Der Musikschulsaal war zur Eröffnung der Ausstellung voll besetzt. Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausstellung: "Klingsors letzter Sommer" im Museum: Künstlerin Sighanda verarbeitet Hesses Werke in ihren Bildern

Die Stadt Calw und die Liebe zur Kunst. Diese Liaison ist um eine weitere Episode bereichert. Ab sofort kann im Hermann Hesse-Museum eine Ausstellung mit Werken der bedeutenden italienischen Künstlerin Sighanda bestaunt werden.

Calw. Hesses Novelle "Klingsors letzter Sommer" ist für die junge Malerin Inspiration und Quelle ihres umfangreichen Schaffens. Die Illustrationen sind mit dem Titel "Hermann Hesse: Eine Mythologie des Tessins" treffend beschrieben. Dominique Fidanza, die junge Malerin und Musikerin mit dem Pseudonym Sighanda, kam eigens aus dem Tessin angereist, um der feierlichen Ausstellungseröffnung den würdigen Rahmen zu verleihen.

Enges Verhältnis mit Wahlheimat des Autors

Im voll besetzten Musikschulsaal freute sich Oberbürgermeister Ralf Eggert über die 30-jährige Freundschaft mit dem einmalig schönen Landstrich in der italienischsprachigen Südschweiz. Mit der Wahlheimat des Literaturnobelpreisträgers, insbesondere mit der Gemeinde Collina d’Oro, verbindet die Geburtsstadt Hesses ein enges freundschaftliches Verhältnis. So sei es bereits Tradition, sich gegenseitig bei Veranstaltungen oder Lesungen zu besuchen und auszutauschen. Kuratiert von der Fondazione Hermann Hesse war es der Stadt ein Anliegen, diese farbenfrohe Schau auch in Calw zeigen zu können. Immerhin stellte Sighanda bereits an anderen Orten erfolgreich aus und gewann Fans.

Felicitas Günther, die Leiterin der städtischen Museen, dankte der Künstlerin, die am Vorabend noch ein Konzert in Bellinzona gab und sich nicht zu schade war, am frühen Morgen den ersten Zug nach Calw zu nehmen, begleitet von ihrem Partner und Mitkurator Matteo Genini.

Günther dankte Regina Bucher und ihrem Tessiner Team, ihrem eigenen Museumsteam, stellvertretend für alle dem Projektleiter Timo Heiler sowie der Sparkasse Pforzheim Calw, mit der sich der Leihverkehr immer wieder reibungslos gestalte. Die Sparkasse trägt zur aktuellen Ausstellung mit Aquarellen Hesses aus Eigenbesitz bei.

Die Nachwuchstalente der Calwer Musikschule Elen Mantello, Luisa Bohlay und Lena Hirschinger unter der Leitung des Leiters Olaf Kerkau versüßten den Eröffnungsakt mit Stücken am Klavier zu sechs Händen.

Bevor Günther auf die Auseinandersetzung von Singhanda mit den Hesse-Werken und auf dessen Wahlheimat einging, gelang es ihr eindrucksvoll, Hesses damalige Situation zu schildern. Aus dieser heraus sind sowohl Hesses Aquarelle als auch die Novelle "Klingsors letzter Sommer" entstanden.

Hesse hatte 1919 beim Umzug ins Tessin eine leidvolle Zeit hinter sich. Trennung von seiner Familie, moralische Verbannung aus Deutschland auf Grund seiner Antikriegshaltung, finanzielle Probleme und eine große psychische Krise, um nur einige seiner negativen Lebensinhalte zu nennen. Hesse zog in die Casa Camuzzi in Montagnola. Dort fand er, auch durch die Aquarellmalerei, wieder neuen Lebensmut.

Die Erzählungshandlung bildet den Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung und hat einen stark autobiografischen Hintergrund. Die Casa Camuzzi nannte Hesse selbst "Klingsors Schlösschen". Und von "Klingsors Balkon" aus genoss Hesse die Aussicht auf den üppig verwilderten Garten.

Ortsnamen sind nur leicht verfremdet. Montagnola wird zu Castagnetta, Lugano zu Laguno und Carano zu Kareno. Auch die Personen haben ihre Entsprechungen in der Realität. Die Königin der Gebirge im roten Kleid ist Ruth Wenger, die zukünftige Ehefrau von Hermann Hesse.

Klingsor verbringt den letzten glühenden Sommer seines Lebens immer zwischen den Extremen Lebensfülle und Todesangst.

Alle Texttafeln auf deutsch und italienisch

Die Museumschefin lud mit einem Hinweis auf eine Besonderheit der Ausstellung zu einem Rundgang an der Seite der Künstlerin ein: Alle Texttafeln sind in deutscher und italienischer Sprache vorbereitet, was vor allem die diesjährigen Besucher aus Italien und dem Tessin freuen dürfte. Immerhin ist es auch ein deutsch-italienisches-schweizerischen Kooperationsprojekt.

Nicht ohne Stolz besichtigte man dann auch gemeinsam die Glasvitrine mit Schemel und Sonnenhut. Beide waren treue Begleiter des Malers Hesse.

Sighandas Aquarelle gehören zum Genre der künstlerischen Reisetagebücher. Neben Hesses Aquarellen fügen sich die Werke Sighandas harmonisch in das Bild. Im ausgestellten Zyklus nimmt sie Hesses Impressionen auf. Sie stellt eine Verbindung zwischen den Beschreibungen in seiner Erzählung und der heutigen Wirklichkeit der im Klingsor beschriebenen Orte her.

Sighanda, inspiriert von der Kunst und Literatur Hesses, bringt, wie der Schriftsteller es selbst auch tat, das Bedürfnis zum Ausdruck, Raum und Zeit festzuhalten. Spontan und ohne Störung von außen. Singhanda ergänzt ihre Werke mit eignen Blitzgedanken sowie Einflüssen Hesses.

Dabei bringt sie diese Sätze mit einem feinen Stift auf dem auquarellierten Bild ein. Dadurch werden magische Augenblicke zu schönen Bildeindrücken, mit Notizen versehen.

Ein Beispiel im Foyer, nur eines von vielen Exemplaren in den Ausstellungsräumen: In vier Glaskästen ist jeweils ein aufgefaltetes Leporello enthalten. Auf diesen hat Sighanda Eindrücke der Klingsor-Schauplätze für das Museumspublikum festgehalten.

Hermann Hesse-Fans werden diese Sonderausstellung im Calwer Hermann Hesse Museum nicht verpassen. Und auch Singhanda-Anhänger oder neugierige Kunstliebhaber sollten die Ausstellung besuchen.