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"Jesu Liebe, das ist die Liebe, die keinen Schmerz, keinen Verzicht,

"Jesu Liebe, das ist die Liebe, die keinen Schmerz, keinen Verzicht, kein Leiden scheut, wenn es dem anderen hilft." Dieser Satz von Dietrich Bonhoeffer trifft sehr gut das, was in der Karwoche geschieht. Christinnen und Christen gehen in Gedanken mit Jesus Christus seinen letzten Weg, bis ans Kreuz. Er wollte, dass die Menschen die Liebe Gottes spüren, auch wenn das bedeutete, dass er hierfür sein Leben lassen musste.

Einer Legende nach trifft Jesus auf seinem Weg zum Hügel Golgatha auf eine Frau mit Namen Veronika. Veronika wird in der Bibel nicht erwähnt, aber ihre Geschichte hätte so geschehen können. Denn der Evangelist Lukas erzählt, dass viele Menschen Jesus auf seinem Leidensweg nach Golgatha begleitet haben. Manche haben geweint, getrauert, andere ihn verspottet. In dieser Situation tritt nun diese Frau heran, nimmt ihr Kopftuch ab und trocknet damit das blutende und schwitzende Gesicht von Jesus. Und dabei hat sich, so erzählt es die Legende, das Antlitz Jesu in ihr Kopftuch eingeprägt.

Auf dem Kopftuch dieser Frau soll sich also das "wahre Abbild" Jesu befinden. Von diesem Ereignis her hat sie ihren Namen bekommen. Aus dem lateinischen "vera ikon" ("wahres Abbild") wurde im Weitererzählen der Name Veronika.

Für mich werden an dieser Legende zwei Dinge deutlich. Zum einen: Jesus hat sich als Gottes Sohn dem menschlichen Leben mit all seinen Facetten ausgesetzt, auch dem Leid und der Angst. Wie nahe kommt er uns da. Einer, der solche Schmerzen und Ängste ausgestanden hat, der wird auch die großen und kleinen Ängste unseres Lebens verstehen und teilen. Wenn wir nun an die Angehörigen der Opfer des Flugzeugabsturzes denken, dann können wir darauf vertrauen, dass er auch bei ihnen ist und mit ihnen leidet.

Zum anderen ist mir auch Veronika ein Vorbild, wie sie auf den leidenden Jesus zugeht. Es ist nur eine kleine Geste, das Abtrocknen des Gesichtes Jesu, mit der sie zeigt: Ich bin bei dir und versuche, wenigstens ein wenig deine Not zu lindern.

Es gibt viele Menschen in unserer heutigen Zeit, die ihrem Beispiel folgen. Sie scheuen sich ebenfalls nicht, sich dem Leid anderer auszusetzen: Menschen, die nun die Trümmer des verunglückten Flugzeugs bergen, die die Angehörigen und die Opfer nach Katastrophen seelsorgerlich und psychologisch begleiten. Nachbarn, die nicht wegschauen, sondern einander helfen. Männer und Frauen, die sich auf der ganzen Welt für die einsetzen, die ausgegrenzt und krank sind.

Unter dem Motto "Gemeinsam singen und Gutes tun" wird es morgen, Sonntag, in der evangelischen Martinskirche in Stammheim einen ökumenischen Kantatengottesdienst zugunsten der Lepramission geben. Die Leidenschaft zur Musik bringt die Musizierenden zusammen, und nur miteinander kann die Not von Leidenden gelindert werden.

Wenn dem Leid mit Menschlichkeit und Mitgefühl begegnet wird, dann zeigt sich darin für mich das wahre Antlitz Jesu, das Zeit seines Lebens und darüber hinaus die Liebe Gottes ausgestrahlt hat.

Linda Wagner ist Pastorin der evangelisch-methodistischen Kirche, Bezirk Calw