Ist der KSK-Skandal nur die Spitze des Eisberges? (Symbolbild) Foto: dpa

Ermittlungen zu Franco A. führen Polizei in Hesse-Stadt. Möglicherweise nur Spitze des Eisbergs.

Calw/Berlin - Calw im Nordschwarzwald, Graf-Zeppelin-Kaserne: Am 15. September 2017 rückt das Bundeskriminalamt (BKA) an und will in der Kaserne des Kommandos Spezialkräfte (KSK) drei Soldaten vernehmen. Es geht um den Fall Franco A., jenen Oberleutnant, der sich eine Identität als syrischer Flüchtling verschafft hat und laut Anklage aus rechtsextremer Gesinnung einen Anschlag geplant haben soll. Er hat womöglich über Chatgruppen oder auch persönlich Kontakt zu KSK-Soldaten gehabt.

Doch der Polizeieinsatz wird vorher bekannt. Die Durchsuchung soll durchgestochen worden sein. Vor dem Amtsgericht Köln ist deswegen nun ein Oberstleutnant des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) wegen Geheimnisverrats angeklagt. In seiner Vernehmung durch die MAD-Wehrdisziplinaranwaltschaft bestreitet er das aber. Er sei selber vom Vorgehen des BKA überrascht gewesen. Zur Vernehmung geladen war auch eine "Auskunftsperson" des MAD im KSK.

Beamte durchsuchen "Prepper"-Verstecke

Die Ermittlungen zu Franco A. wegen des Terrorverdachts reichen bis nach Mecklenburg-Vorpommern, wo die Polizei im August 2017 Wohnungen und Büros von sechs "Preppern" durchsucht. "Prepper" bereiten sich mit Vorräten auf schwere Krisen oder einen Zusammenbruch staatlicher Strukturen vor – teils kalkulieren sie dabei auch den Einsatz von Schusswaffen ein. Die Verdächtigten im Norden – darunter ein Polizist, ein Rechtsanwalt und ein Bundeswehr-Reservist – sollen sich zu einer Gruppe "Nordkreuz" zusammengeschlossen haben. In Vernehmungsprotokollen machen Zeugen Angaben zu mehreren Chatgruppen, in denen Szenarien für den Fall eines Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung diskutiert werden. Als Auslöser für eine solche Situation werden eine Zunahme von Anschlägen und die weitgehend unkontrollierte Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge angenommen.

Geprüft wird von den Ermittlern der Verdacht, es gebe "Todeslisten" mit den Namen politischer Gegner aus dem linken Spektrum. Die Ermittlungen laufen; gerichtsfeste Beweise fehlen, heißt es aus Ermittlerkreisen. In Berichten mehrerer Medien ist aber ein ungeheurer Vorwurf lautgeworden: Gab es Vorbereitungen für eine rechtsextreme "Schattenarmee", die auf einen "Tag X" eingestellt ist und Morde an politischen Gegnern plant?

Auch Verein im Kreuzfeuer der Kritik

Nach den Berichten von "taz" und "Focus" steht auch der Verein Uniter e.V. im Feuer, ein Zusammenschluss von Leuten aus dem staatlichen und privaten Sicherheitsbereich, der Diskussionsrunden zu dem Thema und eine Art Stellenbörse organisiert, aber auch karitativ tätig ist – und Schießtrainings anbietet. Über Chatgruppen habe es Kontakte zwischen Spezialeinheiten und der "Prepper"-Szene gegeben, heißt es in den Medienberichten.

Uniter wurde nach eigenen Angaben 2010 aus zwei Netzwerken für Kommandoeinheiten der Bundeswehr und Polizei sowie einer Gruppe aus dem europäischen Nato-Kommando Shape gegründet. Der Verein wurde demnach später für Interessierte über Spezialkräfte hinaus geöffnet und hat jetzt mehr als 1800 Mitglieder. Die Vereinsführung weist Verbindungen in extremistische Strukturen zurück und kritisiert, inzwischen hätten mindestens vier Mitglieder wegen der Verdächtigungen ihre Arbeitsstellen verloren.

Aus der CDU wird vor einem Generalverdacht gegen Soldaten gewarnt. Militärexperten melden zudem Zweifel an der Art und Weise an, wie hier mehrere Fälle zu einem Puzzle zusammengelegt würden. Wenn – als Teil einer "Schattenarmee" – mehrere Hundert Mann unter Waffen wären und Pläne für einen Umsturz hätten, gäbe es Hausdurchsuchungen und Festnahmen, sagt ein in die "Prepper"-Szene vertrauter Experte.