Wolfgang Krüger in seinem persönlichen Paradies. Foto: Schwarzwälder Bote

Umwelt: Wolfgang Krüger lässt auf seinem Grundstück der Natur ihren Lauf / Bienen finden ein Zuhause / Kritik an Steingärten

Ein Abstecher ins Paradies. Das beschreibt einen Spaziergang durch Wolfgang Krügers "wilden Garten" in Richtung Galgenberg ziemlich gut. In Zeiten von Steingärten und Bienensterben findet sich hier ein Kleinod für Insekten und Pflanzen.

Calw-Stammheim. Dass die Pflege desselben für den pensionierten Lehrer eher Hobby als ein neuer Vollzeitjob ist, bemerkt man spätestens, als Krüger beginnt zu erzählen. Er scheint es kaum erwarten zu können, alles zu zeigen, was in seinem Garten wächst. Und das ist eine ganze Menge.

Denn hier wächst, was wachsen möchte. Der Hausgarten gleicht mehr einer Wiese als einem symmetrisch bepflanzten Vorzeigegarten. Hier mäht er immer mit der Sense, so Krüger. Er stehe dann morgens schon um fünf Uhr auf, denn wenn es feucht ist, laufe die Sense ganz von selbst, erklärt er mit einer Hingabe, die zu spüren ist. Ein kurzer Weg führt von dem Hausgarten zu einem weiteren Grundstück. Sein persönliches Paradies. Insgesamt besitzt Krüger ein 2500 Quadratmeter großes Grundstück, welches er mit viel Liebe und so naturnah wie möglich pflegt. Zwischen Pfingstrosen und Wiesensalbei erzählt er stolz, dass er kaum Obst und Gemüse einkaufen muss. Sein Garten versorgt ihn mit Möhren, Salat, Kartoffeln, Himbeeren und vielem mehr. Alleine dieses Jahr hat Krüger 64 Tomatenpflanzen gesetzt. Freudig berichtet er, dass er nicht einmal eine Bio Mülltonne benötigt. Auf seinem Grundstück befinden sich mehrere Komposthaufen, die, "fantastische Erde produziert", wie Krüger berichtet – wenn man geduldig ist. Dass Krüger ganz in seinem Element ist, bemerkt man auch als er über seine weißen Waldvöglein redet. Eine seltene und unter Naturschutz stehende Pflanze aus der Familie der Orchideengewächse. Zwar sind sie schon ausgeblüht aber trotzdem lässt Krüger sie stehen, bis sie aussamen. Durch zu häufiges Mähen der Wiesen können viele Pflanzenarten nicht mehr aussamen, also sich durch Samen verbreiten, was dazu führt, dass einige Arten seltener werden. Bei Krüger besteht diese Gefahr nicht.

Ideen umgesetzt

Auch wenn viele seiner Gewächse bereits verblüht sind, lässt er sie stehen. Diese natürliche Schönheit seines Gartens geht aber auch mit viel Arbeit einher. "Morgens bin ich von halb neun bis halb eins im Garten und nachmittags von halb vier bis halb acht", verrät Krüger. Für ihn bedeutet es Spaß und Entspannung täglich in seinen Garten zu kommen, betont er. Was andere eher als Pflicht ansehen, macht Krüger mit einer Leidenschaft die man sehen und spüren kann. So findet man zum Beispiel einen umfunktionierten Sandkasten, der keinen Sand mehr beinhaltet, sondern gepflanzte Möhren und Zwiebeln. Das sei möglich, da die Kinder und Enkel mittlerweile zu alt seien um in dem Sandkasten zu spielen, erzählt Krüger. Auch Spuren seines ehemaligen Lehrer-Daseins lassen sich beim weiteren spazieren durch den Garten finden. Ein selbst angelegter Teich, ein ehemaliges Schulprojekt, wie er sich begeistert erinnert. Gekonnt setzt er seine Ideen in die Realität um.

Darüber freuen sich auch die Bienen des Nachbarn, der Imker ist. Die Insekten, wie auch andere kleinere Tiere, finden neben dem Insektenhotel in dem wilden Garten eine Vielfalt und Natürlichkeit wie es heutzutage nur noch selten vorkommt – sehr zum Ärger von Krüger, der sich vor allem über die immer häufiger vorkommenden Steingärten echauffiert, die in der vergangenen Zeit immer mehr in die Kritik geraten sind. Zwar sind diese pflegeleicht, aber für die Umwelt bedenklich und für die Erhaltung der Artenvielfalt schädlich, argumentiert der Naturschutzbund (Nabu). Steingärten vernichten den natürlichen Lebensraum von Pflanzen und Tieren, heißt es auf der Homepage des Nabus. Ganz im Gegensatz zum Garten von Krüger.

Inzwischen hat der 76-Jährige seine Tour durch den Garten beendet. Vor seinem Haus bleibt er stehen und zeigt auf mehrere kleine Zitronenbäume. "Daraus machen wir fantastische, englische Zitronenmarmelade", schwärmt Krüger. Ohne Chemie. Naturnah. Das hat tatsächlich etwas vom Paradies.