Will auf kommunaler Ebene keine Parteipolitik machen: der Burladinger Bürgermeister Harry Ebert. Foto: Eyrich

Amtsblatt-Affäre lässt an Neutralitätsversprechen Eberts zweifeln. Einführung von Abwahl-Verfahren gefordert. Mit Video

Burladingen - Zum ersten Mal hat sich der Burladinger Bürgermeister Harry Ebert (58) öffentlich zu seinem Parteibeitritt in die AfD geäußert. Dabei schlägt er neue Töne an. Derweil wird unter den Bürgern, die sich in sozialen Netzwerken und per Leserbrief zu Wort melden, die AfD-Mitgliedschaft ihres Stadtoberhaupts kontrovers diskutiert. Einige ärgern sich über den Betrug am Wähler, andere gratulieren.

Wolfgang Grupp: Vorfall ist Lücke im Rechtssystem

Wolfgang Grupp, dessen meinungsstarke Talk-Show-Auftritte und ungewöhnlichen Werbeideen mit Schimpansen und Luftschiffen bislang vor allem für positives Stadtmarketing sorgten, nahm auf Anfrage unserer Zeitung ebenfalls Stellung. Der 75-Jährige Textilunternehmer hält den Vorfall sogar für eine Lücke im deutschen Rechtssystem. "Wenn die Burladinger einen Bürgermeister gewählt haben, der damals als Parteiloser angetreten ist, müssten sie jetzt auch die Chance haben, neu zu wählen", sagt Grupp.

Ebert, dessen Parteibeitritt der Landesverband der AfD am Freitagnachmittag verkündet hatte und hoffte, damit eine Initialzündung für andere Kommunalpolitiker und Bürgermeister zu geben, nennt als Grund für seinen Entschluss "Unzufriedenheit über die Regierungspolitik". Es betreffe insbesondere die Bildungs-, Migrations- und EU-Politik, sagte er am Montag. "Ich habe mein Amt in den vergangenen 19 Jahren überparteilich ausgeübt und werde das auch in Zukunft machen", erklärte Ebert. Und: "Parteipolitik hat auf kommunaler Ebene nichts zu suchen."

Amtsblatt-Affäre lässt an Eberts Neutralitäts-Versprechen zweifeln

Sein Gemeinderat hat das freilich anders gesehen. Immerhin löste Eberts Stellungnahme zur Flüchtlingspolitik im Mitteilungsblatt der Stadt im Herbst 2016 die "Amtsblattaffäre" aus. Von seinen Räten kritisiert, gab er minutenlange rechtskonservative Statements ab, äußerte sich auch immer wieder fremdenfeindlich in sozialen Netzwerken. Die ehrenamtlichen Bürgermeister-Stellvertreter und die Fraktionsvorsitzenden traten schließlich zurück.

Die neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU und der Freien Wähler des Burladinger Gemeinderats, Michael Eisele und Rosi Steinberg, sind gerade mal einen Monat im Amt und müssen nun Eberts Parteibeitritt zur AfD kommentieren. Michael Eisele wertet es als "Provokation" und ärgert sich vor allem über die "Negativ-Schlagzeilen", die Burladingen durch Harry Ebert verursacht mache.

Die Bürger versucht Eisele zu beruhigen: Der Gemeinderat sei das gewählte Hauptorgan der Stadt und werde im Rathaus keine AfD-Politik dulden. Rosi Steinberg (FW) meinte, es sei schon seit langem zu erwarten gewesen, dass der Bürgermeister diesen Schritt vollführt. Sie vermutet auch, dass dies die Initialzündung für die AfD auf kommunalpolitischer Ebene in Burladingen sein könnte, eine Liste für die Stadt und auch für den Kreistag aufzustellen.

Im Frühjahr 2019 sind die nächsten Kommunalwahlen. Vermutlich wird dann auch der Alt-Mediziner und Gemeinderat Armin Schweitzer mit von der Partie sein. Der Ebert-Duzfreund hatte die Linie der beiden Fraktionen, die Ebert offen kritisiert hatten, nie mitgetragen und war aus diesem Grund bei den Freien Wählern ausgetreten. Er hatte angekündigt, sich "parteipolitisch neu orientieren" zu wollen. Die Freien Wähler hatte das überrascht, sie hatten es aber zur Kenntnis genommen. Schweitzer will bis zur nächsten Wahl als Fraktionsloser dem Gemeinderat angehören. Harry Ebert hatte ihm zugesichert, dass er wie bisher alle Informationen bekommen werde, zu denen die anderen Gemeinderäte auch Zugang haben.

SPD-Kreisvorsitzender will Änderung der Gemeindeordnung

Der SPD-Kreisvorsitzende Alexander Maute nahm den AfD-Beitritt Eberts zum Anlass, in einer Pressemitteilung die Änderung des Kommunalwahlrechtes zu fordern. "Die Abwahl von Bürgermeistern sollte möglich sein – in begründeten Fällen", sagt Maute und fordert daher eine Überprüfung und Anpassung der Gemeindeordnung durch den Landtag von Baden-Württemberg. Auch Landrat Günther-Martin Pauli hatte schon mehrfach ins gleiche Horn gestoßen. Er hat es im Zollernalbkreis mit mehreren "Problem-Bürgermeistern" zu tun, die in ihrem Amt Fehlverhalten an den Tag legten, sogar Dienstpflichten verletzten. Der Beitritt zu einer demokratisch gewählten Partei gehört dazu allerdings nicht.