Zum Abschluss posieren die Besucher vom Lindenhof-Theater mit Comazo-Geschäftsführer Michael Nädele mit ihren "Lieblingsstücken" – oder denen, die es werden könnten. Fotos: Lindenhof Foto: Schwarzwälder Bote

Theater: 5000 Teile für eine Maschine, 30 Minuten für einen BH: Lindenhof-Ensemble informiert sich für neue Produktion

Für die neue Produktion Global Player hat sich das Ensemble des Theaters Lindenhof bei der Textilindustrie in der Region umgeschaut. Besucht wurde der Textilmaschinenfabrikant Merz in Hechingen und der Wäschehersteller Comazo in Albstadt.

Burladingen-Melchingen. Die Geschichte, die Hannes Stöhr 2014 ins Kino brachte und nun auf die Theaterbühne des Theaters Lindenhof in Melchingen kommt, ist frei erfunden. Es geht um ein Familienunternehmen in der Textilbranche im schwäbischen Raum, das ums Überleben kämpft.

Aus der Luft gegriffen ist das Thema aber nicht. Tatsächlich gab es auf der Schwäbischen Alb einst viel mehr Firmen in der Textilbranche als heute. Der weitreichende Strukturwandel fand eher still und leise statt. Doch ein paar haben es geschafft, sich als Familienunternehmen auf dem Weltmarkt zu behaupten. Darunter der Spezialist für Strickmaschinen Merz in Hechingen und der Albstädter Wäschehersteller Comazo.

Im Zentrum der Geschichte von Hannes Stöhr steht das fiktive Textilunternehmen Bogenschütz & Söhne. Der Juniorchef (Gerd Plankenhorn) gerät mit seinem Vater und Seniorchef (Bernhard Hurm) aneineinder, da dieser lieber die Häuser der Famlienmitglieder an die Bank geben will, als mit chinesischen Interessenten zu verhandeln.

Um ein Stück überzeugend auf die Bühne zu bringen, ist es für die Theatermacher interessant, einmal hinter die Kulissen einer echten Firma zu schauen. Nicht nur für die Schauspieler, um sich besser in ihre Rolle hineindenken zu können, sondern auch für die Bühnentechniker. Diese haben die Aufgabe, ein Modell einer Strickmaschine auf die Bühne zu bringen, das viel leichter und dennoch realistisch daherkommen soll.

Der Geschäftsführer der Firma Merz, Hans-Ulrich Keck, empfängt die 15 Gäste aus dem Theater im schlichten Showroom. In der Mitte ein Fuß mit Strumpf. Nach einer kurzen Einführung geht es mitten ins Geschehen, in die Produktionshalle. Dabei treffen sich auch alte Bekannte wieder. Einige der Mitarbeiter haben selbst im Film Global Player mitgespielt und freuen sich, den Schauspielern nun ihre Arbeit näher bringen zu können. Nach dem einstündigen Rundgang zeigen sich die Theatermacher von der modernen Technik tief beeindruckt. Und wie geht es dem deutschen Textilmaschinenproduzent? Hans-Ulrich Keck möchte nicht klagen. Zwar seien die goldenen Jahre, in denen Kunden 2,5 Jahre auf eine Maschine warten mussten, vorbei, doch die Nachfrage bleibe. Die Kunden kommen hauptsächlich aus dem europäischen Raum, was auch damit zu tun hat, dass man hier "sitzt, steht oder fährt". "Das ist gut für unser Geschäft", sagt Keck mit einem zwinkernden Auge.

Spezialisiert hat sich das Unternehmen Merz auf Textilmaschinen für die Produktion von orthopädischen Strümpfen. Die Firma produziert fast alle Teile selbst im Betrieb in Hechingen und setzt sie auch dort zusammen. Eine Maschine besteht aus 3 000 bis 5 000 Teilen. Was dem schwäbischen Unternehmen das Geschäft schwierig macht, ist die Langlebigkeit der Maschinen. Und das liegt an der Qualität.

Ein paar Tage später sind die Theaterleute zu Gast beim Wäscheproduzenten Comazo in Albstadt. Geboten wird ein Rundgang quer durch die Produktion. Von der Bearbeitung des Rohstoffs über den Druck der Schnittmuster, den Zuschnitt, bis hin in die Abteilung, wo das Design für die neue Kollektion entsteht. Dabei erfährt man unter anderem, aus wie vielen Teilen ein BH besteht, und dass es mindestens 30 Minuten braucht, diesen zu nähen.

Ein Spezialgebiet von Comazo ist die Produktion von Wäsche in Bioqualität mit FairTrade-Label. Die Zertifizierung forderte dem Unternehmen einiges ab, so Geschäftsführer Michael Nädele. Dürften doch Produkte von normaler Qualität und Bioprodukte nicht in demselben Raum verarbeitet werden. Die Bühnenbildnerin von Global Player, Claudia Rüll Calame-Rosset, hatte sich bereits vor dem Besuch im Wäschekatalog von Comazo umgesehen, und es sieht ganz danach aus, als könnte einiges davon auf die Bühne kommen.

  Premiere des Theaterstücks "Global Player – Wo mir sind isch vorne" ist am 3. März im Theater Lindenhof. Am Sonntag, 4. März, findet nach der Vorstellung ein Publikumsgespräch mit Hannes Stöhr statt. Am 15. April ist Michael Nädele zu Gast in der Erzählstube zum Thema "Textilindustrie heute" des Theater Lindenhof in Melchingen. Karten gibt es unter Telefon 07126/92 93 94 oder E-Mail karten@theater-lindenhof.de.