"Ich habe nie ein doppeltes Spiel gespielt": Kaspar Pfister. Foto: Rapthel-Kieser

In Pressekonferenz äußert sich Kaspar Pfister ausführlich und zeigt Verbundenheit. Mit Kommentar

Burladingen - "Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Gemeinderat so ins Zeug legt, um ein Projekt zu retten", sagt Kaspar Pfister. In einer Pressekonferenz hat der BeneVit-Investor sich jetzt ausführlich dazu geäußert, warum er das Ärztehaus in Burladingen nun doch baut.

"Der Gemeinderat hat Kante gezeigt, und der ist mit seinen gewählten Bürgervertretern für mich das Hauptorgan einer Stadt und der eigentliche Auftraggeber", erklärt Pfister. Als "völlig abstrus und fern jeglicher Realität" bezeichnet Pfister dabei die von Bürgermeister Harry Ebert in der jüngsten Sitzung erhobenen Beschuldigungen, die beiden ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Dörte Conradi und Alexander Schülzle seien verantwortlich für den Baustopp und damit auch für das Beinahe-Scheitern des Projektes gewesen.

Als Ebert sich im Februar nach dem Besuch seiner Räte im Flüchtlingswohnheim im Internet zu Wort gemeldet hatte, das Projekt als "Armleuchter-Projekt" und seine Räte als "Landeier" bezeichnete, habe er selber, so Pfister, nicht nur an die weggleitende kommunalpolitische Basis für ein solches Millionenprojekt, sondern auch an seine Mitarbeiter gedacht und deshalb den Baustopp verfügt. Die fast 1800 BeneVit-Beschäftigten kommen aus insgesamt 45 Nationen, bei 14 Prozent liegt der Ausländeranteil der Mitarbeiter, im Haus Fehlatal in Burladingen sogar bei 21 Prozent, die Heimleiterin hat bosnische Wurzeln. Es werde immer schwieriger, Fachkräfte für den Altenpflegebereich zu finden.

Einstellungsverfahren für philippinische Fachkräfte

Deshalb laufe derzeit zum Beispiel ein Einstellungsverfahren für 30 philippinische Fachkräfte, eine BeneVit-Mitarbeiterin führe Gespräche mit Bewerbern in Manila. "Und wenn die sich jetzt über Burladingen mit ein paar Klicks im worldwideweb erkundigen, da kann weder meine Person noch das Unternehmen BeneVit, so wie im Februar gleich geschehen, mit Rassismus oder Ausländerfeindlichkeit in Verbindung gebracht werden", stellt der Investor klar.

Der Gemeinderat habe sich davon distanziert und mit seiner entschiedenen Haltung für Klarheit gesorgt. Außerdem gebe es seiner Meinung nach immer noch den Projektbeirat, bestehend aus Dörte Conradi und Alexander Schülzle, Klaus Ritt und Rosi Steinberg. Sie hätten die Planungen zum Ärztehaus seit Jahren begleitet, kennen die Details, es gebe eine Vertrauensbasis, und sie seien als Projektmitglieder ja nie zurückgetreten. Pfister geht davon aus, dass sich Bürgermeister Ebert an die Zusage hält, er werde Zuständigkeiten an Techniker oder den Beigeordneten übergeben. So hat es der Stadtchef in einem Brief an den Unternehmer formuliert und in einer der jüngsten öffentlichen Sitzungen wiederholt.

Gewichtiges Argument: Lokalpatriotismus

Und noch ein für ihn gewichtiges Argument führt der 60-jährige BeneVit-Chef ins Feld: seinen Lokalpatriotismus. "Wäre es ein anderer Standort – never ever. Ich hätte das Projekt im Februar sofort abgeschrieben", sagt er ganz entschieden. Pfister ist gebürtiger Burladinger, war als Diplom-Verwaltungswirt viele Jahre im Burladinger Rathaus, er wohnt in der Fehlastadt, und sein Unternehmen hat hier auch den handelsrechtlichen Firmensitz. Zu seinem 60. Geburtstag, gleichzeitig das zehnjährige BeneVit-Bestehen, habe er vor rund einem Jahr Mitarbeiter und Kooperationspartner nach Burladingen eingeladen, aus Verbundenheit mit dem Ort. Und schließlich gebe es in Burladingen ja schon auch das Haus Fehlatal, das die BeneVit dort betreibt.

Er habe nie ein doppeltes Spiel gespielt, wie ihm vorgeworfen wurde, er rechne auch nicht einen Standort gegen einen anderen auf, betont der Firmenchef. Es sei vielmehr völlig normal, dass ein so schnell expandierendes Unternehmen wie die BeneVit mit einem Jahresumsatz von 80 Millionen Euro an 30 Standorten in fünf Bundesländern immer an vier oder fünf neuen Projekten zur gleichen Zeit plane.

Durch den Baustopp, und weil auf Genehmigungen des Landratsamtes gewartet werden muss, wird sich der Baubeginn allerdings verzögern. Im August, so Architekt Norbert Saur, wird die Pfahlgründung sein. Damit überzieht Pfister das Datum für den Baubeginn, das er seinen Mietern schriftlich zugesichert hat, um zwei Monate und hat die deshalb um Fristverlängerung gebeten. Der Inhaber der Elisabeth-Apotheke Andreas Rohmann, freut sich, dass das Ärztehaus jetzt gebaut wird, er habe schon zugesagt, bestätigte Pfister.

Ist die Praxis Abt noch im Boot?

Wie die Onkologin, Hämatologin und Palliativmedizinerin Ulrike Abt sich dazu stellt, wisse er allerdings noch nicht. Abt führt mit dem Alt-Mediziner und Gemeinderat Armin Schweitzer eine Praxisgemeinschaft, ist auch seine Lebensgefährtin. Schweitzer hatte noch vor zwei Wochen nach Investoren für ein Ärztehaus "light" gesucht und ihnen sechs Prozent Rendite in Aussicht gestellt. Auch wenn Ulrike Abt jetzt abspringt, Pfister will trotzdem bauen. Er rechnet, je nach Winter, mit 14 bis 16 Monaten Bauzeit. Das Ärztehaus wäre dann spätestens Anfang 2019 fertig.

Kommentar: Gerettet

Von Erika Rapthel-Kieser

Das Ärztehaus ist gerettet – und der Ruf Burladingens auch. Der Gemeinderat hat verbissen für den Bau dieses wichtigsten städtebaulichen Vorhabens der vergangenen Jahrzehnte gekämpft. Wäre es beim BeneVit-Rückzug geblieben, hätte das der Fehlastadt in der öffentlichen Wahrnehmung noch lange geschadet. Aber die Rätinnen und Räte wurden mit ihrer Hartnäckigkeit, mit ihrer Besonnenheit und ihrem langen Atem zur Stimme der oftmals schweigenden Mehrheit. Sie wahrten in der Diskussion den Stil und machten klar, dass die Burladinger weder fremdenfeindlich noch rassistisch sind. Sie betonten, dass die Realität des gelebten Miteinanders in der Fehlastadt von Toleranz, Respekt und Offenheit geprägt ist. Die Bürgervertreter gaben damit ein Beispiel dafür, wie die in einer Demokratie notwendigen Auseinandersetzungen geführt werden sollten.