil Khalid und der lokale Gemeinde-Präsident Mubashar Kahloon stellen die Info-Offensive vor. Foto: Rousek Foto: Schwarzwälder Bote

Islam: "Ahmadiyya Muslim Jamaat" möchte informieren, um Ängste und Vorurteile abzubauen / Infostände in Gemeinden

"Wir sind alle Deutschland" steht auf einem Flyer, im Hintergrund sind Menschen zu sehen, die eine Deutschland-Flagge schwenken. Der Flyer ist Teil einer bundesweiten Info-Offensive der "Ahmadiyya Muslim Jamaat". Mit dieser wollen sie gegen weit verbreitete Vorurteile gegen Muslime angehen.

Nordschwarzwald. "Seit etwa einer Dekade empfinden wir eine Stimmung, dass von Muslimen erwartet wird, dass sie für Solidarität und Integration einstehen", erläutert Scharjil Khalid, angehender Imam im Hauptsitz der Ahmadiyya-Gemeinschaft in Frankfurt. Die Muslime sollen loyal zu Deutschland stehen – wenngleich ihnen oft im selben Atemzug vorgeworfen wird, dass dies gar nicht möglich sei.

Eine weit verbreitete These hierbei: "Der Islam ist Europa wesensfremd und muss eine Aufklärung erfahren", führt Khalid aus. Und widerspricht: "Die Aufklärung war erst durch den Islam möglich." In der Spätantike sowie im Mittelalter seien von Seiten der Christen viele Schriften vernichtet worden. Muslime hätten hingegen Schriften aus aller Welt gesammelt, die später wieder aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt wurden und damit als Grundlage für spätere Entwicklungen gelten. "Ohne die Arbeit der Muslime hätte es Denker wie Kant oder Rousseau gar nicht gegeben", ist Khalid überzeugt.

Mit Hilfe solcher und weiterer Informationen möchten die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft im Rahmen ihrer Info-Offensive Missverständnisse aufklären. Und vor allem: den persönlichen Kontakt zu den Menschen suchen, um Ängste abzubauen. Dazu gibt es immer wieder Infostände in den Gemeinden des Kreises. Nächster Termin ist am Samstag, 24. August, am Unteren Ledereck in Calw.

Überdies werden Flugblätter verteilt und Plakate mit Informationen aufgehängt. "Wir wollen zeigen, dass wir Muslime gesetzestreu und loyal leben wollen", sagt er. Das sei so auch im Koran festgehalten – der gläubige Muslim sei dem Staat verbunden, in dem er lebt. "Und wir setzen uns in jeglicher Hinsicht für Deutschland ein", sagt der angehende Imam. So gebe es jedes Jahr am 1. Januar in zahlreichen Gemeinden bundesweit Aufräumaktionen der Ahmadiyya-Gemeinschaft, die Mitglieder besuchten Seniorenheime, förderten den interreligiösen Dialog und pflanzten Friedensbäume.

Für die Glaubensgemeinschaft, die 1889 gegründet wurde und allein in Deutschland rund 45 000 Mitglieder hat, gelten laut Khalid fünf Grundsätze: Barmherzigkeit gegenüber allen Menschen, absolute Gerechtigkeit, kein Zwang im Glauben, die Gleichwertigkeit von Mann und Frau sowie die Trennung von Religion und Staat. Zusammengefasst: "Liebe für alle, Hass für keinen". Seit 2013 ist die Ahmadiyya Muslim Jamaat, kurz AMJ, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Mit Anschuldigungen, der Islam sei eine Religion, die zu Gewalt aufrufe, können Khalif und der Imam Mansoor Ghuman aus Reutlingen nichts anfangen. "Diejenigen, die Anschläge im Namen des Koran begehen, haben die Lehre nicht verstanden", betonen sie. Die AMJ verurteilt solche Taten ganz klar – auch öffentlich, auf der Homepage der Gemeinschaft. Das Problem hierbei: Diese Aktionen werden öffentlich kaum wahrgenommen. Passiert hingegen etwas Schlechtes, werde es überall berichtet. "Die Spaltung, die dadurch entsteht, ist sehr gefährlich", meint Mansoor.

So erleben die Vertreter der AMJ beispielsweise bei ihren Infoständen zwar viel Positives. Hier und da ernten sie aber auch spöttische Kommentare, werden sogar aufs Übelste beleidigt.

Khalid und Mansoor ist klar, dass es Probleme gibt, die man nicht kleinreden dürfe. Aber für die meisten Muslime gelte: "Wir sind hier geboren, wir haben hier studiert, wir sprechen deutsch, träumen deutsch und haben Heimweh nach Deutschland, wenn wir woanders sind." Eben wie es auf dem Flyer steht: "Wir sind alle Deutschland."