In der Kritik: Harry Ebert. Foto: Archiv

Konfrontation zwischen Bürgermeister und Gemeinderat zieht weite Kreise. Pauli: "Keine Narrenfreiheit."

Burladingen - Die Konfrontation zwischen dem Burladinger Bürgermeister Harry Ebert und dem Gemeinderat zieht immer weitere Kreise. Dass sich Landrat Günther-Martin Pauli demnächst intensiv damit befassen muss, scheint unausweichlich.

"Auch für Bürgermeister gilt: Sie haben keine Narrenfreiheit. Sie müssen die Bürger ihrer Stadt und deren gewählte Vertreter, also den Gemeinderat, respektieren und für ein gedeihliches Miteinander sorgen. Bürgermeister haben da eine Verantwortung", stellt Pauli, angesprochen auf den Streit, klar. Die Fraktionssprecher des Burladinger Gemeinderats, Dörte Conradi (CDU) und Alexander Schülzle (Freie Wähler), äußerten sich zwar deutlich, aber nicht allzu ausführlich, verweisen jedoch auf die Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend. Ob da die Bombe platzt?

Immerhin könnten möglicherweise einige der so saftigen Bemerkungen Eberts in Richtung der Gemeinderäte im Zusammenhang mit deren Besuch im Hechinger Wohnheim für junge Flüchtlinge den Tatbestand der Beleidigung erfüllen und, sofern ein Bürger oder ein Gemeinderatsmitglied sie zur Anzeige bringen sollte, strafrechtlich verfolgt werden.

Ebert hatte, wie berichtet, seinen Gemeinderäten vorgehalten, sie seien mit dem Besuch auf "Asylantenschau" gegangen. Zudem bezeichnete er sie als "Landeier". Der CDU-Fraktion warf er vor, sich in "Kadavergehorsam" der Parteivorsitzenden Angela Merkel gegenüber "von einem Sozialarbeiter des Landratsamts durch die Manege führen" zu lassen. Zudem erneuerte Ebert seine Kritik an dem Hechinger Wohnheim: In dem "Vollpensionsinternat" würden die jungen Flüchtlinge auf das "Leben in der Zivilisation" vorbereitet", was den Steuerzahler zigtausende Euro im Monat koste. Die Unterbringung der Flüchtlinge in Hechingen bewertete der Burladinger Rathauschef als "klaren Rechtsbruch"; besser wäre es seiner Meinung nach, diese per "One-Way-Ticket" zurück in deren Heimat zu schicken.

Zaghaft werden derweil einige Burladinger Bürger aktiv. Eine Leserbriefschreiberin und die Aktion einer Pfarrersfrau, die das von Ebert so abwertend in den Raum gestellte Wort von den "Landeiern" aufgreifen und sich gegen den Bürgermeister stellen, sind kleine Zeichen des Protests. Währenddessen gibt es, wie vermutlich von Harry Ebert beabsichtigt, eine rege Diskussion Netzwerk Facebook.

Günther-Martin Pauli macht derweil keinen Hehl daraus, dass er von schnell dahingeschriebenen Posts und Kommentaren als Grundlage für eine sachliche Diskussion und Entscheidungsfindung nicht viel hält. Er setze erst einmal auf die "Selbsthygiene des Gemeinderats", betont er im Gespräch mit unserer Zeitung. Dies waren allerdings auch seine Worte auf dem Höhepunkt der Amtsblatt-Affäre im vergangenen Jahr, in der Pauli schon einmal kommentieren und wohl auch aktiv werden musste.

Wer Pauli kennt, der weiß, dass er derlei eben nicht in der Öffentlichkeit zelebriert, sondern das Gespräch hinter verschlossenen Türen sucht. Wohl auch diesmal wird er Ebert zu einem solchen Gespräch bitten, um das Verhältnis des Rathauschefs zum Gemeinderat wieder zu kitten.

Pauli ist hier qua Amt in der Pflicht: Denn der Gemeinderat ist zwar der Souverän; das Haigerlocher Gremium ist ein Beispiel dafür, wie man ein über seine Befugnisse hinaus agierendes Stadtoberhaupt an die Kandare nehmen kann. Aber auch dem Landratsamt kommt als Kontrollbehörde eine wichtige Rolle zu. Landratsämter müssen eben nicht nur überprüfen, ob Amtsgeschäfte sauber geführt, Vorteilsnahmen vermieden, Gelder korrekt verwaltet oder Personalfragen richtig behandelt wurden, sondern sie können sich auch einschalten, wenn in einer Stadt Rathauschef und Gemeinderat so zerrüttet erscheinen wie nun in Burladingen.

In diesem Falle umso mehr, da Ebert einen Informationsbesuch eines großen Teils seiner Räte in einer Einrichtung des Landkreises zum Anlass für seine Poltereien und Pöbeleien nimmt.

Auch Ebert war in der vergangenen Woche ausdrücklich eingeladen, sich ein Bild von dem Wohnheim in Hechingen zu machen. Er zog das Fernbleiben aber vor. Und deshalb ist auch nicht sicher, dass er überhaupt kommt, sollte er ins Landratsamt einbestellt werden.