Chefarzt Matthias Sauer führte in die ganzheitliche Palliativmedizin seiner Klinik ein. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder-Bote

Palliativmedizin: Matthias Sauer plädiert bei seinen Ausführungen für eine ganzheitliche Betreuung

Calw-Hirsau. Seit mehr als drei Jahren befasst sich das anthroposophische Paracelsuskrankenhaus in Bad Liebenzell-Unterlengenhardt nun intensiv mit der Palliativmedizin. Nach vielen positiven Erfahrungen vermittelt die Ärzteschaft der modernen Fachklinik für Innere Medizin ihre Erkenntnisse jetzt auch Außenstehenden.

"Bei der Palliativmedizin geht es nicht darum, dem Leben ein paar Tage mehr zu geben, sondern den Tagen mehr Leben zu geben", stellte der leitende Arzt und Facharzt für Innere Medizin, Matthias Sauer, in den Raum – und gab damit die Zielrichtung seines Vortrags im Hirsauer Kursaal vor.

Hilfreich für das zukunftsweisende Verständnis der neuen Art mit schwerkranken Menschen umzugehen, war gleich am Anfang die Übersetzung des Wortes "palliativ". Es bedeutet auf deutsch "eingehüllt". Und eine positive Einhüllung eines Kranken mit dieser "Art von Mantel" kann nur mit umfassender, ganzheitlicher Medizin gelingen, so der erfahrene Facharzt.

Persönliche Zuwendung

Neben der Klärung der körperlichen Ursachen einer Erkrankung mit Mitteln der herkömmlichen Schulmedizin gehöre eine ganzheitliche "Medizin von Mensch zu Mensch". Anders ausgedrückt: Viel persönliche Zuwendung und menschliche Nähe sowie vorzugsweise Behandlung mit natürlichen Substanzen aus der Natur. Der Arzt benutzte dabei häufig das Wort "Wärme". Äußere Wärme kann durch Maßnahmen wie beispielsweise dem Einreiben mit hochwertigen pflanzlichen Ölen, Wickeln, Bädern, Bienenwachsauflagen und dergleichen mehr erreicht werden.

In diesem Zusammenhang sprach Facharzt Sauer vom beglückenden "Wunder der Berührung", durch die innere Wärme gut entstehen kann. So könne es schon eine ganz besondere Wohltat für den Patienten sein, wenn man ihm etwa vor dem Zubettgehen einfach nur die Füße mit wohltuenden Mitteln einreibe.

"Schmerz wird viel mehr wahrgenommen, wenn Menschen allein sind", lautet eine Erfahrung Sauers. Entsprechend gilt es bei der ganzheitlichen Behandlung, Möglichkeiten zu schaffen, um von Schmerz und depressiven Gefühlen abzulenken. Dies kann gelingen durch frühzeitigen Einsatz von kreativen Therapieverfahren wie etwa Malen, plastischem Gestalten und Musiktherapie. Auch Zeit für begleitende Gespräche und Biografiearbeit haben ihren festen Platz bei der individuellen Behandlung schwer erkrankter Menschen. Das alles könne für den meist erschöpften und geschwächten Patienten äußerst hilfreich sein und seine Selbstheilungskräfte stärken.

Wachstum und Reifen

"Es geht im Leben immer um Wachstum und Reifen", unterstrich der Mediziner und fügte hinzu: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, wir alle benötigen innere Nahrung."

Am Schluss bekräftigte der Referent noch einmal, das nur "das Zusammenspiel von allem" zu einem optimalen Ergebnis führe. Sauer wünscht sich, dass diese bewährte, ganzheitliche Form der Palliativversorgung möglichst bald in allen medizinischen Disziplinen Einzug halten kann.