Michael Eisele, stellvertretender Ortsvorsteher von Gauselfingen. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Der stellvertretende Ortsvorsteher über frustrierte Gauselfinger und fehlende Infrastruktur

Burladingen-Gauselfingen. Der Schwarzwälder Bote berichtete bereits darüber: Gauselfingen ist nicht mehr der größte Burladinger Teilort, er wurde von Ringingen überholt. Wir sprachen darüber mit dem stellvertretenden Ortsvorsteher Michael Eisele.

Herr Eisele, Sie haben uns schon gesagt, Sie seien "erschreckt und schockiert". Aber wie geht es jetzt weiter?

Ich will es mit aller Deutlichkeit sagen: Wir haben den Anspruch und das Ziel wieder größter Stadtteil zu werden, denn es ist in Gauselfingen längst überfällig, diese negativen Entwicklungen aufzuhalten und umzukehren. Leider ist das nicht ganz so einfach, wie es gesagt und gefordert wird. Von daher wird dies für die kommenden Jahre die große Aufgabe des neuen Ortsvorstehers sein, der dazu Kompetenz und kommunalpolitische Erfahrung mitbringen sollte.

Wieso gehen ihrer Meinung nach die Zahlen nach unten?

Der Bevölkerungsrückgang resultiert natürlich auch aus dem Rückzug der elementaren Grundversorgung wie dem Bäcker, den Banken und der Grundschule. Das frustriert die Gauselfinger Bürger und es frustriert auch mich. Grundsätzlich aber hat die Verwaltung nicht immer Einfluss auf die Entwicklungen unserer Zeit und die Politik der einzelnen Unternehmen, seien das Banken, Krankenkassen oder andere Institutionen. Dennoch sage ich, da wo wir Einfluss nehmen und gestalten können, müssen wir das bis zum Maximalen tun, um das Bestmögliche für das Dorf zu erreichen.

Wo wollen Sie denn da ansetzen?

Dazu muss an verschiedenen Punkten angesetzt werden: Ein Erfolgsrezept könnte darin liegen zu versuchen, junge Menschen und Familien nach Gauselfingen zu locken. Dazu gehört aber zuallererst die Schaffung von attraktiven Wohnbauplätzen. Die Nachfrage ist da, doch leider können wir oft mit unseren drei verbliebenen Plätzen, die Ende der 80er-Jahre erschlossen wurden, nicht das bieten, was die Interessenten suchen. Trotz alledem dürfen wir aber auch die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung nicht aus den Augen verlieren.

Die Grundschule ist weg, wie sehen sie die Situation im Kindergarten?

Wir haben mittlerweile einen sanierten und modernen Kindergarten, der sich an den Bedürfnissen der Eltern und der Zeit orientiert, und sich auch stetig weiterentwickelt. Das kommt uns zu Gute, wenn junge Familien über Dableiben, Wegziehen oder Herziehen entscheiden. Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Kindergärten der Verwaltung und dem Stadtrat ein wichtiges Anliegen sind – überall in Burladingen.

Welche Rolle spielt das Hickhack um das immer noch nicht vorhandene DSL in Gauselfingen?

Die unendliche Geschichte und unzählige Gespräche und Anrufe auf verschiedenen Ebenen: Ein schnelles Internet gehört in unserer digitalisierten Welt natürlich zu der wichtigsten Infrastruktur und zur Attraktivität einer Gemeinde. Nach zehn Jahren der vielen Hoffnungen und Enttäuschungen befinden wir uns dabei auf der Zielgeraden und ich hoffe, dass wir die Weihnachtseinkäufe oder zumindest Teile davon über unser schnelles Internet tätigen können. Das aktuelle Problem mit den fehlenden Daten scheint gelöst zu sein und nun fordere ich von unserem Betreiber, Nägel mit Köpfen zu machen. Viele Bürger sind teilweise ohne Telefon, weil sie gekündigt haben, um aus ihrem alten Vertrag heraus zu kommen. Zustände, dass man nicht meinen sollte, im Deutschland des 21. Jahrhunderts zu leben. Ich möchte aber auch deutlich sagen, und diese Meinung kennt man von mir aus dem Stadtrat, dass man sich in dieser Angelegenheit nun nicht zurücklehnen kann. Die Digitalisierung wird immer wichtiger und deshalb wird der Ausbau des Glasfasernetzes uns alle auch in den weiteren Jahren beschäftigen. Das Ziel muss sein, dass jedes Haus Glasfaser einziehen kann, sofern die Bewohner das wünschen und benötigen.

Gesellschaftliches Engagement, Ehrenamt, freiwillige Arbeitseinsätze fürs Dorf spielen überall in den Teilorten eine große Rolle, machen viel am Wohlgefühl der Bewohner aus. Wie stets da in Gauselfingen?

Es gilt, die Vereine so gut es geht zu unterstützen und zu fördern. Dies ist ein enorm wichtiger Punkt: Sie sind bei uns der Motor einer funktionierenden Gesellschaft und des dörflichen Zusammenhalts und das soll in Gauselfingen auch so bleiben. Je höher die Vereinsdichte, desto stabiler das Dorf. Ich weiß aus persönlichen Gesprächen, dass es auch bei uns nicht an freiwilligen Arbeitseinsätzen mangeln würde, wenn man die Menschen dazu motiviert.

Außerdem gehört dazu, dass das Gemeinschaftsleben in Gauselfingen wiederbelebt werden muss. Sei es über die Vereine, Gruppierungen oder Orte, wo man sich treffen kann. In Gauselfingen fehlt ein Ort der Begegnung, der sozialen Kontakte und der Kommunikation, was gerade auch für den älteren Teil der Bevölkerung von immenser Bedeutung ist.

Und wie wollen sie die Infrastruktur fördern?

Wir müssen uns auch den Vorteil der Zuganbindung, den wir gegenüber anderen Ortsteilen haben, stärker zu Nutze machen. Wir dürfen bei der Elektrifizierung der Zollern-Alb-Bahn im Rahmen der Regionalstadtbahn nicht abgehängt werden, sollten versuchen, die Zugverbindung im Stundentakt zu bekommen. Dies müssen wir in Gesprächen mit den zuständigen Mandatsträgern auf allen politischen Ebenen immer wieder in Erinnerung rufen. Ein Beispiel: In Burladingen entsteht das Ärztehaus direkt am Bahnhof, was für ältere Menschen aus Gauselfingen, die die Zugverbindung für einen Arzttermin nutzen können, enorm von Vorteil ist.

Was wird die schwierigste Aufgabe in Gauselfingen sein?

Schwierig wird es sein, Gewerbe und Industrie bei uns anzusiedeln, da wir natürlich vom Standort her verkehrstechnisch unattraktiv liegen. Und doch gibt es auch Unternehmen in Gauselfingen, wie Deutschlands größten Bettwarenshop, die zeigen, dass auch an diesem Standort vieles möglich ist. Aber um das anfangs genannte Ziel der Dorfentwicklung zu erreichen, sind alle Aufgaben schwierig (lacht). Alles hängt miteinander zusammen, weshalb man nicht nur an einer Schraube drehen kann.

 D ie Fragen stellte Erika Rapthel-Kieser