In knapp zwei Jahren sollen auf der Strecke der Schwarzwaldbahn die Züge der Hesse-Bahn fahren. Foto: Fritsch

Bahninitiative ruft Kommunen im Kreis Böblingen zum Einstieg in den Zweckverband Hesse-Bahn auf.

Renningen/Calw - Bisher stößt das Projekt Hermann-Hesse-Bahn nicht unbedingt auf Begeisterung im Nachbarkreis Böblingen. Eine Ausnahme ist da die "Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn" (BAUS). Die hat jetzt die Gründung des Zweckverbands Hesse-Bahn gelobt und eine Mahnung an die diversen Kommunen im Kreis Böblingen gerichtet.

In einem Schreiben begrüßt die "Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn" (BAUS) den Beschluss des Calwer Kreistages sehr, der mit den Calwer Anliegergemeinden den Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn gründen wird. Doch mindestens einer, wenn nicht weitere Teilnehmer fehlen aus Sicht der im Kreis Böblingen angesiedelten Bürgerinitiative, nämlich die kommunalen Vertreter auf Böblinger Seite.

"Jetzt gibt es kein Zurück mehr"

Hans-Peter Benzing aus Renningen, einer der Bahnaktivisten und selbst täglicher Bahnpendler Richtung Stuttgart, freut sich sehr über den raschen Beschluss in Calw für den künftigen Zweckverband, der die Infrastruktur und Betriebsvergabe für die Bahnverbindung Calw – Weil der Stadt – Renningen übernimmt: "Das war nach dem Planfeststellungsbeschluss der nächste entscheidende Schritt – jetzt gibt es kein Zurück mehr!"

Doch aus Sicht der ehrenamtlichen Bahnkenner braucht es für den Zweckverband weitere Mitglieder: Nicht nur das Böblinger Landratsamt, auch die Städte Weil der Stadt und Renningen sollten sich anschließen. "Nur wer sich beteiligt, darf auch mitbestimmen", darauf verweist der Mitbegründer der Initiative, Hans-Joachim Knupfer aus Leonberg. Denn auch für den Kreis Böblingen sei die künftige Regionalschnellbahn zum Verkehrsknoten Renningen von maßgeblicher Bedeutung: Ein vom Kreis Böblingen selbst vorgelegtes Gutachten belege, dass etwa 40 Prozent des Nutzens des staufreien Schienenweges Calw – Renningen dem Kreisgebiet Böblingen zugutekäme, durch die raschere Nahverkehrsanbindung, weitere Nachfrage auf der Tangential-S-Bahn S 60 Renningen – Böblingen, und durch weniger Pkw auf den überregionalen Straßen aus Calw.

Vor allem aber stärke der reaktivierte Westabschnitt der vor 140 Jahren gebauten "Schwarzwaldbahn" aus Calw die verkehrliche Attraktivität der Kommunen im Altkreis Leonberg, "ein traditionelles gemeinsames Einzugsgebiet", wie Knupfer weiß. Mit der Wiederinbetriebnahme der Calwer Bahnfortsetzung steige zudem die Chance, dass auch die S-Bahn S 6 längerfristig endlich eine Entlastung durch rasche Eilzüge Calw – Weil der Stadt – Renningen – Leonberg – Stuttgart erfahre, den so genannten Calw-Express (Calex). "Dadurch würde sich die Reisezeit für die Pendler aus Weil der Stadt und Renningen um rund eine Viertelstunde verkürzen", rechnet Knupfer vor.

Gemeinden noch im "Bremserhäuschen"

Das sei auch für die gewerblichen Anlieger wie Bosch und Geze in Renningen und Leonberg vorteilhaft, für die Fahrt nach Stuttgart wie in die Gegenrichtung. Daher wäre jedoch eine finanzielle Beteiligung der betreffenden Kommunen im Kreis Böblingen an den Investitions- und Betriebskosten jetzt schon geboten: "Für den Kreis Böblingen könnten wir uns einen Anteil von zehn Prozent vorstellen."

Hans-Joachim Knupfer verweist auf das Beispiel der Gemeinde Ostelsheim, die sich zunächst nicht am Zweckverband beteiligten wollte, jetzt aber mit einem überschaubaren Anteil doch dabei ist und somit ihren Einfluss geltend machen kann. Die Botschaft richte sich auch an die Gemeinden Weil der Stadt und Renningen, die bisher – was das Calwer Bahnprojekt angehe – im Bremserhäuschen säßen. Schon im Interesse der Bürger dieser Kommunen entlang der Strecke sei eine solche Haltung nicht zweckmäßig: "Gleichberechtigt mitgestalten ist besser als aus der Ferne zuschauen", so die Haltung der Bahnbefürworter.