Landrat Günther-Martin Pauli (links) sprach mit Robin Mesarosch unter anderem über den offenen Brief, den Mesarosch zusammen mit seinem Bundestagskollegen Martin Rosemann (SPD) an die Oberbürgermeister in den Wahlkreisen Zollernalb-Sigmaringen sowie Hechingen-Münsingen geschrieben hat. Foto: Heinz

"Spaziergänger", Corona-Maßnahmen, Impfpflicht und die Arbeit im Bundestag: Um aktuelle Themen ist es beim 35. Bürgerdialog vom Landrat Günther-Martin Pauli gegangen.

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Balingen - Zu Gast war der SPD-Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch. Pauli verwies auf den offenen Brief, den Mesarosch zusammen mit seinem Bundestagskollegen Martin Rosemann (SPD) an die Oberbürgermeister in den Wahlkreisen Zollernalb-Sigmaringen sowie Hechingen-Münsingen gerichtet hatte. Darin wird ein härteres Durchgreifen bei den sogenannten "Spaziergängen" gefordert.

Zum Teil "spazieren" Rechtsextremisten mit

In Sigmaringen, sagt Mesarosch, habe er sich das mal angeschaut: Zum Teil würden Rechtsextreme mitmarschieren. In Albstadt hätten "Spaziergänger" die Einfahrt zum Klinikum blockiert. Jeder dürfe demonstrieren, aber es müsse angemeldet werden.

Stimmt, pflichtet Pauli bei. Denn niemand genieße "Narrenfreiheit". Und: "Wenn es anonym stattfindet, kann man keinen Dialog führen." Er als Landrat garantiere jedem im Zollernalbkreis, seine Meinung offen kundtun zu können, sofern er dadurch niemanden beeinträchtige: "Dann ist es nicht mehr lustig."

Dass die Veranstaltungen nicht angemeldet seien, "gehört zur Provokation dazu". Aber: Unangemeldet zu demonstrieren, um Verwaltung und Polizei zu ärgern, sei "läppisch". Paulis Vorschlag: Die Meinung äußern, aber mit offenem Visier.

Sympathischer: Demos für Klimaschutz

Dass es keine Möglichkeit gebe, dagegen zu demonstrieren, "stört mich", meint Mesarosch, räumt aber gleichzeitig ein, dass er es wesentlich sympathischer fände, wenn jemand für Klimaschutz demonstriere, als wenn jemand Verschwörungstheorien verbreite.

Impfpflicht für Mitarbeiter in Pflegeberufen? "Es ist wichtig, geimpft zu sein, wenn man mit Patienten arbeitet", findet Mesarosch. Alle demokratischen Parteien hätten darüber abgestimmt und es mehrheitlich beschlossen.

Die Maßnahmen würden viele Menschen stören, räumt er ein. Aber für den kommenden Herbst und Winter sei es wichtig, dass möglichst viele geimpft sind. In Pflegeberufen sei das besonders wichtig.

Aber es gebe ein Problem: Die Personalsituation sei angespannt, und "wenn manche nicht mehr dort arbeiten wollen, weil sie sich nicht impfen lassen wollen, ist das ein Problem". Über Fristverlängerungen oder Ausnahmeregelungen entscheide das Gesundheitsamt, aber "das ist nicht pauschal eine Greencard für alle", sagt Pauli.

Bald allgemeine Impfpflicht?

Eine Langzeitstrategie? Schon bald, schätzt Mesarosch, werde über eine allgemeine Impfpflicht abgestimmt.

Die Kommunikation mit den Gesundheitsämtern? Da habe Corona "viel zum Fortschritt beigetragen". Durch Corona habe man gelernt, dass in der Vergangenheit zu viel gespart worden sei. Beispiel Masken: "Die wurden in Deutschland nicht mehr hergestellt, und wenn man sie braucht, fehlen sie."

Mesarosch interessiert sich für Gesundheitspolitik. Er hat mit Ärzten, Laboranten und auch Reinigungskräften in Krankenhäusern gesprochen.

Manche Ärzte arbeiten lieber im Ausland

Ärztemangel? Hausarztpraxen, die nicht nachbesetzt werden können? Der Arztberuf, weiß er, habe sich verändert. Dokumentationspflicht und Verwaltungsaufwand würden Mediziner daran hindern, "das zu machen, was sie gerne machen wollen". Viele würden es vorziehen, im Ausland zu arbeiten. Zum Beispiel in der Schweiz.

Mittel gegen den Ärztemangel

Eine mögliche Lösung: Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Deren Gründung sei – noch – kompliziert. Da gelte es, Hürden abzubauen. Künftig sollten auch Pflegekräfte Hausbesuche machen und Spritzen geben können. Das würde den Pflegeberuf gewiss attraktiver machen.

Reform: weniger Abgeordnete im Bundestag

Zu viele Abgeordnete im Bundestag? Eine Zuschauerin hatte im Chat darauf verwiesen, dass es 200 mehr seien als in der vergangenen Legislatur. Stimmt, räumt der SPD-Politiker ein, das Gremium sei zu groß. Eine Wahlrechtsreform werde es wohl in den nächsten vier Jahren geben, schätzt er.

Wie er zu seinem CDU-Bundestagskollegen Thomas Bareiß stehe? Bareiß habe er bei einer Demo vor dessen Büro kennengelernt, sagt Mesarosch schmunzelnd, "als Schwarz-Gelb die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern wollten". Und: "Wenn wir etwas für den Zollernalbkreis erreichen wollen, werde ich gerne mit Bareiß zusammenarbeiten."