Die Werbung mit dem Affen hat ihn bekannt gemacht: Wolfgang Grupp, Chef des Textilherstellers Trigema. Foto: Seeger

SWR-Fernsehdoku widmet sich mit Trigema-Chef Wolfgang Grupp einem Phänomen.

Burladingen - Mal wird er als "Unternehmer mit dem Affen" bezeichnet, dann wieder als "König von Burladingen". Aber die Ironie, die beiden Bezeichnungen anhaften könnte, perlt am akkuraten Maßanzug von Trigema-Chef Wolfgang Grupp ganz einfach ab.

Vierteilige SWR-Fernseh-Dokumentation

Kopfschüttelnde Bewunderung, das ist auch die naheliegende Reaktion auf die vierteilige Fernseh-Dokumentation, die unter dem Titel "Neues vom König aus Burladingen" derzeit mittwochs jeweils um 22.30 Uhr im Südwestfernsehen läuft.

Wolfgang Grupp (68) ist nicht zuletzt wegen der Werbepause vor der Tagesschau prominent. Dort erscheint seit mehr als zehn Jahren regelmäßig der legendäre Spot, in dem er als Trigema-Chef durch den Nähsaal seines Unternehmens stakst und darauf hinweist, er sichere in seiner Firma 1200 deutsche Arbeitsplätze. Ein Schimpanse empfiehlt deshalb den Kauf von Trigema-Produkten. Irgendwie komisch, dieser Film, aber auf jeden Fall einprägsam.

Fortsetzung dieses Werbefilms

Die SWR-Fernsehdokumentation wirkt wie eine Art Fortsetzung dieses Werbefilms. Grupp gibt damit durchaus auch seltsame Seiten von sich preis, aber weil er als Unternehmer seit Jahrzehnten in einer schwierigen Branche 1200 Burladinger Arbeitsplätze sichert, wirkt das alles so, als liege genau in diesen Marotten das Trigema-Erfolgsrezept.

Grupp ist in weiten Bevölkerungskreisen beliebt, obwohl er fast alles tut, um sich äußerlich abzugrenzen. Kaum jemand trägt solche korsettartig enge Maßanzüge. Im Film sieht man ihn im Winter in grotesk dicken Überschuhen von der Firma quer über die Straße in seine von einer weißen Mauer umfassten Villa stapfen, wo ihm der Butler als Mittagessen ein Müsli serviert. Der Löffel in der Schale ist angeblich aus Gold.

Luxus-Marotten des Chefs

Geschichten über Luxus-Marotten des Chefs kursieren viele in Burladingen. Bitterkeit schwingt dabei selten mit. Grupps Reichtum bildet nach allgemeinder Auffassung das angemessene Gegengewicht zu seiner Lebensleistung, die auch darin besteht, dass er diesen in der Kernstadt gerade mal 5600 Einwohner zählenden Ort auf der Schwäbischen Alb fast im Alleingang wirtschaftlich am Leben erhält. "König von Burladingen", das umschreibt auch seine Bedeutung für seinen Heimatort. Von Grupps unternehmerischen Entscheidungen hängt für viele Burladinger mehr ab als von Gemeinderat oder Bürgermeister.

Grupp ist aber auch gern mittendrin. Man sieht ihn in der SWR-Reportage im Großraumbüro, wo sein Schreibtisch neben dem der anderen Mitarbeiter steht. Keine Sekretärin, keine schallgedämpften Besprechungszimmer. Wenn der Chef jemand zur Minna macht, was durchaus mal vorkommt, kriegen das viele ungefiltert mit. Den Großteil seiner Mitarbeiter kennt er mit Namen. Eine Betriebsfamilie. Oft hat schon der Opa des Lehrlings für ihn gearbeitet.

Sparsamkeit ist ein Prinzip - hat mit Betriebswirtschaft nichts zu tun

Dann zeigt der Film, wie Grupp Blätter aus dem Papierkorb klaubt, weil die im Faxgerät noch verwendet werden können. Der Film zeigt auch Hausmeister Müller als exemplarischen Trigema-Mitarbeiter, der mit Klebeband kaputte Plastik-Mülltüten repariert und sich auch sonst voll reinhängt. Schwaben unter den Zuschauern schmunzeln über solche Szenen besonders. Sparsamkeit ist ein Prinzip, das Mülltüten selbstverständlich einschließt. Mit Betriebswirtschaft hat das nichts zu tun. Seit Grupp 1975 die damals tief verschuldete Firma von seinem Vater übernahm, hat er Trigema nicht nur grundlegend saniert, er hat die Firma zu einer Wertegemeinschaft geformt, in der Verantwortung ein zentraler Begriff ist.

Diese Gemeinschaft basiert auf einer grundlegenden Vereinbarung: Grupp garantiert seinen 1200 Beschäftigten den Arbeitsplatz und deren Kindern einen Ausbildungsplatz im Betrieb. Dafür erwartet er von seinen Leuten bis ins letzte Glied absolute Hingabe an die Arbeit. Der Hausmeister ist Teil der Betriebsfamilie und kann sich durch gute Arbeit den gleichen Respekt des Chefs erarbeiten wie ein leitender Angestellter.

Am Ende aber gilt: Grupp ist der König. Auch das wird im SWR-Film sehr deutlich. Er delegiert kaum, die Idee, ein Nicki-Nachthemd in die Kollektion aufzunehmen, verwirft er, obwohl neben der Designerin auch Ehefrau Elisabeth sich vehement dafür einsetzt.

"Wirtschaft braucht Anstand", heißt seine aktuelle Biografie

Trotz solcher autokratischer Züge fällt der Trigema-Chef positiv auf in der Öffentlichkeit. Wer im Internet etwa Facebook-Kommentare privater Nutzer liest, stößt auf eine fast geschlossene Front schwärmerischer Bewunderer. Viele sehen in Grupp das Unternehmer-Vorbild, den ehrlichen Charakter, der einer als verlogen eingeschätzten Managerkaste den Spiegel vorhält. "Wirtschaft braucht Anstand" heißt konsequenterweise die gerade erschienene Biografie, die zumindest im süddeutschen Buchhandel guten Absatz findet.

Sein Image als Unternehmer-Vorbild hat sich Grupp in heftigen Auseinandersetzungen in deutschen Talkshows ehrlich erworben. "Versager" und "Größenwahnsinnige" nennt er dort vor laufenden Kameras angestellte Manager, die seiner Ansicht nach leichten Herzens Mitarbeiter entlassen, dicke Provisionen einstreichen und im Fall des Misserfolgs nicht mit ihrem Vermögen haften. Seine volle Verachtung ziehen sich Unternehmer zu, die ihre Produktion ins Ausland verlagern.

Auch das passt ins Bild des Königs, der ohne Volk ja nicht denkbar wäre. Wie sehr er den direkten Kontakt braucht, wurde kürzlich beim Spatenstich zu einem Bauprojekt in Burladingen deutlich. Millionen in eine Fabrik in einem fernen Land zu investieren, das würde ihm keine Freude machen, bekannte er. "Ich will den Bau sehen, der mit meinem Geld entsteht, und ich will die Leute sehen, die darin arbeiten".